Welche Institutionen umfasst die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik?


Der Vertrag über die Europäische Union bestellt den Hohen Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik als Leiter der Gemeinsame Außenpolitik und Sicherheitspolitik. Der Hohe Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik wird vom Europäischen Rat mit qualifizierter Mehrheit und mit Zustimmung des Präsidenten der Kommission ernannt. Außerdem führt der Hohe Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik den Vorsitz im Rat Auswärtige Angelegenheiten und zusätzlich dazu ist er auch noch einer der Vizepräsidenten der Kommission. Der Hohe Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik hat sich genauso wie der Präsident der Kommission und die anderen Kommissionsmitglieder einem Zustimmungsvotum des Parlaments der Europäischen Union zu stellen. Wenn das Parlament der Europäischen Union einen Misstrauensantrag gegen die Kommission stellt, dann muss der Hohe Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik sein im Rahmen der Kommission ausgeübtes Amt niederlegen. Mit seiner Doppelfunktion stärkt der Hohe Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik einerseits die Kohärenz des außenpolitischen Handelns, bewirkt aber andererseits auch eine problematische institutionelle Verschränkung von Rat und Kommission.

Es könnte sich allerdings in Zukunft eine Schwächung der angestrebten außenpolitischen Kohärenz aus dem Vertrag von Lissabon ergeben. Denn in diesem ist ein Spannungsverhältnis zwischen dem Präsidenten des Europäischen Rates und dem Hohen Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik angelegt. Im Gegensatz zum Hohen Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik, der die Europäische Union im Bereich der Gemeinsame Außenpolitik und Sicherheitspolitik gegenüber Drittstaaten in internationalen Organisationen und auf Konferenzen vertritt, und diese auch leitet, ist es Aufgabe des Präsidenten des Europäischen Rates auf seiner Ebene die Außenvertretung der Europäischen Union in Angelegenheiten der Gemeinsame Außenpolitik und Sicherheitspolitik wahrzunehmen. Zusätzlich dazu ist auch die Kommission für die übrigen Aspekte der Außenbeziehungen zuständig. Der Vertrag über die Europäische Union sieht ferner die Einrichtung eines Europäischen Auswärtigen Dienstes vor. Dieser ist dem Hohen Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik unterstellt und soll diesem bei der Erfüllung seiner Aufgaben zur Seite stehen. Die Vorarbeiten zur Errichtung des Europäischen Auswärtigen Dienstes werden nach Unterzeichung des Vertrags von Lissabon in Angriff genommen. Es wird also bereits an der Errichtung gearbeitet.

Der Europäische Auswärtige Dienst arbeitet mit den diplomatischen Diensten der Mitgliedstaaten zusammen. Er umfasst Beamte aus den einschlägigen Abteilungen des Generalsekretariats des Rates und der Kommission, sowie auch noch der nationalen diplomatischen Dienste. Auf Vorschlag des Hohen Vertreters für Außen- und Sicherheitspolitik nach Anhörung des Europäischen Parlaments und nach Zustimmung der Kommission werden die Organisation und die Arbeitsweise des Europäischen Auswärtigen Dienstes durch einen Beschluss des Rates festgelegt. Der Rat setzt auch ein Politisches und Sicherheitspolitisches Komitee ein. Dieses verfolgt gemäß des Vertrags über die Europäische Union die internationale Lage in den Bereichen der Gemeinsame Außenpolitik und Sicherheitspolitik und trägt durch Stellungnahmen zu Festlegung der Politiken bei.

Das Politische und Sicherheitspolitische Komitee überwacht die Durchführung vereinbarter Politiken und nimmt unter der Verantwortung des Rates und des Hohen Vertreters für Außen- und Sicherheitspolitik die politische Kontrolle und strategische Leitung von militärischen Operationen zur Krisenbewältigung wahr. Dabei wird jedoch auch die Zuständigkeit des Hohen Vertreters für Außen- und Sicherheitspolitik gewahrt. Der vom Rat eingesetzte Militärausschuss der Europäischen Union, der aus den Generalstabschefs der Mitgliedstaaten besteht, ist für die militärische Beratung des Politischen und Sicherheitspolitischen Komitees zuständig und gibt diesem gegenüber Empfehlungen ab. Der Militärausschuss der Europäischen Union überwacht die ordnungsgemäße Durchführung militärischer Aktionen.

Der gleichfalls vom Rat eingesetzte Militärstab der Europäischen Union besteht aus Militärpersonal, das von den Mitgliedstaaten in das Generalsekretariat des Rates abgeordnet wird. Der Militärstab der Europäischen Union unterstützt den Militärausschuss der Europäischen Union und befasst sich mit der Frühwarnung, der Lagebeurteilung und der strategischen Planung der spezifischen Aufgaben der Europäischen Union. Der Militärstab nimmt somit Aufgaben wahr, die zuvor in den Zuständigkeitsbereich der, durch eine Erklärung im Anhang zum Vertrag von Amsterdam geschaffenen, Strategieplanungseinheit und Frühwarneinheit gefallen waren.

Der Rat hat außerdem im Jahre 2004 die sogenannte Europäische Verteidigungsagentur mit Sitz in Brüssel errichtet. Diese verfügt über eine eigene Rechtspersönlichkeit. Der Vertrag über die Europäische Union sieht vor, dass diese Institution auch weiter fortbesteht. Der Rat beaufsichtigt die Europäische Verteidigungsagentur. Sie arbeitet unter der Leitung des Hohen Vertreters für Außen- und Sicherheitspolitik und steht zusätzlich allen Mitgliedstaaten, die durch diese gemeinsame Aktion gebündelt sind, offen. Die Europäische Verteidigungsagentur hat den Auftrag, den Rat und die Mitgliedstaaten in ihren Bemühungen um die Verbesserung der Verteidigungsfähigkeit der Europäischen Union im Bereich der Krisenbewältigung und die Gemeinsame Sicherheitspolitik und Verteidigungspolitik zu unterstützen.

Die Verteidigungspolitiken und die Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten bleiben allerdings vom Auftrag der Europäischen Verteidigungsagentur unberührt. Zu ihren Aufgaben gehören beispielsweise die Ermittlung des künftigen quantitativen und qualitativen Bedarfs der Europäischen Union an Einsatzkräften und Ausrüstung, die Förderung und Koordinierung der Harmonisierung des militärischen Bedarfs, die Förderung und Verbesserung der Europäischen Rüstungszusammenarbeit sowie die Verbesserung der Effektivität der Europäischen Verteidigungsforschung und Verteidigungstechnologie. Die weiteren Aufgaben der Europäischen Verteidigungsagentur werden im Vertrag über die Europäische Union aufgeführt. Zusätzlich dazu ermächtigt der Vertrag über die Europäische Union den Rat, auf Vorschlag des Hohen Vertreters für Außen- und Sicherheitspolitik einen Sonderbeauftragten für besondere politische Aufgaben zu ernennen. Dieser Sonderbeauftragte übt dann sein Mandat unter der Verantwortung des Hohen Vertreters für Außen- und Sicherheitspolitik aus.

Ähnliche Artikel

Durchsuchen Sie Rechtssartikel