Haftung bei Mitverschulden


Bei jeder Verletzung eines Rechtsguts durch eine andere Person stellt sich die Frage, ob die geschädigte Person nicht eventuell selbst durch Mitverschulden an der Rechtsgutsverletzung mit verantwortlich ist. Ist dies nämlich der Fall, dann ist der Schädiger nicht mehr allein schadensersatzpflichtig, sondern muss nur den Teil am Schaden ersetzen, für den er tatsächlich verantwortlich ist. Der Schadensersatzanspruch wird dann durch den Mitverschuldensanteil des Geschädigten gekürzt.

Diese Kürzung kann bei allen Schadensersatzansprüchen geschehen. Nicht nur bei deliktischem Handeln, sondern auch bei vertraglicher Handlung ist an eine Kürzung zu denken, wenn der Schaden nicht allein durch die Sorgfaltspflichtverletzung des Schädigers entstanden ist. Auch im Straßenverkehrsrecht und bei Ansprüchen mit Verschuldensvermutung kann der vermeintliche Schädiger den Beweis vor Gericht dahingehend führen, dass er nicht allein und ausschließlich für den Schaden verantwortlich ist, sondern dem Geschädigten ein Mitverschulden trifft.

Für den Maßstab des Verschuldens sind die allgemeinen Grundsätze anwendbar. Verschulden bedeutet regelmäßig Vorsatz oder Fahrlässigkeit. Vorsatz ist das Bewusste und Gewollte und Fahrlässigkeit das Ausversehene. Fahrlässig handelt nämlich der, der die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nicht einhält. Was im Verkehr erforderlich ist, ist von der Person, der Situation und der Rechtsgutsverletzung abhängig. Dort muss eine Abwägung des Möglichen stattfinden.

Ebenso gilt, dass nur demjenigen ein Mitverschulden zur Last gelegt werden kann, der auch einsichtsfähig diesbezüglich ist. So sind Geisteskranke, die nicht deliktsfähig sind, davon ausgenommen. Auch Kinder unter sieben Jahren sind nicht einsichtsfähig. Eventuell ist aber ein Mitverschulden der Eltern wegen einer Aufsichtspflichtverletzung möglich. Kinder von sieben bis zehn Jahren sind häufig im Straßenverkehr nicht verschuldensfähig, weil sie die Gefahren des motorisierten Verkehrs nicht einschätzen können. Bei Jugendlichen von zehn bis achtzehn Jahren muss abgewogen werden, ob diese in der konkreten Situation Einsichts- und Steuerungsfähigkeit besessen haben.

Eine Besonderheit gilt für den Straßenverkehr. Dort wird grundsätzlich ein Mitverschulden des Geschädigten angenommen. Das liegt daran, dass gerade im Straßenverkehr auszuschließen ist, dass der größte Sorgfaltsmaßstab angewendet wird. Nur wenn tatsächliche Punkte vorliegen, die darauf schließen lassen, dass keinerlei Sorgfaltsverstoß des Geschädigten vorliegt, ist ein Mitverschulden auszuschließen. Das kann man also nur bei einem sogenannten „Idealfahrer“ annehmen. Dies kommt allerdings in der Praxis sehr selten vor. Deshalb führt ein Schadensersatzanspruch wegen eines Verkehrsunfalls meist zu einer verkürzten Haftung des Schädigers.

Liegt eine Haftungskürzung vor, dann wird diese anteilig in Prozent nach dem Mitverschuldensanteil berechnet. Bei der Berechnung ist das Verschulden des Schädigers mit dem Mitverschulden des Geschädigten abzuwägen und in Relation zu setzen. Danach mildert sich dann der Schadensersatz gegen den Schädiger um diesen Anteil.

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