Die Strafbarkeit bei Selbstmord und bei Selbstverletzung


Zwar sind die Fälle des Selbstmordes in Deutschland schon seit längerem stetig sinkend und sind nun bei ca. 1% der Todesfälle eines Jahres angelangt, aber dennoch ist es die Aufgabe des Staates es zu verhindern, dass sich Menschen selbst das Leben nehmen. Der Staat und die ganze Gesellschaft haben Interesse daran, dass solche Verhaltensweisen nicht stark um sich greifen. Um die Probleme zu bekämpfen, hat sich eine eigene Wissenschaft etabliert, die sogenannte Suizidologie, welche das Thema Selbstmord interdisziplinär, also gemeinsam mit den verschiedensten Wissenschaften untersuchen und bekämpfen will. Am häufigsten ist die Selbstmordrate übrigens in den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion, dort sterben im internationalen Vergleich die meisten Menschen durch die eigene Hand.

Juristisch gesehen handelt es sich entgegen dem deutschen Wort Selbstmord aber nicht um Mord, da der deutsche strafrechtliche Mord eine Tötung eines anderen Menschen verlangt. Das Grundgesetz schützt die Menschenwürde des Menschen absolut, man kann also auch auf diese nicht verzichten. Aber man kann lebenserhaltene Maßnahmen ablehnen. Der Suizid selbst kann ja nicht strafbar sein, da der „Täter“ dann ja bereits verstorben ist. Der Suizidversuch ist ebenfalls straflos, was aber nicht gleich bedeutet, dass der Staat solches Verhalten gut findet. Da der Selbstmord straflos ist, ist auch die Beihilfe und die Anstiftung straflos. Verleitet man aber einen Schuldunfähigen zum Selbstmord oder stiftet man jemanden durch eine Täuschung zum Selbstmord an, so kann man sich des Totschlages in mittelbarer Täterschaft strafbar machen. Der Täter nutzt also hierbei den Suizidenten als Tatwerkzeug aus. Beispielsweise dann, wenn ein Arzt einen unliebsamen Patienten loswerden will, indem er ihm absichtlich falsch sagt, dass er unheilbar an Krebs erkrankt ist und es besser wäre, die nötigen Schritte einzuleiten, um den drohenden Schmerzen und dem nahen unabwendbaren Tod zuvorzukommen. Solche Fälle hat es in Deutschland durchaus schon gegeben.

Hat jemand eine Garantenpflicht, das bedeutet, dass diese Person besonders verpflichtet ist einer anderen Person beizustehen oder ihr zu helfen, so kann sich bei fehlender Hilfeleistung, welche aber durchaus möglich gewesen wäre, eine Strafbarkeit wegen Totschlages durch Unterlassen ergeben.

Beispielsfall 1: Der Gefängnispsychiater P erkennt bei seinem Patienten, einem frisch zu langer Haftstrafe verurteilten Straftäter, dass dieser deutliche Selbstmordtendenzen hat. Zwar macht er sich darüber Notizen, unterlässt es aber jedoch absichtlich entsprechende Sicherungsmaßnahmen, wie beispielsweise die Doppeltunterbringung oder die Einweisung in die geschlossene Psychiatrie zu unternehmen. Hier hat sich der Psychiater, der unstrittig eine Garantenstellung für den Gefangenen hat, des Totschlages durch ein Unterlassen schuldig gemacht.

Beispielsfall 2 : Der Polizist P sieht, wie sich auf einer Autobahnbrücke ein Selbstmörder zum Absprung postiert. Da er schon immer mal sehen wollte, wie so etwas ausgehen kann, unterlässt er es Hilfe zu rufen oder dort schnellstens hinzufahren. Auch er hat sich nun strafbar gemacht, da er eine Garantenstellung hat.

Hat man keine Garantenstellung, so bleibt immer noch eine Strafbarkeit wegen einer unterlassenen Hilfeleistung nach dem Strafgesetzbuch. Damit man dort einen Unfall annehmen kann, nimmt die höchstrichterliche Rechtsprechung an, dass bei jedem Streben nach Selbstmord automatisch eine psychiatrische Erkrankung angenommen wird. Bei einem schon beendetem Suizidversuch ist dem verletzten oder dem bewusstlosen Menschen immer zu helfen.

Außerdem stellt sich noch die Frage nach der Abgrenzung von Sterbehilfe und Sterbebegleitung. Die Sterbebegleitung, beispielsweise in einem Hospiz oder auf einer Palliativstation, ist straflos. Aktive Sterbehilfe hingegen kann sowohl als Mord oder auch als Totschlag gelten, nämlich dann, wenn der Tot nicht im Sinne des Verstorbenen ist. Außerdem kann die aktive Sterbehilfe auch den Straftatbestand der Tötung auf Verlangen erfüllen. Dieser ist einschlägig, wenn der zumeist schwerkranke Patient seine Angehörigen, die Ärzte oder das Pflegepersonal bittet ihm etwas zu geben, damit er stirbt oder wenn er will, dass man die lebenserhaltenden Geräte abschaltet. Solche Straftaten kommen durchaus vor und man schätzt, dass dies mit der Überalterung der Gesellschaft ein wachsendes Problem wird.

Die Selbstverletzung ist ebenso straflos. Eine solche kommt öfters bei psychisch erkrankten Menschen vor. Jedoch sind die Körpermodifikationen als Körperschmuck natürlich erlaubt, sofern man alt genug dafür ist. Bei Bodypiercings gilt zumeist die Einwilligungsgrenze bei 16 Jahren, bei Tattoos die Volljährigkeit. Der Piercer oder der Tätowierer geht dabei straflos raus, da der Patient wirksam eingewilligt hat. Fehlt es an einer wirksamen Einwilligung, beispielsweise, weil es dem Piercer egal war, dass die Kundin erst 13 Jahre alt war, so macht er sich wegen einer gefährlichen Körperverletzung strafbar. Gefährlich ist sie deshalb, weil er durch die Nadel und durch die Zange ein sogenanntes gefährliches Werkzeug benutzt. Verletzt man sich im Rahmen einer psychischen Erkrankung selbst, so muss man mit der Überweisung zu einem Psychiater oder einer Einweisung in ein Krankenhaus rechnen. Als Selbstmordgefährdeter muss man dagegen immer damit rechnen, dass man in ein psychiatrisches Krankenhaus eingewiesen wird, durchaus auch zwangsweise mit der Unterstützung der Polizei.

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