Voraussetzung für die Berechnung des Pflichtteilsanspruches


Das Pflichtteilsrecht lässt Kinder oder Eltern sowie Ehegatten und den Lebenspartner des Verstorbenen, den sogenannten Erblassers, auch dann am Nachlass teilhaben, wenn sie dieser durch sein Testament oder durch einen Erbvertrag von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen hat. Denn selbstgefertigte Regelungen für die Zeit nach dem Tod gehen der gesetzlichen Erbfolge immer voraus. Eine solche Enterbung kann auch allein dadurch erfolgen, dass der Erblasser eine andere Person zum Alleinerben eingesetzt hat, etwa bei einem sogenannten Berliner Testament, also einem gegenseitigen Testament.

Hier wird zunächst der überlebende Ehegatte als Alleinerbe eingesetzt. Dadurch sind im ersten Erbfall die Kinder automatisch enterbt. Ihnen steht dann ein sogenannter Pflichtteil zu.

Erhält ein Pflichtteilsberechtigter allerdings zu wenig, kann er auch einen Anspruch auf den sogenannten Restpflichtteil erhalten. Der Pflichtteil selbst besteht dann in der Hälfte des Wertes des theoretischen gesetzlichen Erbteils. Der Pflichtteil muss also bei jedem Fall rechnerisch ermittelt werden.

Voraussetzung für die Berechnung des Pflichtteilsanspruches ist, dass der Pflichtteilsberechtigte auch tatsächlich weiss, welchen Umfang und welchen Wert der Nachlass hat. Daher hat man dem Pflichtteilsberechtigten einen Anspruch auf Auskunft gegeben. Die Erben müssen dem Pflichtteilsberechtigten auf Anforderung ein Verzeichnis der Nachlassgegenstände und der Nachlassschulden zukommen lassen. Davon werden auch Schenkungen des Verstorben während der letzten zehn Jahre und alle Schenkungen an den Ehegatten erfasst. Bei Problemen mit der Wertfindung ist es ratsam, einen Sachverständigen hinzuzuziehen. Die Frage nach dem Pflichtteil stellt sich aber nicht nur im Falle einer Enterbung, sondern auch, wenn ein Erbe die Erbschaft ausschlägt.

Nach vielen Jahren rechtspolitischer Diskussionen wurde das Pflichtteilsrecht zum Januar 2010 deutlichen Veränderungen unterzogen. Die vollständige Enterbung eines Pflichtteilsberechtigten ist im Zuge der Reformen erleichtert worden. Trachtet ein Pflichtteilsberechtigter ihm nahe stehenden Personen nach dem Leben, oder misshandelt er sie körperlich schwer, liegt ein Grund zur Entziehung des Pflichtteils und damit zur Enterbung vor. Vor der Reform war dies nur möglich, wenn es ein solches Verhalten gegenüber dem Erblasser, seinem Ehegatten, Lebenspartner oder seinen Kindern gab. Der Personenkreis wurde also erweitert.

Weggefallen ist dafür die Möglichkeit einer Enterbung wegen ehrlosen und unsittlichen Lebenswandels. Grund dafür sind sicherlich auch die unbestimmten Rechtsbegriffe. Zur Entziehung des Pflichtteils reicht es dagegen heute schon aus, wenn eine rechtskräftige Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung vorliegt. Zusätzlich muss es für den Erblasser unzumutbar sein, dem Verurteilten seinen Pflichtteil zu lassen. Etwa weil er sich so sehr für dessen Taten schämt. Auch Pflegeleistungen finden bei Erbschaften neuerdings stärkere Berücksichtigung. Dies wird erreicht, indem man den durch die Pflege angefallenen Betrag von der unter den Erben aufzuteilenden Nachlasssumme abzieht. Der oder die pflegenden Angehörigen sollen so am Ende mehr vom Erbe erhalten. Das wurde auch notwendig, da durch die zunehmende Mobilität immer mehr Angehörige entfernt vom ursprünglichen Elternhaus wohnen. Der Ausgleich für Pflegeleistungen ist auch unabhängig davon, ob der Erbe für die Pflege seine Berufstätigkeit aufgegeben hat oder nicht.

Kinder im Sinne des Abstammungsrechts des Bürgerlichen Gesetzbuches oder adoptierte Kinder, Ehegatten und eingetragene Lebenspartner des Erblassers sind stets pflichtteilsberechtigt. Ein Recht zum Besitz von Nachlassgegenständen gibt der Pflichtteilsanspruch in jedem Fall nicht.

Bereits vor dem Erbfall besteht die Möglichkeit, dass der Pflichtteilsberechtigte auf den Pflichtteilsanspruch verzichtet. Dazu wird ein entsprechender Vertrag mit dem Erblasser geschlossen. Als Gegenleistung für den Verzicht werden in aller Regel eine Abfindung oder bestimmte Vorteile im Testament oder Erbvertrag vereinbart. Ein solcher Vertrag muss vom Notar beurkundet werden.

Die Erben können auch die Stundung der Auszahlung verlangen und dies auch vor dem Nachlassgericht geltend machen. Voraussetzung ist eine besondere Härte die durch die Zahlungsverpflichtung entstehen würde, beispielsweise der notwendige Verkauf einer Firma oder einer Familienwohnung. Auch die Aufnahme eines Kredits zu ungünstigen Konditionen, kann eine solche Härte darstellen. Der Pflichtteilsergänzungsanspruch verjährt immer in drei Jahren. Nach Eintritt der Verjährung braucht der Erbe nicht mehr zu zahlen. Der Pflichtteilsberechtigte sollte daher innerhalb der Frist ein schriftliches Anerkenntnis der Erben über seinen Pflichtteilsanspruch verlangen.

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