Höherführen von Schornsteinen, Lüftungsleitungen und Antennenanlagen


Das Nachbarrecht ist in Deutschland Sache der Länder. Dies bedeutet, dass es kein umfas-sendes Nachbarrechtsgesetz gibt, welches deutschlandweit Wirkung entfaltet. Vielmehr liegt es in der Kompetenz eines jeden Bundeslandes, ein eigenes Nachbarrechtsgesetz zu erlassen. Aus diesem Grund bestehen in Deutschland auch viele verschiedene Nachbar-rechtsgesetze. Dennoch unterscheiden sie sich nicht gänzlich. Die grundsätzlichen Rege-lungen der jeweiligen Nachbarrechtsgesetze sind sich nämlich sehr ähnlich und umfassen den gleichen Regelungsgegenstand.

Der sechste Abschnitt des Nachbarrechtsgesetzes Nordrhein-Westfalen befasst sich mit Höherführen von Schornsteinen, Lüftungsleitungen und Antennenanlagen. Auch in diesem Bereich besteht eine Duldungspflicht für Grundstückseigentümer. So haben es sowohl der Eigentümer als auch diejenigen, die zur Nutzung eines Grundstücks berechtigt sind, zu dulden, dass an ihrem höheren Gebäude der Eigentümer und die Nutzungsberechtigten des angrenzenden niederen Gebäudes ihre Schornsteine, Lüftungsleitungen und Antennenanlagen befestigen dürfen. Dies gilt jedoch nicht ohne Weiteres. Vielmehr müssen bestimmte Voraussetzungen gegeben sein, damit die Duldungspflicht eingreift. Zunächst muss die Erhöhung der Schornsteine und der Lüftungsleitungen einerseits für die notwendige Zug- und Saugwirkung und andererseits für die Erhöhung der Antennenanlagen für einen einwandfreien Empfang von Sendungen erforderlich sein. Das bedeutet, dass es kein anderes milderes Mittel gibt, um diese Wirkung zu erzeugen. Die Erhöhung muss also notwendig sein dazu. Darüber hinaus ist erforderlich, dass die Befestigung der entsprechend höhergeführten Schornsteine, der Lüftungsleitungen und der Antennenanlagen in einer anderen Art und Weise nicht zweckmäßig oder lediglich mit unverhältnismäßig hohen Kosten durchgeführt werden kann. Liegen diese Voraussetzungen vor, greift die Duldungspflicht ein.

Des Weiteren müssen sowohl der Eigentümer und als auch diejenigen, die zur Nutzung des Grundstücks berechtigt sind, es dulden, dass die betroffenen höhergeführten und be-festigten Schornsteine, die Lüftungsleitungen sowie die Antennenanlagen des Nachbar-grundstücks von ihrem Grundstück aus unterhalten und gereinigt werden, wenn dies er-forderlich sein sollte und ebenfalls, dass die dazu erforderlichen Einrichtungen angebracht werden.

Die Duldungspflichten finden hingegen keine Anwendung, wenn es sich um Antennenan-lagen handelt und dem Eigentümer des Grundstücks sowie dem Nutzungsberechtigten des niederen Gebäudes die Mitbenutzung der dazu geeigneten Antennenanlage des höheren Gebäudes gestattet wird.

Allerdings muss die Ausübung des Rechts gegenüber dem Eigentümer des Nachbar-grundstücks grundsätzlich angezeigt werden. Ansonsten hätte der Grundstücksnachbar keine Chance, von der Ausübung des Rechts Kenntnis zu erhalten. Aus diesem Grund gilt das Anzeigeerfordernis.

Die Stellung der Anzeige hat unter Übersendung des Bau- und des Lageplans sowie unter Mitteilung des Namens und der Anschrift des Bauherrn in schriftlicher Form zu erfolgen. Durch den Schriftlichkeitsnachweis kann nachgehalten werden, dass die Anzeige erfolgt ist. Dies dient Beweiszwecken. Ist streitig, ob die Anzeige tatsächlich erfolgt ist oder nicht, kann das Schriftformerfordernis vor Gericht helfen, dies zu beweisen. Darüber hin-aus erhält der Eigentümer des Nachbargrundstücks detaillierte Kenntnis über den genauen Plan der Ausübung des Rechts. Auch der Ansprechpartner in Form des Bauherrn wird in der Anzeige angegeben.

Es genügt jedoch die Anzeige an den Nutzungsberechtigten des Nachbargrundstücks, wenn der Eigentümer des Nachbargrundstücks nicht bekannt, nur schwer feststellbar oder sein Aufenthaltsort unbekannt ist oder wenn er infolge eines Aufenthalts im Ausland nicht alsbald erreichbar ist und er auch keinen Vertreter für sich selbst bestellt hat. Es kann je-doch auch passieren, dass diese Voraussetzungen sowohl bei dem Nutzungsberechtigten als auch bei dem Eigentümer des Nachbargrundstücks zutreffen. In einer solchen Konstel-lation ist es ausreichend, wenn die Anzeige gegenüber dem unmittelbaren Besitzer des Nachbargrundstücks erfolgt. Hierbei handelt es sich um denjenigen, der die tatsächliche Sachherrschaft über das Nachbargrundstück ausübt.

Eine Ausnahme vom Anzeigeerfordernis gilt hingegen für die Absicht, notwendige War-tungs- und Reparaturarbeiten auszuführen. Diese braucht nicht angezeigt zu werden. Lie-gen alle Voraussetzungen vor, treffen den Eigentümer und den Nutzungsberechtigten des Nachbargrundstücks grundsätzlich eine Duldungspflicht. Dies ist allerdings dann nicht der Fall, wenn die Arbeiten zur Unzeit ausgeführt werden. Sollte der Grundstückseigentümer also mitten in der Nacht mit der Erhöhung beginnen und so den Grundstücksnachbarn aus dem Schlaf reißen, muss dies nicht geduldet werden.

Entsteht dem Eigentümer des Nachbargrundstücks ein Schaden durch die Erhöhung, so muss dieser unabhängig von einem Verschulden ersetzt werden. Wenn dies von dem Ge-schädigten verlangt wird, muss in der Höhe des voraussichtlich zu erwartenden Schadens-betrages eine Sicherheit geleistet werden. Diese kann auch in einer Bankbürgschaft beste-hen. Das Vorhaben des Eigentümers des Nachbargrundstücks darf in solchen Fällen erst nach Leistung der Sicherheit ausgeübt werden. Allerdings darf der Eigentümer des Nach-bargrundstücks eine Sicherheitsleistung nicht verlangen, wenn der voraussichtliche Scha-den durch eine Haftpflichtversicherung gedeckt ist. Dies wäre nicht gerechtfertigt, da die Haftpflichtversicherung für den Schaden aufkommt.

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