Muss ich mir als Minderjähriger beim Arzt oder Zahnarzt alles gefallen lassen?


Befindet man sich bei einem Arzt oder Zahnarzt in einer Behandlung, so stellt man sich, gerade in den Situationen^, in denen man Schmerzen ausgesetzt wird, besonders häufig die Frage, ob man sich dies überhaupt gefallen lassen muss oder ob man rechtlich dagegen vorgehen kann, wenn ein Arzt einem Patienten Schmerzen zufügt.

Die Gerichte meinen, dass ärztliche Heileingriffe, die durch einen Arzt als erforderlich angesehen worden sind und die dazu auch noch ordnungsgemäß durchgeführt worden sind, immer eine Körperverletzung darstellen. Aufgrund des Tatbestandes der Körperverletzung wird derjenige bestraft, welcher eine andere Person an der Gesundheit schädigt oder sie körperlich misshandelt.

Diese beiden Tatbestandsvoraussetzungen werden durch den Arzt bei einer Operation oder bei einer schmerzhaften Behandlung ja eigentlich erfüllt, denn der Patient wird durch den Eingriff sowohl an der Gesundheit geschädigt, als auch körperlich misshandelt. Deswegen braucht ein Arzt oder Zahnarzt immer die Erlaubnis des Patienten, nämlich die sogenannte Einwilligung. Diese Zustimmung des Patienten wird durch eine Unterschrift auf dem Aufklärungsbogen des Arztes, mit welchem der Arzt den Patienten auf mögliche Risiken und Folgen der Operation oder der Behandlung hinweist, schriftlich festgehalten. Die Signatur hat außerdem auch eine Beweisfunktion, denn damit kann man nachvollziehen, dass der Patient in die Behandlung eingewilligt hat oder eben nicht. Gefallt einem Patienten beispielsweise das Ergebnis einer Operation nicht, so kann er nicht nachher behaupten, dass er mit der Operation sowieso nicht einverstanden war, wenn er vorher seine Einwilligung dafür gegeben hat.

Benötigt wird eine Unterschrift also immer vor geplanten Operationen, denn ohne diese ist die Operation nicht möglich und kann auch nicht stattfinden. Genau das ist der Punkt bei Minderjährigen! Minderjährig ist man bis zu dem Zeitpunkt der Vollendendung des 18. Lebensjahres. Einwilligungsfähig ist man jedoch bereits mit circa 16 Jahren, nämlich immer dann, wenn man die nötige Einsichtsreife hat. Deswegen ist, um sicher zu gehen, ein Piercing oder eine Tätowierung immer erst ab 18 oder mit Erlaubnis der Erziehungsberechtigten möglich.

In eine Blutabnahme oder eine kleinere Operation kann man bereits vor seinem 18. Geburtstag einwilligen. Beim Zahnarzt kann man in die Füllung eines Loches ohne Weiteres einwilligen. Anders sähe es mit einer Wurzelkanalbehandlung oder beim Ziehen eines Zahnes aus. Hier müssen zwingend die Eltern oder Erziehungsberechtigten einwilligen, da hier viele Konsequenzen auf dem Spiel stehen, die Behandlung mit enormen Folgekosten belegt ist und weil meist auch andere Alternativen verfügbar wären. Zieht ein Zahnarzt einem Minderjährigen ohne Einwilligung der Eltern einen Zahn, so ist das eine Körperverletzung und der Arzt macht sich strafbar. In einem solchen Fall kann man auch rechtlich gegen diesen vorgehen und Schmerzensgeld verlangen.

Bei der Zahnmedizin ist aber auch immer das Kostenrisiko ein Grund, dass die Eltern befragt werden. Entscheidet man sich in Fragen des Zahnersatzes oder bei kieferorthopädischen Behandlungen für eine Behandlungsalternative, die nicht von den Krankenkassen bezahlt werden, so kann es richtig teuer werden. Berufen sich Eltern dann auf die Minderjährigkeit ihrer Kinder, so würden die Zahnmediziner auf ihren Kosten sitzen bleiben. Um hier richtig arbeiten zu können, verlangen gerade viele Kieferorthopäden eine Generaleinwilligung, so dass sie die Geräte und Methoden einsetzen können, die sie in dem speziellen Fall für richtig halten. Dann muss man eventuell entstehende Mehrkosten tragen. Viele Patienteneltern weigern sich deshalb solche Vereinbarungen zu unterzeichnen und suchen sich lieber einen anderen Behandler.

Für den minderjährigen Patienten sollte gelten, dass er immer nur das mit sich machen lassen muss, was seine Eltern für ihn vorgesehen haben. Geben sie dem Zahnarzt freie Hand, so kann man aber immer noch einhaken, wenn man etwas gar nicht möchte. Meist finden sich, wenn man das sachliche Gespräch sucht, gangbare Alternativlösungen mit denen beide Seiten zufrieden sind.

Ist die Einholung einer Einwilligung des Patienten nicht möglich, weil dieser bei einem Verkehrsunfall so schwer verletzt wurde, dass er sich zum Beispiel im Koma befindet, so kann man ausnahmsweise auch auf die Zustimmung des Patienten verzichten, insofern der Arzt im mutmaßlichen Sinne des Patienten handelt. Das bedeutet, dass die Behandlung in der konkreten Art dem Patienten zur Gesundung dient, dass sie nach ärztlichen Erkenntnissen angezeigt ist und auch ordnungsgemäß durchgeführt worden ist. Im Zweifel werden aber immer die Angehörigen informiert, damit sie zügig ins Krankenhaus kommen können.

Desweiteren gibt es bestimmte „Pflichtuntersuchungen“, diese sind vor allem im Kindesalter verpflichtend. Seitdem es die Musterung nicht mehr gibt, ist die unangenehmste Pflichtuntersuchung entfallen. Die Einstellungsuntersuchungen für Lehrstellen oder die Untersuchungen des Schularztes sowie angeordnete Begutachtungen nach Unfällen oder Infektionen, muss man über sich ergehen lassen.

Impfungen hingegen sind nicht verpflichtend, dass heißt man muss sie nicht über sich ergehen lassen, viele sind jedoch sehr empfohlen, denn nur dadurch ist man gegen bestimmte Krankheiten geschützt! Ob man dieser Empfehlung folgt, kann man selbst entscheiden. Bestehen die Eltern darauf, so muss man den kleinen„Pieks“ erdulden. Aber auch hier müssen diese vorher einwilligen, denn auf eine Impfungen kann man auch körperlich reagieren und das kann Folgen haben.

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