Die Insolvenzantragspflicht


Sobald eine juristische Person zahlungsunfähig wird oder sich im Zustand der Überschuldung befindet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans einen Insolvenzantrag beim zuständigen Insolvenzgericht zu stellen. Solche Mitglieder sind die Vorstände bei einer Aktiengesellschaft oder der Geschäftsführer bei der GmbH. Der Antrag muss ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung gestellt werden. Diese Frist gilt aber auch nur in den Fällen in denen noch Aussicht auf Sanierung besteht. Das ist beispielsweise dann so, wenn ein größerer Auftrag in dieser Zeit noch bezahlt werden wird oder wenn ein Schausteller nach einer miserablen Saison nun direkt vor dem Münchner Oktoberfest in die Zahlungsunfähigkeit gerät, aber auch weiss, dass man mit einem durchschnittlichen Verlauf dieses Festes wird wieder alle Rechnungen begleichen kann. Jedoch ist Vorsicht geboten, denn wer die Insolvenz verschleppt macht sich strafbar und das kann mit bis zu drei Jahren Haft in einer Justizvollzugsanstalt geahndet werden.

Desweiteren können Geschäftshandlungen im Zustand der Insolvenzreife dazu führen, dass andere Personen über die Zahlungsfähigkeit oder Leistungsfähigkeit des Unternehmens getäuscht werden und aufgrund dieser Täuschung eine Vermögensverfügung tätigen und einen Vermögensschaden erleiden. Das stellt dann den Tatbestand des Betruges dar. Wer also im Zustand der Insolvenzreife weiter am Markt agiert begeht leicht einen tatbestandlichen Betrug. Dies wiederum führt ebenso zur Strafbarkeit. Manche „Täter“ sind von einer solchen Arbeitswut getrieben und wollen nur die Rettung ihres Unternehmens, schädigen dabei aber andere Gläubiger und begehen auf diese Weise eine Vielzahl an Betrugsstraftaten. Lange Haftstrafen sind häufig die Folge. Das Unverständnis bei den Verurteilten ist dann meist groß. Ein Zustand den es dringend zu vermeiden gilt, weswegen eine gute Finanz-, Rechts- und Steuerberatung sowie ein gutes Risikomanagement unerlässlich sind.

Im Fall der Führungslosigkeit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist auch jeder Gesellschafter, im Fall der Führungslosigkeit einer Aktiengesellschaft oder einer Genossenschaft ist auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Stellung des Antrags verpflichtet, es sei denn, diese Person hat von der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis. Dabei soll schon Fahrlässigkeit ausreichen, insbesondere wer von diesen Umständen eine grobe Ahnung hat, dann in der Folge diesem Verdacht aber nicht nachgeht. Auch wer riskiert, dass Schuldner geschädigt werden, macht sich Schadensersatzpflichtig, da dies gegen die guten Sitten verstößt und die Gläubiger schädigt.

Insgesamt gesehen können die Gläubiger vom Verursacher der Insolvenz, also dem Geschäftsführer Vorstand oder ähnlichem auch persönlich die Schulden bezahlt verlangen oder Schadensersatz beanspruchen. Daran ändert auch nicht die Rechtsform mit der Haftungsbeschränkung etwas. Grund dafür ist, dass die Insolvenzantragspflicht ein Schutzgesetz ist, das die Gläubiger und ihre individuellen Interessen schützen soll. Nach den Vorschriften über den Schadensersatz im Falle von unerlaubten Handlungen im Bürgerlichen Gesetzbuch können Geschädigte leicht die Verursacher in die Pflicht nehmen und von ihnen das Geld verlangen. Auch Berater dieser Entscheidungsträger wie Rechtsanwälte oder Steuerberater können haftungsrechtlich zur Verantwortung gezogen werden, wenn sie nicht rechtzeitig dem Mandanten raten der Insolvenzantragspflicht nachzukommen. Unter Umständen können sie sich sogar selbst strafbar machen, denn bei dieser Straftat ist eine Beihilfe möglich und der Gehilfe wird im Strafrecht grundsätzlich wie der Täter bestraft. Die Notbremse für den Berater ist daher die rechtzeitige Niederlegung des Mandats.

Aufgrund der Finanzkrise hat die Bundesregierung das sogenannte Finanzmarktstabilisierungsgesetz erlassen. Teil dieses Gesetzes ist eine Regelung, die drohende Unternehmenspleiten abwenden soll. Demzufolge wurde die Definition was eine Überschuldung darstellen soll geändert. Jedoch nicht für alle Zeit sondern lediglich auf einige Jahre befristet. Diese Definitionsänderung soll Unternehmen ein breiteres Handlungsfeld eröffnen ohne, dass sie gleich den Tatbestand der Überschuldung erfüllen. Wie viele Unternehmen dadurch gerettet und vor der Insolvenzantragspflicht verschont wurden, ist jedenfalls noch offen.

Merkt man als Unternehmer, dass man in Schieflage gerät und sollten Sanierungsmaßnahmen im Rahmen einer Fortführungsprognose keinen Erfolg versprechen bleibt einem nur der Gang zum Insolvenzgericht. Ein Anwalt der im Insolvenzrecht firm ist kann aber auch dabei unterstützen.
Nach dem Antrag wird dem Grundsatz nach ein Insolvenzverwalter bestellt werden, welcher dann versucht die Insolvenzlage zu beseitigen. Im Gegensatz zum früher geltenden Konkursrecht wird heute nicht mehr die Zerschlagung und Liquidation des Unternehmens in Angriff genommen, sondern eher die Fortführung des Unternehmens und den Erhalt von Standorten und Arbeitsplätzen. Leider jedoch ist dies oft nur ein frommer Wunsch. Denn wenn nichts mehr zu retten ist bleibt auch bei allen guten Vorsätzen lediglich die Abwicklung des Unternehmens und der Verkauf aller noch zu verwertenden Gegenstände oder auch Marken und Patente.

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