Europäische Gemeinschaft: Die Anwendung der Fusionskontrolle


Heute finden sich die wichtigsten Regeln zur Fusionskontrolle in der Fusionskontrollverordnung. Demzufolge werden Unternehmenszusammenschlüsse von unionsweiter Bedeutung vom Verbot umfasst. Das Verbot ist einschlägig, wenn bestimmte Umsatzschwellenwerte erreicht sind. Eine unionsweite Bedeutung liegt also vor, wenn ein weltweiter Gesamtumsatz aller beteiligten Unternehmen von mehr als fünf Milliarden Euro und ein unionsweiter Gesamtumsatz von mindestens zwei beteiligten Unternehmen von jeweils 250 Millionen Euro erzielt wird. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn die am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen jeweils mehr als zwei Drittel ihres unionsweiten Gesamtumsatzes in demselben Mitgliedstaat der Europäischen Union erwirtschaften. Ferner sind neben dieser Generalschwelle auch Spezialschwellen vorgesehen. Liegen diese vor, werden auch solche Zusammenschlüsse erfasst, welche zwar unterhalb der klassischen oben genannten Schwellenwerte liegen, aber trotzdem Auswirkungen in mindestens drei Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben. Es muss dabei allerdings kein grenzüberschreitender Zusammenschluss vorliegen. Entscheidend ist aber, dass sich die Fusionskontrolle der Europäischen Union auch auf außereuropäische Unternehmen erstreckt, sofern deren Zusammenschluss geeignet erscheint, auch Auswirkungen auf den Binnenmarkt der Europäischen Union zu entfachen. Fällt ein Vorhaben mehrerer Unternehmen unter die Fusionskontrollverordnung muss dieser Zusammenschluss bei der Kommission der Europäischen Union angemeldet werden. Die Kommission entscheidet dann über die Genehmigung und möglichen Auflagen oder überweist die Beurteilung des Falls an entsprechende nationale Behörden. Wird nicht von der Delegationsbefugnis Gebrauch gemacht, scheidet die Anwendung des mitgliedschaftlichen Fusionskontrollrechts grundsätzlich aus.

Entscheidendes Kriterium für eine Fusion bildet der Begriff Zusammenschluss. Davon ist beispielsweise im Falle des Kontrollerwerbs eines Unternehmens über ein anderes Unternehmen auszugehen. Eine solche Kontrolle liegt dann vor, wenn die begründete Verbindung zwischen mehreren Unternehmen einen bestimmten Einfluss auf die Tätigkeit des jeweils anderen Unternehmens ermöglicht. Ein solcher Kontrollerwerb kann dabei auf zwei verschiedene Weisen erfolgen, einerseits auf tatsächlicher, andererseits auf rechtlicher Basis. Zusammenschlüsse sind mit dem Binnenmarkt für unvereinbar zu erklären, wenn durch sie der wirksame Wettbewerb in einem wesentlichen Teil des Gebiets der Europäischen Union erheblich behindert werden würde. In der alten Regelung, welche bis zum Jahr 2004 Gültigkeit hatte, war ein Zusammenschluss immer dann zu verbieten, wenn dadurch eine marktbeherrschende Stellung begründet oder verstärkt worden wäre, was im Ergebnis dann zu einer erheblichen Behinderung des wirksamen Wettbewerbs geführt hätte. Der damalige sogenannte Marktbeherrschungstest wurde durch den Wettbewerbsverhinderungstest ersetzt. Zwar liegt die alte Variante der Marktbeherrschung immer noch als Regelbeispiel vor, allerdings ist auch ein Zusammenschluss dann zu verbieten, wenn er zwar nicht zu einer marktbeherrschenden Stellung der fusionierenden Unternehmen führt, aber eine erhebliche Minderung des Wettbewerbsdrucks auf die am Markt beteiligten Unternehmen bewirkt. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn die sich zusammenschließenden Unternehmen in die Lage versetzt würden, kleinere Unternehmen am Wachstum zu hindern oder den Markteintritt potentieller neuer Wettbewerber erheblich zu erschweren.

Das Verfahren der Fusionskontrolle ist genau geregelt. Zusammenschlüsse von unionsweiter Bedeutung sind nach Vertragsschluss, Veröffentlichung des Übernahmeangebots oder Erwerb einer die Kontrolle begründenden Beteiligungsmehrheit und vor ihrem Vollzug bei der Kommission anzumelden. Eine Anmeldung wird auch dann von der Fusionskontrollverordnung ermöglicht, wenn die Unternehmen der Kommission nur ihren Willen zum Vertragschluss glaubhaft gemacht habe, sofern der beabsichtigte Vertrag zu einer Fusion von unionsweiter Bedeutung führen würde. Sobald alle erforderlichen Unterlagen bei der Kommission eingegangen sind muss diese innerhalb eines engen Zeitfensters eine Entscheidung treffen. Falls die Entscheidung nicht rechtzeitig ergeht, liegt mit Auslaufen der Frist automatisch eine Zustimmung zum geplanten Zusammenschluss vor. Für Unternehmen bringt die neue Fusionskontrollverordnung manche Vorteile, denn die nationalen Wettbewerbsvorschriften werden von ihr verdrängt und finden keine Anwendung. Dadurch ersparen sich die Unternehmen vor dem Zusammenschluss eine Vorlage der Unterlagen vor zahlreichen mitgliedstaatlichen Kartellbehörden. Auch kann von den Unternehmen vorgeschlagen werden, falls der Markt in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union besonders und fast ausschließlich getroffen ist, dass die entsprechenden nationalen Behörden den Vorgang prüfen sollen.

Die Entscheidungen die auf der Basis der Fusionskontrollverordnung getroffen werden unterliegen immer der Rechtmäßigkeitskontrolle durch die Gerichte der Europäischen Union. Hierfür wird auf die Rechtsschutzmöglichkeiten im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union verwiesen. Gegen bereits vollzogene oder unterbliebene Handlungen haben die Nichtigkeitsklage und die Untätigkeitsklage besondere Bedeutung. Auf Antrag der Parteien kann dabei sogar bei besonderer Dringlichkeit mit Vorrang in einem beschleunigten Verfahren entschieden werden. Dies dient dazu, der besonderen Dynamik in der Wirtschaftswelt gerecht zu werden und einem möglichen Scheitern einer Fusion durch Zeitablauf vorzubeugen.

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