Wie geht das Haushaltsverfahren der Europäischen Union von statten?


Der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union bestimmt, dass das Parlament der Europäischen Union und der Rat den Jahreshaushaltsplan der Europäischen Union im Rahmen eines besonderen Gesetzgebungsverfahrens festlegen. Dieses Verfahren ist jedoch eigentlich dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren nachgebildet. Das Zustandekommen des Haushaltsgesetz wurde dergestalt erweitert, dass nun auch die Möglichkeit besteht, ein Vermittlungsverfahren durchzuführen. Der normale Vorgang liegt in der Übereinstimmung des Rates und des Parlaments der Europäischen Union. Durch die neuen Regelungen des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union werden der Rat und das Parlament der Europäischen Union fast gleichgestellt.

Jedes Organ der Europäischen Union, mit Ausnahme der Europäischen Zentralbank, muss vor dem 1. Juli einen Haushaltsvoranschlag für seine Ausgaben für das folgende Haushaltsjahr machen. Die Kommission fasst dann diese Voranschläge in einem Entwurf für den Haushaltsplan zusammen, der auch abweichende Voranschläge enthalten kann. Dieser Entwurf umfasst den Ansatz der Einnahmen und den Ansatz der Ausgaben. Im nächsten Schritt legt die Kommission dem Parlament der Europäischen Union und dem Rat spätestens am 1. September des Jahres, das dem entsprechenden Haushaltsjahr vorausgeht, einen Vorschlag mit dem Entwurf des Haushaltsplans vor. Die Kommission kann den Entwurf des Haushaltsplans während des laufenden Verfahrens bis zur Einberufung des Vermittlungsausschusses ändern. Danach legt der Rat seinen Standpunkt zu dem Entwurf des Haushaltsplans fest und leitet ihn spätestens am 1. Oktober des Jahres, das dem entsprechenden Haushaltsjahr vorausgeht, dem Parlament der Europäischen Union zu. Er unterrichtet das Parlament der Europäischen Union in vollem Umfang über die Gründe, aus denen er seinen Standpunkt festgelegt hat. Im nächsten Schritt hat das Parlament der Europäischen Union binnen 42 Tagen nach der Übermittlung einige Aufgaben zu erfüllen. Falls es den Standpunkt des Rates billigt, ist der Haushaltsplan erlassen. Auch falls das Parlament der Europäischen Union keinen Beschluss gefasst, gilt der Haushaltsplan als erlassen.

Hat das Parlament der Europäischen Union aber mit der Mehrheit seiner Mitglieder Abänderungen angenommen, so wird die abgeänderte Fassung des Entwurfs dem Rat und der Kommission zugeleitet. Der Präsident des Parlaments der Europäischen Union beruft dann im Einvernehmen mit dem Präsidenten des Rates umgehend den Vermittlungsausschuss ein. Der Vermittlungsausschuss tritt jedoch nicht zusammen, wenn der Rat dem Parlament der Europäischen Union binnen zehn Tagen nach der Übermittlung des geänderten Entwurfs mitteilt, dass er alle seine Abänderungen billigt. Die Aufgabe des Vermittlungsausschusses, welcher aus den Mitgliedern des Rates oder deren Vertretern und ebenso vielen Abgeordneten des Parlaments der Europäischen Union besteht, ist es dann, binnen 21 Tagen nach seiner Einberufung auf der Grundlage der Standpunkte des Parlaments der Europäischen Union und des Rates mit der qualifizierten Mehrheit seiner Mitglieder eine Einigung über einen gemeinsamen Entwurf zu erzielen.

Die Kommission nimmt dann an den Arbeiten des Vermittlungsausschusses teil und ergreift alle erforderlichen Initiativen, um eine Annäherung der Standpunkte des Parlaments der Europäischen Union und des Rates zu bewirken. Wenn sich der Vermittlungsausschuss innerhalb der Frist von 21 Tagen auf einen gemeinsamen Entwurf einigt, verfügen das Parlament der Europäischen Union und der Rat ab dieser Einigung über eine Frist von 14 Tagen, um den gemeinsamen Entwurf zu billigen. Wenn sich der Vermittlungsausschuss nicht binnen der Frist auf einen gemeinsamen Entwurf einigt, dann legt die Kommission einen neuen Entwurf für den Haushaltsplan vor. In der möglicherweise folgenden 14-Tagesfrist gibt es nun wieder verschiedene Ereignismöglichkeiten. Wenn der gemeinsame Entwurf sowohl vom Parlament der Europäischen Union als auch vom Rat gebilligt wird oder beide keinen Beschluss fassen oder eines dieser Organe den gemeinsamen Entwurf billigt, während das andere Organ keinen Beschluss fasst, so gilt der Haushaltsplan als entsprechend dem gemeinsamen Entwurf endgültig erlassen.

Die zweite Ereignismöglichkeit besteht, wenn der gemeinsame Entwurf sowohl vom Parlament der Europäischen Union mit der Mehrheit seiner Mitglieder als auch vom Rat abgelehnt wird oder eines dieser Organe den gemeinsamen Entwurf ablehnt, während das andere Organ keinen Beschluss fasst. In diesem Fall legt die Kommission einen neuen Entwurf für den Haushaltsplan vor. Wenn der gemeinsame Entwurf vom Parlament der Europäischen Union mit der Mehrheit seiner Mitglieder abgelehnt wird, während er vom Rat gebilligt wird, dann legt die Kommission einen neuen Entwurf für den Haushaltsplan vor.

Die letzte Möglichkeit liegt vor, wenn der gemeinsame Entwurf vom Parlament der Europäischen Union gebilligt wird, während er vom Rat abgelehnt wird. Dann kann das Parlament der Europäischen Union binnen 14 Tagen ab dem Tag der Ablehnung durch den Rat mit der Mehrheit seiner Mitglieder und drei Fünfteln der abgegebenen Stimmen beschließen, entweder alle oder auch nur ausgewählte Abänderungen zu bestätigen. Wird eine Abänderung des Parlaments der Europäischen Union nicht bestätigt, so wird der im Vermittlungsausschuss vereinbarte Standpunkt zu dem Haushaltsposten, der Gegenstand der Abänderung ist, übernommen. Der Haushaltsplan gilt dann als auf dieser Grundlage endgültig erlassen. Nach Abschluss des Haushaltsverfahrens stellt der Präsident des Parlaments der Europäischen Union schließlich fest, dass der Haushaltsplan endgültig erlassen ist. Jedes Organ der Europäischen Union muss bei dem gesamten Verfahren seine Befugnisse unter Wahrung der Verträge und der Rechtsakte ausüben, die auf der Grundlage der Verträge insbesondere im Bereich der Eigenmittel der Europäischen Union und des Gleichgewichts von Einnahmen und Ausgaben erlassen wurden.

Ähnliche Artikel

Durchsuchen Sie Rechtssartikel