Europäische Gemeinschaft: Was versteht man unter Wettbewerbsverfälschung?


Ein Verhalten, das unter den Tatbestand der Wettbewerbsverfälschung fällt, muss den Handel zwischen den Mitgliedstaten einschränken, behindern oder verfälschen können. Durch eine solche Beschränkung der Handelsströme wird der Raum in dem sich der Wettbewerb auf den relevanten Märkten entfaltet, beeinträchtigt. Geprüft wird also, ob im Ergebnis das beanstandete Verhalten den Wettbewerb verfälscht. Eine Verfälschung des Wettbewerbs ist der Oberbegriff zur völligen Ausschaltung beziehungsweise Begrenzung des Wettbewerbs. Es kommt jedoch nicht tatsächlich darauf an, dass der Wettbewerb beeinträchtigt wird. Vielmehr muss die tatbestandliche Verhaltensweise eine Wettbewerbsbeeinträchtigung entweder bezwecken oder dazu geeignet sein, eine Wettbewerbsbeeinträchtigung zu bewirken.

Der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union zählt nicht abschließend einzelne solche wettbewerbsbeeinträchtigende und wettbewerbsverfälschende Maßnahmen auf. Dazu gehören beispielsweise die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung von Ankaufspreisen und Verkaufspreisen oder sonstiger Geschäftsbedingungen, die Aufteilung der Märkte oder Versorgungsquellen oder die an den Abschluss von Verträgen geknüpfte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen, die weder sachlich noch nach Handelsbrauch in Beziehung zum Vertragsgegenstand stehen. Zusätzlich dazu verwendet der Gerichtshof der Europäischen Union noch das sogenannte Selbstständigkeitspostulat der Unternehmen als Ausgangspunkt für den Wettbewerb, in welchem die zentrale Bedeutung der wirtschaftlichen Betätigungsfelder des jeweiligen Unternehmens aufgeführt wird. Die Abstimmung eines bestimmten Verhaltens zwischen Unternehmen ist demnach dann unzulässig, wenn die unternehmerischen Handlungsspielräume der an der Kooperation beteiligten Unternehmen beeinträchtigt werden. Um ein solches Verhalten festzustellen ist im Einzelfall eine Marktanalyse erforderlich, die besonders ein Augenmerk auf die Art und den Gegenstand der betroffenen Erzeugnisse, die Stellung und die Bedeutung der beteiligten Parteien sowie die rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhängen legt. Nach der Praxis der Kommission und des Gerichtshof der Europäischen Union genügt es insbesondere bei vertikalen Absprachen, Auswirkungen allein auf die Position nicht beteiligter Dritter festzustellen.

Ausgeschlossen wird eine Wettbewerbsverfälschung vom Gerichtshof der Europäischen Union dann, wenn eine Absprache zwischen Unternehmen objektiv die einzige Möglichkeit darstellt, auf einem bestimmten Markt Wettbewerb zu schaffen. Auch kann die Anwendung des Art. 101 I AEUV, des Tatbestandes des Kartellverbotes, ausgeschlossen sein, wenn grundsätzlich eine Wettbewerbsbeschränkung vorliegt, diese aber für das grundlegende Funktionieren des Marktes erforderlich ist.

Verboten ist eine Maßnahme dann, wenn sich zeigt, dass eine Wettbewerbsbeschränkung bezweckt oder bewirkt wird. Ist der Zweck einer Vereinbarung oder eines Beschlusses, den Wettbewerb zu behindern, so tritt die Nichtigkeit als Rechtsfolge selbst dann ein, wenn der Wettbewerb nicht tatsächlich beeinträchtigt wird. Dies gilt auch für abgestimmte Verhaltensweisen. Die Nichtigkeitsfolge tritt auch dann ein, wenn ein koordiniertes Verhalten geeignet ist, eine Wettbewerbsbeschränkung zu bewirken. Dies liegt vor, wenn das koordinierte Verhalten entweder die wettbewerbliche Betätigungsfreiheit der beteiligten Unternehmen einschränkt oder den bestehenden Wettbewerb insbesondere zu Lasten anderer Wettbewerbsteilnehmer, der Verbraucher oder der Marktstruktur schädigt. Selbst eine Maßnahme, die unbeabsichtigt wettbewerbsbeschränkende Auswirkung hat, kann eine verbotene Wettbewerbsbeschränkung darstellen.

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