Bedeutung und Funktion des Schutzes der Menschenwürde


Zunächst ist bei diesem besonderen Artikel erst einmal die Frage zu klären ob es sich hierbei überhaupt um ein Grundrecht handelt. Der Schutz der Menschenwürde ist im Vergleich zu den anderen Grundrechten etwas anders ausgestaltet.

Die Rechtsfolge wird in diesem Artikel ausdrücklich genannt, nämlich den Schutz der Menschenwürde. Letztlich spricht aber die Unabänderlichkeitsklausel für eine Sonderstellung der Menschenwürde. Der persönliche Schutzbereich klärt ob das Grundrecht jedem Menschen oder nur deutschen Staatsangehörigen zusteht, also wessen Lebensbereich geschützt wird. Bei dem Schutz der Menschenwürde sind alle Menschen unabhängig von Alter oder Nationalität, zum Teil sogar bis über den Tod hinaus geschützt. Sie ist nicht auf juristische Personen, demnach nicht auf Unternehmen anwendbar, allerdings unter Umständen auf die dahinter stehenden Personen. Auf die Menschenwürde kann man nicht wirksam verzichten. Der sachliche Schutzbereich klärt welcher Lebensbereich geschützt wird. Dieser wirft hier ebenfalls einige Probleme auf, denn der Begriff der Menschenwürde ist durch viele Jahrhunderte der Philosophiegeschichte gewandert.

Das Bundesverfassungsgericht definiert die Menschenwürde als Schutz des sozialen Wert- und Achtungsanspruchs der Menschen, der es verbietet den Menschen zum bloßen Objekt des Staates zu machen oder ihn einer Behandlung auszusetzen, die seine Stellung als Mensch prinzipiell in Frage stellt. Die Reichweite des Schutzbereich des Artikels ist aber eigentlich in Ansehung des konkreten Falls zu bestimmen. Es gibt aber zwei Ansatzpunkte zu einer positiven Bestimmung, nämlich die Menschenwürde als dem Menschen (von Gott oder der Natur) mitgegebener Wert und die Menschenwürde als Leistung der Identitätsbildung.

Fallgruppen in denen die Menschenwürde berührt wird sind zum Beispiel Diskriminierungen jeglicher Art, wie nach Alter, Geschlecht, Behinderung oder sozialer Stellung. Auch Folter oder die Androhung von Folter in Verhören oder im Gefängnis stellen eine Eingriff in den Schutz der Menschenwürde dar. Sklaverei und Menschenhandel lassen sich ebenfalls nicht mit der Menschenwürde vereinbaren. Die gezielte Tötung unschuldiger Menschen, wie oft in Kriegs- und Krisengebieten praktiziert sind ebenso verwerflich. Misshandlungen jeglicher Art, die Verletzung der körperlichen und seelischen Identität und Integrität sowie körperliche Strafen als auch die systematische Demütigung und Erniedrigung stehen im Gegensatz zur Menschenwürde.

Wegen des hohen Schutzwertes der Menschenwürde wird von einem Eingriff in diese gesprochen, wenn
• jemand zum bloßen Objekt einer staatlichen Maßnahme herabgewürdigt wird
• der absolute Achtungsanspruch des Einzelnen nicht beachtet wird
• der Kernbereich der privaten Lebensführung betroffen wird
• in besonders schwerwiegender Weise insbesondere auf die körperliche Integrität oder Identität Zugriff genommen wird
• die rechtliche Gleichheit massiv beeinträchtigt wird

Die Rechtfertigung eines Eingriffs in die Menschenwürde ist ausgeschlossen. Es gibt keinen ausdrücklichen Gesetzesvorbehalt, d.h. das Grundgesetz sieht überhaupt keine Eingriffe durch oder auf Grund des Gesetzes vor. Wegen der Unabänderlichkeitsklausel kann es keine Rechtfertigung durch kollidierendes Verfassungsrecht geben, sofern es nicht ebenfalls von diesem Artikel umfasst ist. Allerdings sind auch die in ihm genannten Grundrechte Ausfluss der Menschenwürde und scheiden deshalb zur Eingriffsermächtigung aus. Letzten Endes kann es keine Einschränkung der Menschenwürde zum Schutz der Menschenwürde eines anderen geben. Folglich stellt jeder Eingriff in die Menschenwürde zugleich einen Verstoß gegen sie dar. Insoweit ist die Menschenwürde tatsächlich unantastbar.

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