Aufbau und Bedeutung des Fahrlässigkeitsdeliktes


Neben vorsätzlichem, also gewolltem Verhalten, ist oftmals auch fahrlässiges Handeln strafbar, allerdings nur in den Fällen, in denen das das Gesetz ausdrücklich bestimmt. Eine Fahrlässigkeitstat ist die ungewollte Tatbestandsverwirklichung aufgrund einer Sorgfaltspflichtverletzung. Da der Aspekt des Wollens bei der Fahrlässigkeit nicht zum Tragen kommt, gibt es in diesem Bereich auch keine Irrtümer, keinen Versuch und keine Teilnahme an der Tat, wie Anstiftung und Beihilfe.

Die häufigsten und bekanntesten Fahrlässigkeitstaten sind die der fahrlässigen Tötung oder noch häufiger das der fahrlässigen Körperverletzung. Insbesondere aus dem Straßenverkehr resultieren die hohen Fallzahlen. Denn nach einem Verkehrsunfall mit Verletzten ermitteln die Polizei und die zuständige Staatsanwaltschaft gegen den Unfallverursacher wegen fahrlässiger Körperverletzung. Es wird also deutlich, dass es jeden Tag möglich ist sich auf diese Art und Weise strafbar zu machen.

Kommen wir nun zum genauen Aufbau des Fahrlässigkeitsdeliktes: Zunächst ist eine Handlung erforderlich die zu einem Schaden führt. Handlung und Schaden müssen dabei kausal sein, was bedeutet, dass die Handlung nicht weggedacht werden kann, ohne dass dann der Schaden auch entfiele. Der Täter muss desweiteren eine objektive Sorgfaltspflichtverletzung begangen haben. Objektiv sorgfaltspflichtwidrig handelt dabei, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen und in seiner konkreten Situation verpflichtet ist. Man sollte also Gefahren für andere Rechtsgüter erkennen und das eigene Verhalten darauf ausrichten. Das bedeutet auch, dass man Dinge lassen muss, wenn man sie nicht beherrscht oder man sich überfordert fühlt. Dabei gilt der Vertrauensgrundsatz: Jeder Bürger, der sich ordnungsgemäß verhält, darf darauf vertrauen, dass seine Mitmenschen sich ebenfalls sorgfaltsgerecht verhalten, solange keinerlei Anzeichen bestehen, dass diese ihrer Sorgfaltspflichten nicht nachkommen oder damit überfordert sind.

Objektiv sorgfaltswidrig handelt also, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt, wenn man den Schadenseintritt objektiv voraussehen kann. Außerdem muss ein Pflichtwidrigkeitszusammenhang bestehen. Das bedeutet, dass einerseits die durch den Täter geschaffene Gefahr sich im eingetreten Erfolg, also dem Schaden, verwirklicht hat und dieses vom Gesetz so geschützt wird. Andererseits fehlt es am Pflichtwidrigkeitszusammenhang, wenn auch rechtmäßiges Alternativverhalten zum Schaden geführt hätte.

Ist der Tatbestand erfüllt liegt in der Regel auch die Rechtswidrigkeit, als nächste Strafvoraussetzung, vor, außer es wird ein Rechtfertigungsgrund ins Feld geführt. Doch zu einer Strafbarkeit fehlt im Deliktsaufbau der Fahrlässigkeitstat noch die Schuld. Zunächst muss die Schuldfähigkeit vorliegen, diese fehlt regelmäßig bei Kindern unter 14 Jahren und bei geistig kranken Menschen.

Danach ist zu fragen, ob dem Täter auch persönlich ein Vorwurf zu machen ist, indem er eine subjektive Sorgfaltspflichtverletzung begangen hat. Dazu ist zu ermitteln, ob der Täter nach seinen persönlichen Fähigkeiten die Möglichkeit hatte, die objektive Sorgfaltswidrigkeit seines Verhaltens zu erkennen uns danach entsprechend zu handeln. Der Täter muss also individuell in der Lage gewesen sein, den drohenden sich ankündigenden Schaden abzuwenden. Dabei werden stets seine persönlichen Fähigkeiten berücksichtigt, insbesondere also Intelligenz, Lebenserfahrung, Alter, Berufliche Fertigkeiten und seine Vorbildung. War es für den Täter allerdings vorhersehbar, dass er den Anforderungen nicht gewachsen sein wird, so wird bereits mit der Übernahme ein Verschulden, das sogenannte „Übernahmeverschulden“, angenommen. Beispiel: Chirurg C, hat in der Nacht etwas zu viel Alkohol konsumiert und merkt am nächsten Tag der anstehenden Operation nicht gewachsen zu sein. Um jedes Risiko zu entgehen müsste er die Operation verschieben oder sie an einen Kollegen übergeben.

Zuletzt kommen noch einige Entschuldigungsgründe in Betracht. Neben den üblichen, gibt es bei Fahrlässigkeitsdelikten noch die Unzumutbarkeit normgemäßen Verhaltens. Das bedeutet, dass dem Täter nur dann ein Verhalten vorgeworfen werden kann, wenn es ihm auch zumutbar war, anders zu handeln. Berühmtes Beispiel ist dafür der „Leinenfängerfall“, den einst das Reichsstrafgericht zu entscheiden hatte. Bei diesem weist ein Pferdekutschenbesitzer seinen Fahrer an, mit einem schwer zu handhabenden Pferd auszufahren. Wie vom Fahrer vorausgesehen, geht es ihm schließlich durch und verletzt jemanden. Allerdings, so sah es da Reichsstrafgericht an, war es dem Fahrer unzumutbar anders zu handeln. Denn hätte er sich geweigert, so hätte ihn sein Dienstherr entlassen.

Fahrlässigkeitsdelikte kommen sehr oft vor und so ziemlich jeder sieht sich im Laufe des Lebens einmal damit konfrontiert, dass er entweder Opfer einer solchen wird oder sich polizeilicher Ermittlungen deswegen ausgesetzt sieht. Man sollte also stets überlegt handeln und berücksichtigen, was man macht. Das gilt neben den Handlungen im privaten Bereich auch für Aktivitäten im Berufsleben.

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