Arten von Unterlassungsdelikte und ihre strafrechtlichen Folgen


Nicht nur durch aktive Handlungen kann man Strafgesetze verletzen, auch wenn man Handlungen unterlässt, zu denen man verpflichtet gewesen wäre, kann sich eine Strafbarkeit ergeben. Das Unterlassungsdelikt unterteilt sich in das echte und das unechte Unterlassungsdelikt.

Echte Unterlassungsdelikte sind Straftaten, welche nur das schlichte Unterlassen bestimmter rechtlich gebotener Handlungen beinhalten. Sie sind in eigenen Strafparagraphen des Strafgesetzbuches geregelt. Ein bekanntes Beispiel ist die Unterlassene Hilfeleistung, welche auch als Liebesparagraph bezeichnet wird.

Als unechtes Unterlassungsdelikt kommt dabei jedes Erfolgsdelikt in Erwägung. Die unechten Unterlassungsdelikte sind aber etwas interessanter. Denn sie sind Straftaten, die die unterlassene Erfolgsabwendung eines Begehungsdelikts beinhalten. Das bedeutet, dass wenn man jemanden absichtlich mit dem Auto überfährt, das ein Tötungsdelikt ist. Wenn einem jemand vor das Auto läuft und man anstatt an der Notrufsäule den Notruf abzusetzen lieber davonfährt und das Opfer versterben lässt, ist das nicht nur Unterlassene Hilfeleistung sondern sogar Totschlag durch Unterlassen.

Voraussetzung ist hier dass man eine sogenannte Garantenstellung besitzt. Wer diese hat, wird gleich erläutert. Zunächst zum Prüfungsschma: Zunächst muss festgestellt werden, dass ein strafrechtlicher Erfolg, also etwa eine Körperverletzung oder der Tod, vorliegt. Dieser Erfolg muss aufgrund eines Unterlassens geschehen sein. Der Täter muss dabei eine zur Erfolgsabwendung gebotene Handlung, welche zur Abwendung geeignet und erforderlich gewesen wäre, unterlassen haben. Geboten ist dabei lediglich das, was dem Täter in der konkreten Situation körperlich möglich gewesen ist. Für einen Nichtschwimmer wäre es beispielsweise unmöglich einen Ertrinkenden aus einem Fluss zu retten. Möglich ist es ihm als Besitzer eines Mobiltelefons aber dennoch Rettungskräfte zu alarmieren.

Als weitere Voraussetzung steht die Quasi-Kausalität, dabei muss die gebotene Handlung hinzugedacht werden. Würde dann der Erfolg mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit entfallen, so liegt sie vor. Wäre also in unserem Beispiel der Autofahrer angehalten um zu helfen, so wäre das Opfer nicht gestorben. Die Quasi-Kausalität liegt also vor. Desweiteren muss ein Pflichtwidrigkeitszusammenhang bestehen, was bedeutet, dass ein Zusammenhang bestehen muss zwischen der Unterlassung und dem eingetretenen Erfolg. Der Pflichtwidrigkeitszusammenhang entfällt dann, wenn der Erfolg auch bei rechtmäßigem Alternativverhalten eingetreten wäre. Was bedeuten würde, dass der Unterlassungstäter nichts für den Erfolg kann.

Wichtig wird nun die schon erwähnte Garantenstellung. Es werden hierbei Beschützergaranten, welche bestimmte Rechtsgüter vor Gefahren schützen sollen und Überwachungsgaranten, welche bestimmte Gefahrenquellen überwachen müssen, unterschieden. Kurz gesagt ist ein Garant dafür verantwortlich, dass nichts Schlimmes geschieht. Beschützergarant ist man beispielsweise als Ehepartner, Eltern für die Kinder, Babysitter, Bademeister, Arzt oder Krankenschwester. Auch eine Behörde kann eine Garantenstellung haben, wie dies bei Sicherheitsorganen, wie Polizei oder Feuerwehr, auch deutlich wird. Soldaten, gerade nahe Kameraden, müssen laut Gesetz auch gegenseitig auf sich aufpassen.

Überwachungsgarant ist man dann, wenn man eine gefährliche Anlage, wie ein Kraftwerk betreibt, dieses muss ständig überwacht werden. Das gleiche gilt für Halter gefährlicher Tiere. Auch Beaufsichtigungspersonal in jeder Hinsicht kann ein Überwachungsgarant sein, beispielsweise Grundschullehrerinnen für ihre kleine Schüler und Justizvollzugsbedienstete für ihre Gefangenen. Auch ein Sportveranstalter kann im Übrigen für seine Besucher und für die Teilnahme an den Wettkämpfen Beschützergarant sein.

Neben diesen beiden Formen der Garantenstellung gibt es noch die Garantenstellung aus Ingerenz, was bedeutet, dass jemand durch ein pflichtwidrig gefährdendes Vorverhalten zum Garanten gemacht.wird In unserem obigen Beispiel, bei dem ein Mensch einem anderen vor das Auto läuft, ist das gegeben. Man ist in solchen Situationen verpflichtet Hilfe zu leisten, weil man die Gefahr selbst (mit)verursacht hat. Hilft man nicht oder tut nicht sein Bestes, dann ist das in diesem Fall nicht nur unterlassene Hilfeleistung, sondern Totschlag durch Unterlassen.

Für all das braucht der Täter auch Vorsatz, das heißt er muss mit Wissen und Wollen handeln. Daran kann es leicht fehlen, insbesondere dann, wenn der Täter nicht richtig um seine Stellung als Garant weiß. In solchen Fällen kommt die Strafrechtliche Irrtumslehre ins Spiel, nach der man dann dennoch schuldlos agieren kann. Denn ein Irrtum über die Garantenstellung ist ein Unterfall des Verbotsirrtums in der Form eines Gebotsirrtums.

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