Was stellt eine Begünstigung im Rahmen von Beihilfen dar?


Das Tatbestandsmerkmal der Begünstigung ist nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union weit auszulegen. Als Begünstigung gilt danach, auch unabhängig von der Form ihrer Ausgestaltung, wenn ein Unternehmen eine Leistung ohne angemessene, das bedeutet marktübliche, Gegenleistung erhält. Eine Leistung stellt dabei jeder geldwerte Vorteil für den Empfänger dar. Die geschieht klassischerweise durch Geldmittel, kann aber auch durch Maßnahmen, welche die Belastung eines Unternehmens mindern, erfolgen. Dazu gehören beispielsweise Befreiungen von Soziallasten, Sondertarife oder Verschonungen wie Steuererleichterungen und Abgabenerleichterungen. Ferner gelten Investitionszulagen und die Gewährung von verlorenen Zuschüssen oder Darlehen unter dem marktüblichen Zinssatz als Leistungen. Schließlich kann eine Leistung auch dadurch erfolgen, dass eine bestehende Forderung nicht in marktüblicher Weise eingetrieben wird, mithin also durch Unterlassen.

Nicht entscheidend für die Beurteilung des Begünstigungscharakters ist die Frage, warum die Beihilfen gewährt wurden. Entscheidend sind vielmehr alleine die wirtschaftlichen Auswirkungen der Maßnahme, die dem Unternehmen einen monetären Vorteil gegenüber Konkurrenten verschafft. Die Motivation der Politik in Bezug auf ordnungspolitische, sozialpolitische und die umweltpolitischen Gesichtspunkte spielt dabei keine Rolle. Sie wird wenn überhaupt auf der Rechtfertigungsebene in die Prüfung mit einbezogen. Die Vorteile die die Unternehmen aus den Beihilfen ziehen bestehen meistens in einer staatlich eingeleiteten Kostensenkungs- oder Erlöserhöhungswirkung. Der Beihilfenbegriff umfasst nicht nur unmittelbare sondern auch mittelbare Begünstigungen. Davon ist insbesondere die staatliche finanzielle Unterstützung von Unternehmen oder Verbrauchern zugunsten des Erwerbs bestimmter Produkte oder Dienstleistungen eines Unternehmens betroffen.

Eine Begünstigung ist aber nur dann zu bejahen, wenn der Vorteilsgewährung keine marktangemessene Kompensation gegenübersteht. Dabei ist nicht nur bei einer einseitigen Vorteilsgewährung, sondern auch dann vom Vorliegen einer Beihilfe auszugehen, wenn das begünstigte Unternehmen zwar eine Gegenleistung erbringt, diese aber der von Seiten des Staates an das Unternehmen gerichtete Leistung im Wert nicht entspricht. Eine gegenseitige Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung ist allerdings nicht erforderlich. Vielmehr ist von einer wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung auszugehen die vor dem Hintergrund normaler Marktbedingungen anzustellen ist.

Relativ unproblematisch gestaltet sich die Beurteilung einer staatlichen Finanzzufuhr, wenn ein transparenter Marktpreis in einem bestimmten Markt für die angebotene Leistung besteht. Für Marktpreise, die nicht in dieser Form bestimmbar sind, was in der Praxis aufgrund der Komplexität öffentlicher Beteiligungen an wirtschaftlichen Vorgängen häufig vorkommt, sind von der Kommission durch dem Gerichtshof der Europäischen Union unterschiedliche Methoden, welche die Erfassung und Bewertung eines nachprüfbaren und verhältnismäßigen Leistungsverhältnisses und Gegenleistungsverhältnisses mit Hilfe formaler Kriterien gewährleisten soll.

Zentraler Vergleichsmaßstab zur Bestimmung der Marktüblichkeit ist dabei der sogenannte „market economy investor“ oder auch „private investor“. Dadurch lässt sich die Angemessenheit von Leistung und Gegenleistung bestmöglich ermitteln, weshalb auch die Kommission und der Gerichtshof der Europäischen Union diese Methode heranziehen. Im Rahmen des „private- investor“- Tests ist jeweils zu prüfen, ob die staatliche Kapitalzufuhr unter Bedingungen erfolgte, die für einen hypothetischen privaten Vergleichsinvestor, also beispielsweise eine Bank, unter normalen marktwirtschaftlichen Vorrausetzungen akzeptabel wäre. Der Moment der Investitionsentscheidung ist dabei der maßgebliche Zeitpunkt für die Durchführung des Tests. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sind auch die Einschätzungen einer langfristigen Investitionsstrategie einzubeziehen. Der Grundsatz des „private investors“ wird von der Kommission und Gerichten der Europäischen Union im Rahmen der Prüfung des Begünstigungscharakters einer Leistung von öffentlicher Seite auf alle Teilbereiche der staatlichen Teilnahme am Wirtschaftsleben angewandt. Teilweise wurde hinsichtlich besonderer Formen staatlicher Mittelgewährung eine Konkretisierung vorgenommen. So wird für bestimmte Fälle ein weiterer Test herangezogen, bei dem maßgeblich ist, ob sich die öffentliche Hand hinsichtlich der gesamten Vertragsgestaltung und Umsetzung wie jeder andere marktwirtschaftliche Teilnehmer des jeweiligen Marktes in der gleichen Situation verhalten hätte.

Ein weitere Entwicklung zur Bestimmung von Leistung und Gegenleistung im Rahmen der beihilfenrechtlichen Begünstigung ist der sogenannte „private- creditor“- Test. Er gibt Auskunft darüber, wann eine Rückzahlungsmodalität als Begünstigung im Sinne des Beihilfenrechts der Europäischen Union zu verstehen ist. Als öffentlicher Gläubiger wird dann der Staat mangels Vergleichbarkeit mit einem privaten Investor angesehen. Ferner wird darauf abgestellt, ob ein hypothetischer privater Gläubiger im Sinne einer bestmöglichen Durchsetzung seiner Forderung einem Schuldner, der sich in finanziellen Schwierigkeiten befindet, dieselbe Rückzahlungsmodalität gewähren würde wie der öffentliche Gläubiger.

Für die weiteren zahlreichen Fragen der beihilfenrechtlichen Bewertung, beispielsweise die Prüfung der zulässigen Förderhöchstintensitäten oder sonstigen Schwellenwerten, ist die Berechnung des sogenannten Beihilfeäquivalents von Bedeutung. Dieses Äquivalent bemisst sich grundsätzlich aus der Differenz zwischen dem Marktwert der tatsächlich erbrachten Leistung und der tatsächlich erhaltenen Gegenleistung.

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