Versicherungsmissbrauch als Wirtschaftsstraftat


Immer häufiger versuchen Menschen, bei ihrer Versicherung Schäden abzurechnen, die in Wirklichkeit gar nicht angefallen sind, oder die zumindest nicht vom Versicherungsschutz umfasst werden. Wer dies tut, begeht einen Versuch zulasten der Versicherung, oder zumindest einen entsprechenden Versuch. Wegen der Zunahme derartiger Fälle, insbesondere im Rahmen der privaten oder der Kfz-Haftpflichtversicherung, ist nun auch die reine Vorbereitung eines solchen Betrugsversuches als Versicherungsmissbrauch unter Strafe gestellt worden. Es drohen eine Geldstrafe bis hin zu einer dreijährigen Haftstrafe. Resultiert der Versicherungsmissbrauch letztendlich tatsächlich in einem Versicherungsbetrug oder zumindest in einem entsprechenden Versuch, dann findet die Strafbarkeit des Versicherungsmissbrauchs keine Anwendung mehr.

Ein Versicherungsmissbrauch liegt immer dann vor, wenn jemand derart auf eine versicherte Sache einwirkt, dass grundsätzlich ein Versicherungsfall eintreten würde. Das liegt zum Beispiel dann vor, wenn jemand ein gegen Zerstörung versichertes Porzellanservice zerbricht, ein gegen Verlust oder Diebstahl versichertes Mobiltelefon absichtlich verliert oder einem anderen überlässt, oder ein gegen Brandschäden versichertes Gebäude entzündet. All diese Fälle müssen absichtlich begangen werden. Niemand wird bestraft, weil ihm aus Versehen ein Teller des Porzellanservices herunterfällt, oder weil er unabsichtlich sein Mobiltelefon in einem Café liegen lässt. Die Tathandlung muss begangen werden, um unberechtigterweise eine Leistung von der Versicherung zu erhalten. Das bedeutet, man darf beispielsweise sein Porzellanservice auch absichtlich an die Wand werfen, solange man nicht vorhat, den Schaden der Versicherung zu melden. In all diesen Fällen ist auch bereits der Versuch strafbar.

Täter eines Versicherungsmissbrauchs können nicht nur der Versicherungsnehmer oder der Eigentümer der versicherten Sache sein, sondern grundsätzlich jeder. Erforderlich ist nur der Wille, eine Leistung der Versicherung zu bewirken. Die Absicht, sich selbst dadurch zu bereichern, ist ebenfalls nicht erforderlich. Es reicht hier ein mittelbares Interesse, beispielsweise, wenn der Täter will, dass seine Ehefrau eine Leistung der Versicherung ausgezahlt bekommt. Eine derartige Absicht liegt nicht vor, wenn der Täter zwar weiß, dass die Versicherung eine Leistung auszahlen wird, dies dem Täter aber gleichgültig ist. Zerbricht beispielsweise jemand absichtlich das Porzellanservice eines anderen, um sich an dem zu rächen, dann weiß der Täter, das der andere den Schaden von der Versicherung ersetzt bekommen wird. Darauf kam es dem Täter jedoch nicht an. Eine Strafbarkeit wegen eines Versicherungsmissbrauchs kommt hier nicht in Betracht, gleichwohl jedoch, wegen einer Sachbeschädigung.

Tatobjekt können dementsprechend auch sämtliche versicherten Sachen sein, unabhängig davon, wem sie gehören. Erforderlich ist lediglich ein formell gültig abgeschlossener Versicherungsvertrag über die betroffene Sache. Ob der Versicherungsvertrag auch materiell gültig ist, spielt ebenfalls keine Rolle. Erforderlich ist allerdings, dass die Versicherung den unmittelbaren Schaden abdeckt und nicht bloß ein Folgerisiko. Zündest beispielsweise jemand sein nicht gegen Brandschäden versichertes Haus an und kann deswegen sein von zuhause aus betriebenes Geschäft nicht mehr ausüben, dann handelt es sich nur um einen Folgeschaden, der nicht von der Strafbarkeit eines Versicherungsmissbrauchs umfasst ist. Nichts desto trotz kann hier eine Strafbarkeit wegen Betrugs gegeben sein.

Der Versicherungsmissbrauch ist die Vorbereitungshandlung zum Versicherungsbetrug. Er ist also folglich abgeschlossen, sobald die versicherte Sache beschädigt, zerstört, oder beiseite geschafft wurde. Weitere Handlungen, wie beispielsweise eine Anzeige bei der Versicherung sind nicht mehr erforderlich, dies ist nämlich bereits die Tathandlung des Versicherungsbetrugs.

Der Tatbestand des Versicherungsmissbrauchs ist wegen seiner sehr weiten Fassung rechtlich umstritten. Deswegen ist unter anderem anerkannt, dass ein Rücktritt von der Tat grundsätzlich auch noch nach der Vollendung möglich ist. Aufgrund seiner Fassung liegt ein strafbarer Versicherungsmissbrauch bereits vor, wenn jemand beschließt, eine gegen Diebstahl versicherte Sache bei der Versicherung als gestohlen zu melden und die Sache deswegen versteckt. Entschließt er sich nun um, holt die Sache wieder hervor und meldet sie der Versicherung doch nicht als gestohlen, hätte er sich nach dem Wortlaut des Versicherungsmissbrauchs trotzdem strafbar gemacht. Um derartig unverhältnismäßige Ergebnisse zu vermeiden, ist in diesem Fall auch nach der bereits eingetretenen Vollendung noch ein Rücktritt möglich. Dies gilt jedoch nur, solange die Versicherung noch nicht informiert wurde. Ab diesem Punkt nämlich handelt es sich um einen Versuch des Betruges, der die Anwendung eines Versicherungsmissbrauchs ausschließt.

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