Warum sind öffentliche Ausschreibungen im Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe wichtig?


Das öffentliche Vergaberecht schreibt einem öffentlichen Auftraggeber vor, nach welchen Maßstäben er seine Aufträge an private Unternehmer zu vergeben hat. Ein öffentlicher Auftraggeber darf nämlich nicht einfach willkürlich entscheiden, wen er mit der Durchführung bestimmter Aufgaben betraut. Andernfalls würde er gegen die Grundrechte, insbesondere gegen die Berufsfreiheit verstoßen.

Warum eine Regulierung im Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe so wichtig ist, wird insbesondere dann klar, wenn man sich vor Augen führt, um welche Summen es sich handelt. Pro Jahr werden innerhalb der EU etwa 1,5 Billionen Euro von den Mitgliedsstaaten in öffentliche Aufträge investiert. Das sind mehr als 15 Prozent des gesamten Bruttoinlandproduktes der EU. Aufgrund dessen ist es besonders wichtig, dass einerseits allen Wettbewerben gleiche und faire Chancen bei der Vergabe der Aufträge eingeräumt werden, und dass anderseits der Staat derartige Beträge nicht einfach so, sondern nur nach genauer Überprüfung für das beste Angebot investieren darf.

Die öffentliche Vergabe eines Auftrages ist ein umfangreiches Prozedere. Es bei der Vergabe jedes öffentlichen Auftrages auszuführen, wäre unwirtschaftlich und wäre eine wohl kaum zu bewältigende Aufgabe für den Staat. Man stelle sich nur einmal vor, der Staat müsste eine öffentliche Ausschreibung vornehmen, bevor er eine neue Schachtel Bleistifte für irgendein winziges Amt in einer kleinen Regionalverwaltung bestellen würde. Deshalb findet das öffentliche Vergaberecht erst bei Aufträgen mit einer gewissen Größe Anwendung. Zur Feststellung, ob ein zu vergebender Auftrag öffentlich ausgeschrieben werden muss, gibt es sogenannte Schwellwerte. Sobald das Finanzvolumen des Auftrags den Schwellwert überschreitet, muss der Auftrag öffentlich ausgeschrieben werden.

Wird der zuständige Schwellenwert übertroffen, müssen die Regeln des öffentlichen Vergaberechts eingehalten werden. Der öffentliche Auftraggeber muss beispielsweise das gesamte Verfahren transparent gestalten, er darf nicht willkürlich entscheiden und er soll versuchen, mittelständische Unternehmer bestmöglich einzubeziehen. Hält er sich nicht an diese Vorschriften, dann kann jeder Wettbewerber mit der Behauptung, er sei in seinen Rechten verletzt, die Vergabekammer anrufen. Die Vergabekammer ist eine Prüfstellte, die überprüft, ob die Regeln eingehalten wurden. Sie kann allerdings nur auf Antrag hin, und nicht von selbst aus tätig werden.

Stellt die Vergabekammer fest, dass ein Antragsteller durch das Vergabeverfahren in seinen Rechten verletzt wurde, dann leitet es die notwendigen Maßnahmen ein, um die Rechtsverletzung zu beseitigen. Einen einmal formwirksam erteilten Zuschlag kann die Vergabeprüfstelle allerdings nicht mehr aufheben. In solchen Fällen kommt lediglich ein Schadenersatz in Frage. Gegen die Entscheidung der Vergabekammer ist eine sofortige Beschwerde beim Oberlandesgericht möglich.

Wird ein Auftrag vergeben, der nicht den Schwellenwert erreicht, dann findet das öffentliche Vergaberecht keine Anwendung. Dies bedeutet allerdings nicht, dass der öffentliche Auftraggeber keine Regeln mehr befolgen muss. Er ist grundrechtlich dazu verpflichtet, die öffentlichen Mittel sparsam und wirtschaftlich einzusetzen, und er darf einzelne Wettbewerber nicht willkürlich bevorzugen oder vernachlässigen. Andernfalls kann er sich gegenüber benachteiligten Wettbewerbern schadenersatzpflichtig machen.

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