Mein Nachbar will zu nah an mein Grundstück bauen, was kann ich tun?


Das Nachbarrecht hat in Deutschland eine große Bedeutung, da in Deutschland relativ viele Menschen auf einem kleinem Raum zusammenleben. In Flächenländern, wie in Frankreich oder gar in Australien spielen diese dagegen eine eher unterordnete Rolle. Dabei ist die Frage, ob ein Nachbar wegen einer Verletzung einer nachbarschützenden Norm in seinen Rechten verletzt wurde, enorm wichtig. Dafür muss man zunächst unter den Begriff des Nachbarns fallen. Da es an einer Legaldefinition fehlt, braucht man zumindest eine gewisse räumliche Nähe zum Bauvorhaben oder zur störenden Sache, welche sich aber nicht losgelöst vom Einzelfall bestimmen lässt. Notwendig ist eine nach Art und Umfang engere Beziehung zum Bauvorhaben, sowie auch Auswirkungen auf das eigene Grundstück. Dabei muss das Grundstück nicht im Eigentum stehen, Besitz wie es bei Mietern der Fall ist reicht vollkommen aus.

Wohnt man direkt und in räumlicher Nähe neben dem Bauplatz des Nachbarn, so ist man folglich auch rechtlich gesehen der Nachbar. Ist dann eine Einwirkung auf das eigene Grundstück, beispielsweise durch Schattenwurf auf das mit Sonnenkollektoren bestückte Dach gegeben, so kann man Unterlassungsansprüche geltend machen. Auch andere störende Ereignisse, wie Fallobst das vom Nachbargrundstück auf das eigene Grundstück fällt, kann man mit einem Unterlassungsanspruch bekämpfen. Dann nämlich muss der Nachbar die Störung beseitigen. Ein Selbstvornahmerecht hat der Gestörte aber nur in absoluten Notfällen, also in solchen Fällen bei denen ein Abwarten der Beseitigung unzumutbar für den Betroffenen wäre. Liegen diese Fälle nicht vor droht dem unberechtigt Handelnden eine Schadensersatzklage oder sogar ein Strafverfahren wegen Sachbeschädigung und Hausfriedensbruch.

Wenn man aber ein Bauvorhaben von Anfang an verhindern will, muss man seinem Unmut konstruktiv Luft machen, indem man nicht auf dem Bauantrag unterschreibt, der den Nachbarn vorgelegt werden muss. Des Weiteren sollte man dem Bauamt seine Bedenken mitteilen. Von den Trägern privater Belange wird verlangt, dass sie sich rechtzeitig mit ihren Anregungen einbringen. Um nun festzustellen, ob der Nachbar eine Rechtsverletzung erlitten hat, wird auf die Schutznormtheorie des allgemeinen Verwaltungsrechts zurückgegriffen. Nach dieser soll geprüft werden, ob eine einzelne baurechtliche Norm zumindest auch dem Schutz des Nachbarn dient. Das Abstandsflächenrecht soll beispielsweise auch den Nachbarn von Neubauten vor nicht geringfügigen Beeinträchtigungen schützen.

Des Weiteren kann auch das Rücksichtsnahmegebot eine Drittwirkung entfalten. Dieses steht insbesondere dann im Vordergrund, wenn die Belastung des Nachbarn durch die Baumaßnahme unzumutbar ist und der Gesetzgeber keine Vorschriften erlassen hat, die diesen Umstand berücksichtigen. Immer dann sollen sich aus diesem Rücksichtsnahmegebot auch subjektive öffentliche Rechte ableiten lassen. Immer wenn eine mögliche Verletzung des Grundrechts der Eigentumsfreiheit zur Debatte steht, muss das Bauamt genau prüfen, ob man es dem Nachbarn zumuten kann. Denn dieses Grundrecht gibt dem Eigentümer eines Grundstücks ein Abwehrrecht gegen hoheitliche Eingriffe in sein Eigentum zur Hand und stellt als Grundrecht auch ein subjektives öffentliches Recht dar.

Gerichte bewerten es jedoch als kritisch, dass in den Fällen der Nachbarrechte jedoch nur dann das eigene Grundstück durch dieses Grundrecht geschützt ist, wenn durch das Nachbargrundstück von staatlicher Seite genehmigte oder zumindest geduldete Einflüsse auf das eigene Grundstück ausgehen, welche die Nutzung nachhaltig verändern und es dadurch für den Eigentümer unerträglich wird. Als Begründung für den Nachbarschutz werden die Auswirkungen von Wohnfrieden, von Brandschutz, von Beleuchtung im Sinne einer ausreichenden Besonnung sowie die Belüftung angeführt.

Der zuständigen Bauaufsichtsbehörden, denen die Beschwerden zugeleitet werden, kommt bei Anträgen auf bauaufsichtliches Einschreiten ein Ermessenspielraum zu, der sowohl das Erschließungs- als auch das Auswahlermessen umfasst. Ausnahmsweise kann es dazu kommen, dass die Behörde einschreiten muss, da alle anderen Entscheidungen ermessensfehlerhaft wären. Aus dieser Ermessensreduzierung auf Null erwächst dann dem Nachbarn ein Rechtsanspruch darauf, dass das Amt einschreitet. Nach der Rechtsprechung wird diese Ermessensreduktion bei unzumutbaren Beeinträchtigungen und wenn der Nachbarn in seinen Rechten verletzt ist gefordert. Schreitet ein Bauaufsichtsamt gegen ein Bauvorhaben ein, so wird der Bau erst einmal gestoppt und es wird überprüft, wie man noch zu einer für alle Seiten tragbaren Lösung kommen kann.

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