Das Verfahren vor der Vergabekammer im öffentlichen Vergaberecht


Das öffentliche Vergaberecht schreibt einem öffentlichen Auftraggeber vor, nach welchen Maßstäben er seine Aufträge an private Unternehmer zu vergeben hat. Ein öffentlicher Auftraggeber darf nämlich nicht einfach willkürlich entscheiden, wen er mit der Durchführung bestimmter Aufgaben betraut. Andernfalls würde er gegen die Grundrechte, insbesondere gegen die Berufsfreiheit verstoßen.

Das öffentliche Vergaberecht findet erst bei Aufträgen mit einer gewissen Größe Anwendung. Zur Feststellung, ob ein zu vergebender Auftrag öffentlich ausgeschrieben werden muss, gibt es sogenannte Schwellwerte. Sobald das Finanzvolumen des Auftrags den Schwellwert überschreitet, muss der Auftrag öffentlich ausgeschrieben werden.

Es gibt nicht nur einen Schwellwert, sondern viele verschiedene, jeweils in Abhängigkeit davon, auf welchen Sektor sich der Auftrag bezieht, also beispielsweise, ob es sich um ein Bauvorhaben oder um eine Warenlieferung handelt. Die Schwellwerte werden mittlerweile von der Europäischen Union festgesetzt. Die Bundesregierung ist dann nur noch zur Umsetzung des Schwellenwertes im deutschen Recht zuständig.

Der Schwellwert für Bauvorhaben ist der mit Abstand höchste. Er liegt bei 5,15 Millionen Euro. Die Schwellenwerte für Dienstleistungen und Lieferungen sind in sich weiter aufgeteilt. Im Versorgungsbereich, also beim Verkehr, bei Trinkwasser oder bei Energie liegt der Schwellenwert bei 412.000 Euro. Sind die obersten Bundesbehörden involviert, beträgt der Schwellenwert 133.000 Euro. In allen übrigen Fällen von Dienstleistungen und Lieferungen beträgt der Schwellenwert 206.000 Euro.

Im Rahmen des öffentlichen Vergaberechts muss, der öffentliche Auftraggeber viele Regeln einhalten. Er muss beispielsweise das gesamte Verfahren transparent gestalten, er darf nicht willkürlich entscheiden und er soll versuchen, mittelständische Unternehmer bestmöglich einzubeziehen. Hält er sich nicht an diese Vorschriften, dann kann jeder Wettbewerber mit der Behauptung, er sei in seinen Rechten verletzt, die Vergabekammer anrufen. Die Vergabekammer ist eine Prüfstellte, die überprüft, ob die Regeln eingehalten wurden. Sie kann allerdings nur auf Antrag hin, und nicht von selbst aus tätig werden.

Wird ein entsprechender Antrag gestellt, dann beginnt ein Verfahren vor der Vergabekammer. Beteiligt daran sind neben dem Antragssteller und dem öffentlichen Auftraggeber auch alle übrigen Unternehmen, die durch die Entscheidung in erheblicher Weise in ihren Rechten berührt werden.

Im Zuge dieses Verfahrens erforscht die Vergabekammer von Amts wegen den gesamten Sachverhalt. Die Verfahrensbeteiligten haben jedoch alle das Recht, Einsicht in die Akten der Vergabekammer zu nehmen. Nach Abschluss der Ermittlungen findet eine mündliche Verhandlung vor der Vergabekammer statt. Diese mündliche Verhandlung sollte sich nach Möglichkeit auf einen Termin beschränken. In diesem Termin haben alle Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit, ihre Sicht der Dinge zu schildern.

Stellt die Vergabekammer dann fest, dass ein Antragsteller durch das Vergabeverfahren in seinen Rechten verletzt wurde, dann leitet es die notwendigen Maßnahmen ein, um die Rechtsverletzung zu beseitigen. Einen einmal formwirksam erteilten Zuschlag kann die Vergabeprüfstelle allerdings nicht mehr aufheben. In solchen Fällen kommt lediglich ein Schadenersatz in Frage. Ein Schadenersatzanspruch besteht insbesondere dann, wenn ein Unternehmen eine echte Chance gehabt hätte, den Auftrag erteilt zu bekommen, wenn der öffentliche Auftraggeber sich an die Vorschriften des öffentlichen Vergaberechts gehalten hätte.

Gegen die Entscheidung der Vergabekammer ist eine sofortige Beschwerde beim Oberlandesgericht möglich. Die Beschwerde muss, wie der Name bereits vermuten lässt sofort, spätestens jedoch innerhalb von zwei Wochen eingelegt werden. Die Beschwerde kann von jedem Verfahrensbeteiligten eingelegt werden. Sämtliche Verfahrensbeteiligte sind dann auch wieder an dem Beschwerdeverfahren vor dem Oberlandesgericht beteiligt.

Zum Abschluss des Beschwerdeverfahrens trifft das Oberlandesgericht seine Entscheidung. Entweder lehnt es die Beschwerde ab, oder es gibt ihr stand. Im letzteren Falle kann es entweder die Vergabekammer verpflichten, das Verfahren erneut zu führen und dann unter Berücksichtigung der Rechtsansicht des Oberlandesgerichts eine Entscheidung zu treffen. Andernfalls kann es aber auch selbst in der Sache entscheiden. Gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts besteht kein Rechtsmittel mehr.

Stellt sich heraus, dass ein Antrag bei der Vergabekammer oder eine Beschwerde beim Oberlandesgericht missbräuchlich gestellt, beziehungsweise eingelegt wurde, dann hat der Antragsteller, beziehungsweise der Beschwerdeführer den übrigen Verfahrensbeteiligten deren Schaden zu ersetzen. Missbräuchlich ist ein Antrag oder eine Beschwerde dann, wenn dem Antragsteller, beziehungsweise dem Beschwerdeführer von Anfang an klar war, oder zumindest hätte klar sein müssen, dass er damit keine Aussicht auf Erfolg hat.

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