Europäische Gemeinschaft: Was versteht man unter Effet utile?


Unter Effet Utile versteht man das Auslegungsprinzip, eine Norm so auszulegen und anzuwenden, dass das Vertragsziel am besten und einfachsten erreicht werden kann. Einerseits wird durch diese Auslegungsmethode den Besonderheiten des Gemeinschaftsrechts in angemessener Weise Rechnung getragen, andererseits wird aber auch häufig und deutlich die Rechtsprechung oberster deutscher Gerichte in die Schranken verwiesen.

Die Wurzeln des Effet utile lassen sich bis in das römische Recht zurückverfolgen. In Anlehnung an den bekannten römischen Juristen Julian wird der Grundsatz des Effet utiles auch als „ut res magis valeat quam pereat“ bezeichnet. Dies bedeutet, dass Worte in juristischen Texten so zu verstehen sind, das besonders ihr Sinn erhalten bleibt. Teilweise ist dieses Prinzip fest in den nationalen Rechtsordnungen verankert, teilweise fester Bestandteil der Rechtsprechungspraxis geworden. Besonders im Völkerrecht findet die Auslegung nach dem Effet utile Anwendung. Hier soll eine Norm dergestalt ausgelegt werden, dass das Vertragsziel am besten und einfachsten erreicht werden kann. ?Auch der Gerichtshof der Europäischen Union wendet die Auslegung nach dem Effet utile in ständiger Rechtsprechung an, was durch Begriffe in den Urteilen wie „nützliche Wirkung“ und „praktische Wirksamkeit“ zum Ausdruck kommt.

Die Anwendung des Effet utile kann insbesondere damit gerechtfertigt werden, dass in einer rechtstaatlichen Ordnung der Wortlaut der veröffentlichten Texte die Grundlage für die Auslegung bildet. Dies beruht auch auf dem Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit. Auch sind ferner die allgemeinen Auslegungsregeln des Sprachgebrauchs, das bedeutet der Sinn von Worten, sowie Zusammenhang und Zweck, zu beachten. Ziel ist es den Willen des Gesetzgebers zu ermitteln.

Allerdings ist zu bemerken, dass die Auslegung nach dem Effet utile nur eine eingeschränkte Überzeugungskraft besitzt. Die Präambel des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft enthält hierfür einen Anhaltspunkt. Es soll die Grundlage für einen immer engeren Zusammenschluss der europäischen Völker geschaffen werden. Dieser Integrationsgedanke findet also zulässigerweise auch bei der Interpretation von Rechtsnormen der Europäischen Union Eingang. Es gilt jedoch zu bedenken, dass der Rechtssetzer möglicherweise auch die Wirkung einer Vorschrift in gewissem Umfang einschränken wollte, um bestimmten anderen Aspekten Rechnung zu tragen. Solch eine Einschränkung erscheint sogar in vielen Fällen als sinnvoll. So wird der Effet utile zusätzlich durch den Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung, das Subsidiaritätsprinzip sowie den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz abgemildert und eingeschränkt.

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