Der Europäische Haftbefehl


Der Europäische Haftbefehl ist ein Instrument der Zusammenarbeit der Polizeibehörden der europäischen Mitgliedsstaaten. Sein Ziel ist es die Personen, welche wegen einer Straftat bereits verurteilt wurden oder zumindest dringend tatverdächtig sind, auch im europäischen Ausland verhaften lassen zu können. Das bedeutet für die flüchtigen Straftäter, dass eine Flucht in das Europäische Ausland nicht genügt um sich vor seiner Strafe oder einem Strafprozess zu drücken, denn auch dort droht die Festnahme. Dazu müsste man dann schon Europa ganz den Rücken kehren und in einen anderen Kontinent auswandern. Das würde aber bedeuten, dass man vor dem Ablauf einer Strafverjährung und ohne Prozess sogar nie mehr, schließlich ist die Verjährung gehemmt, nach Europa zurückkehren könnte, ohne Gefahr zu laufen, dass man von der Polizei aufgegriffen wird und doch noch seine Strafe abbüßen muss.

Die erste Voraussetzung ist dabei stets ein nationaler Haftbefehl eines Mitgliedstaates. Der Haftbefehl ist die Anordnung einer staatlichen Behörde einen Menschen in Haft zu nehmen. Bei uns in Deutschland wird dieser durch einen Richter erlassen. Der Richtervorbehalt ist sogar im Grundgesetz verankert und schützt das Grundrecht auf Freiheit der Person. Wird also ein Deutscher Haftbefehl durch das Gesetz zum Europäischen Haftbefehl erweitert, erfahren alle Polizeibehörden Europas davon, indem es in einem bestimmten Computersystem steht. Wird dann eine durch Haftbefehl gesuchte Person im Ausland kontrolliert, was häufig im Zusammenhang mit Delikten im Straßenverkehr steht oder auf einer Reise durch die Grenzschutzkräfte geschieht, wird der Verdächtige beziehungsweise der Verurteilte sofort verhaftet und in eine lokale Haftanstalt verbracht. Von dort aus wird er dann so zügig wie möglich nach Deutschland überstellt. Früher hätte man den Täter ausliefern müssen, was relativ lange gedauert hätte.

Ferner erkennen manche Bundesländer die Haft im Ausland mit einem höheren Faktor an, so dass dadurch die Gesamtdauer der Strafe gemindert wird. Insbesondere nach einem Aufenthalt im türkischen Haftvollzug ist eine spätere großzügige Anerkennung üblich. Nach der Überstellung nach Deutschland wird der Gefangene in seine zuständige Justizvollzugsanstalt verbracht, wo er beispielsweise seine Strafe antreten muss oder in Untersuchungshaft genommen wird. Rein theoretisch ist eine Entlassung unter Auflagen und mit Entrichtung einer Sicherheitsleistung, umgangssprachlich auch Kaution genannt, denkbar.

Dem Grundsatz nach ist die Untersuchungshaft in Deutschland nämlich gar nicht vorgesehen. Nur wenn ein Haftgrund vorliegt wird ein Mensch in die Untersuchungshaft genommen. Gründe dafür können beispielsweise die Verdunkelungsgefahr oder die Wiederholungsgefahr sein. Der Hauptgrund für die Untersuchungshaft ist in den Fällen des Europäischen Haftbefehls jedoch die Fluchtgefahr, schließlich war man schon mal im Ausland und verfügt dort möglicherweise über Kontakte, die es einem ermöglichen sich ganz dem Strafverfahren zu entziehen. Gerade nach schweren Straftaten ist es üblich, dass man in Haft kommt, dass wird auch von der Strafprozessordnung so vorgesehen.

Auch die Entscheidung des Haftrichters muss sich einer Überprüfung stellen. Bei einem Haftprüfungstermin kann die Verhältnismäßigkeit der Untersuchungshaft untersucht werden. Der Haftbefehl muss nicht zwingend vollzogen werden, denn dieser kann auch außer Vollzug gesetzt werden. Beispielsweise in den Fällen in denen keine weitere Fluchtgefahr besteht, weil der Angeklagte nicht auf der Flucht im Ausland war, sondern sich dort im Urlaub oder aus beruflichen Gründen aufgehalten hat. Es kommt also auf die genauen Umstände an warum der Straftäter oder der Verdächtige sich im Ausland aufgehalten hat und ob dieser überhaupt einen Wohnsitz oder zumindest eine Wohnmöglichkeit in Deutschland hat. Stellt sich heraus, dass dieser Mensch nicht schuldfähig ist, etwa weil er eine psychische Erkrankung hat, so kann ein Unterbringungsbefehl erlassen werden. Das bedeutet, dass der Täter dann in eine psychiatrische Fachklinik eingeliefert wird und dort dann auf der geschlossenen Station verwahrt wird.

Das erste Gesetz über den Europäischen Haftbefehl wurde 2005 durch das Bundesverfassungsgericht gekippt, weil es nicht das Grundrecht auf Auslieferungsfreiheit ausreichend beachtet hatte und zudem gegen das Gebot der Rechtsstaatlichkeit verstieß. Die nachgebesserte Version wurde schließlich im Jahre 2006 durch den damaligen Bundespräsidenten ausgefertigt, also unterschrieben. Das bedeutet es ist seitdem im Kraft und wurde auch schon einige Male angewandt. Das Besondere an diesem Gesetz ist jedenfalls, dass man in einem Land verhaftet werden kann, obwohl die Straftat die man möglicherweise begangen hat, in dem Land der Verhaftung gar keine ist, etwa weil es im dortigen Strafgesetzbuch nicht als Strafe verankert ist. Gerade für Examenskandidaten der Rechtswissenschaft sind die Entstehung und die Überprüfung, sowie die spätere Anwendung des Europäischen Haftbefehls von besonderer Prüfungsrelevanz.

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