Das Antidumpingrecht der Europäischen Union


Wenn Nichtmitgliedstaaten sogenannte gedumpte Waren in die Europäische Union einführen, kann dies zu einer Verfälschung des Marktgefüges der Europäischen Union führen. Um derartige Handelspraktiken, die die Schädigung der Industrie der Europäischen Union zur Folge haben, auszugleichen, hat der Rat auf der Grundlage der Bestimmungen über die gemeinsame Handelspolitik der Europäischen Union eine Antidumpingverordnung erlassen, die die Kommission und den Rat dazu ermächtigt, auf gedumpte Waren einen Antidumpingzoll zu erheben. Die Bestimmungen des Antidumpingrechts der Welthandelsorganisation dienen dabei als Vorlage der Antidumpingverordnung der Europäischen Union. Wenn ein Vergleich ergibt dass der Ausfuhrpreis einer gleichartigen Waren in die Europäische Union niedriger ist als ihr sogenannter Normalwert, dann gilt eine Ware als gedumpt. Der Normalwert einer Ware stellt dabei den Preis dar, welcher für sie im Handelsverkehr von unabhängigen Abnehmers im Ausfuhrland gezahlt wurde oder zu zahlen ist. Wenn sich der Normalwert nicht durch den Inlandspreis im Ausland ermitteln lässt, kann auf eine rechnerische Ermittlung beziehungsweise auf den Ausfuhrpreis in ein Drittland zurückgegriffen werden.

Bei Einfuhren aus Ländern ohne Marktwirtschaft wird der Normalware nach den in der Antidumpingverordnung festgelegten Regularien ermittelt. Das bedeutet, dass auf ein Vergleichsland mit Marktwirtschaftstatus zurückgegriffen wird. Die Dumpingspanne ergibt sich dann aus der Differenz zwischen Ausfuhrpreis und Normalwert, deren Höhe der Antidumpingzoll nicht übersteigen darf. Nicht der Dumpingkontrolle unterliegen allerdings jeglichen Formen von Dienstleistungen. Voraussetzung für die Auferlegung eines Antidumpingzolls ist, dass er sich gegen eine gedumpte Ware aus einem Drittland richtet, die eine Schädigung des Marktgefüges der Europäischen Union verursacht. Es muss zudem dem Interesse der Europäische Union entsprechen, die Schädigung zu beseitigen.

Die gedumpte Ware muss also zunächst aus einem Nichtmitgliedstaat in den zollrechtlichen freien Verkehr der Europäischen Union eingeführt werden. Das bedeutet, dass sie dort endgültig verbleiben und in den Wirtschaftskreislauf der Europäischen Union eingehen muss. Zudem muss hierdurch eine Schädigung der Industrie der Europäischen Union verursacht werden. Es muss also zu einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation des betroffenen Sektors kommen. Ob ein Schaden vorliegt wird dergestalt objektiv festgestellt, dass das Volumen der gedumpten Waren auf dem Binnenmarkt der Europäischen Union überprüft wird und die Auswirkungen dieser Einfuhren auf den jeweiligen Wirtschaftszweig der Europäischen Union nachvollzogen wird. Den Organen der Europäischen Union kommt dabei ein weiter Beurteilungsspielraum und Ermessensspielraum zu.

Es muss auch ein Kausalzusammenhang zwischen der festgestellten Schädigung und den gedumpten Einfuhren bestehen. Diesen hat die Kommission darzulegen. Schließlich muss die Beseitigung der Einführung zu Dumpingpreisen im Interesse der Europäischen Union liegen. Ein Interesse Einzelner reicht mithin nicht aus. Entscheidend ist also, dass ein gerechter und lauterer Wettbewerb wiederhergestellt wird. Die Einfuhr günstiger Waren aus Drittländern soll aber dann nicht verhindert werden, wenn der Preisunterschied zwischen diesen Waren und entsprechenden in der Europäischen Union hergestellten Waren auf Effizienzvorteilen und weiteren beispielsweise produktionsbedingten Vorteilen beruht.

Dabei liegt dann ein unlauteres und preisdiskriminierendes Einfuhrverbot vor, wenn gemäß des Allgemeinen Zollabkommens und Handelsabkommens, dem General Agreement in Tariffs and Trade aus dem Jahre 1994, die Ware unterhalb der Produktionskosten in der Europäischen Union angeboten wird. Die Bewertung des Interesses der Europäischen Union erfolgt dabei anhand des Interesses des inländischen Wirtschaftszweigs, der Verwender und der Verbraucher. Auch hier kommt den Organen der Europäischen Union im Rahmen der Beurteilung ein weiter Beurteilungsspielraum und Ermessensspielraum zu, da es sich um komplexe wirtschaftliche Sachverhalte handelt. Wenn dann die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind, müssen grundsätzlich zwingende Gründe dafür vorliegen, dass von der Aufhebung der Antidumpingzölle abgesehen wird.

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