Vertragsunwirksamkeit durch Störung der Geschäftsgrundlage


Gehen zwei Vertragsparteien gleichermaßen bei Vertragsschluss von einem falschen Sachverhalt aus und hätten sie unter Kenntnis des richtigen Sachverhaltes den Vertrag so nicht geschlossen, dann sind die Grundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage anwendbar. Dieses Institut durchbricht den Grundsatz der Vertragsbindung („pacta sunt servanda“) und ist bedingt durch den Grundsatz von Treu und Glauben nur dann anwendbar, wenn andere Möglichkeiten nicht bestehen. Deshalb kann es nur im Ausnahmefall angewendet werden. Dabei handelt es sich um ein Institut, das zwar im Gesetz geregelt ist, aber weitestgehend von der Rechtsprechung geprägt worden ist.

Unterschieden wird zwischen zwei Anwendungsfällen, dem Wegfall der Geschäftsgrundlage und der Störung der Geschäftsgrundlage. Bei ersterem handelt es sich um einen nachträglich eingetretenen Umstand, der das Festhalten am Vertrag unzumutbar macht.

Beispiel: A und B schließen einen Kaufvertrag. Kurz nach dem Vertragsschluss, aber noch vor Bezahlung des Kaufpreises, ändert sich die gesellschaftspolitische Situation, es kommt zu einer Inflation oder das Geld ist nur noch halb so viel wert wie vorher. Jetzt würde ein Festhalten an dem vorherigen Preis für den Käufer unzumutbar sein, eine Anpassung des Vertrages wäre angemessen.

Beim letzerem hingegen handelt es sich um einen Umstand, der schon beim Vertragsschluss vorliegt und von dem beide Vertragsparteien nicht gewusst haben.

Beispiel: A kauft von B einen PKW, wobei A und B jeweils Autohändler sind. Sie vereinbaren einen Preis nach der Schwacke-Liste, wobei sie beide unwissentlich in der Zeile verrutschten und den Preis zu hoch berechnen. Da beide diesen Fehler gemacht haben und deshalb auf beiden Seiten das Risiko der Falschberechnung lag, kann A nun wegen Störung der Geschäftsgrundlage die Vertragsanpassung verlangen.

Liegt die Störung der Geschäftsgrundlage vor, können verschiedene Rechtsfolgen eintreten: Die Anpassung des Vertrages, der Rücktritt oder die Kündigung. Grundsätzlich ist die vorrangige Rechtsfolge die Vertragsanpassung. Danach muss der Vertrag dann so umgestaltet werden, wie er in Wirklichkeit gewollt war. Der Vertragspartner muss sich dann die Vertragsanpassung gefallen lassen. Wichtig ist hier, dass, wenn solch ein Fall vorliegt, eine gerichtliche Klage nicht auf Vertragsanpassung gerichtet sein muss, sondern gleich auf den Anspruch, der aus dem angepassten Vertrag resultiert, hinauslaufen kann.

Es kommt allerdings vor, dass eine Vertragsanpassung nicht möglich ist, weil es durch tatsächliche Verhältnisse einfach nicht möglich ist oder es dem anderen Vertragspartner schlicht und einfach unzumutbar wäre, den Vertrag anzupassen. Dann kommen, je nach Vertragstyp, der Rücktritt und die Kündigung in Betracht. Handelt es sich um ein Dauerschuldverhältnis (zum Beispiel um einen Mietvertrag), dann steht der Vertragspartei ein Kündigungsrecht zu. Liegt kein Dauerschuldverhältnisvor (sondern zum Beispiel ein Kaufvertrag), dann kann die Vertragspartei, die sich auf die Störung der Geschäftsgrundlage beruft, zurücktreten. Mit Kündigung und Rücktritt löst sich die Partei dann von dem Vertrag und es entsteht ein Rückgewährschuldverhältnis. Das heißt, falls die Vertragsleistungen schon ausgetauscht worden sind, müssen sie zurückgegeben werden. Der Mieter zum Beispiel muss dann die Mietwohnung zurückgeben und für die Zukunft keine Miete mehr zahlen, der Käufer bekommt vom Verkäufer den Kaufpreis zurück und der Verkäufer die Kaufsache vom Käufer.

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