Wann kann der Rechtsmissbrauch geltend gemacht werden?


Unter dem Stichwort unzulässige Rechtsausübung versteht man den Rechtsmissbrauch. Dieser kann geltend gemacht werden, wenn eine Vertragspartei der Meinung ist, die andere Partei hätte Rechtsmissbrauch betrieben. Dann kann die Vertragspartei Einwendungen geltend machen und ist so nicht zum Austausch der Leistung verpflichtet.

Rechtsmissbrauch wird auch unter dem Stichwort Treu und Glauben geführt. Darunter wird eine gesetzliche Generalklausel bestimmt, die einen gewissen Rahmen und Grenzen für vertragliches Handeln setzt.

Wichtigste Folge aus dem Grundsatz Treu und Glauben ist die gegenseitige Rücksichtnahme. So muss jede Vertragspartei auf die andere Rücksicht nehmen. Diese Rücksichtnahme geht nur soweit, dass sie der anderen Vertragspartei zumutbar sein muss. Allerdings sind die Grenzen der Rücksichtnahme schwer abschätzbar. Konkretisiert werden sie teilweise durch den Grundsatz der Rücksicht auf die Verkehrssitte, so dass bei jedem Vertrag die Gepflogenheiten des Üblichen berücksichtigt werden müssen.

Wichtig ist zu wissen, dass ein Richter bei seiner Urteilsfindung, zum Beispiel wenn es um Vertragsauslegung geht, immer in Rücksicht auf Treu und Glauben handelt. Er wird also nur soweit Gesetze oder Verträge auslegen, wie es Treu und Glauben erlaubt. Dabei nimmt er auch Rücksicht auf die Verkehrssitte.

Im Einzelnen ist es trotzdem schwierig, festzustellen, welches Verhalten gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt. Deshalb muss man sich dabei an dem orientieren, was der Bundesgerichtshof in früheren Fällen als Verstoß gewertet hat.
Zur Verdeutlichung sollen drei Beispiele genannt werden:

Wenn ein Vermieter dem Mieter fristlos kündigen möchte, weil dieser den Vertrag verletzt hat, dann muss er den Mieter vorher abmahnen. Diese Abmahnung ist, ähnlich wie bei Arbeitsverträgen, dazu gedacht, dass der Mieter den Grund zur fristlosen Kündigung beseitigen kann und ab dann vertragsgemäß handeln kann. Findet keine vorherige Abmahnung statt, verstößt die fristlose Kündigung gegen Treu und Glauben und die Kündigung kann nicht durchgesetzt werden.

Rechtsmissbrauch wird auch angenommen, wenn eine Vertragspartei eine Leistung verlangt, die sie sofort wieder herausgeben muss. Wenn der Vermieter also vom Mieter die Wohnung heraus verlangt, weil der Mietvertrag durch Zeitablauf beendet wurde, der Mieter aber vom Vermieter die Wohnung nach Ende des Mietvertrages gekauft hat und somit einen Anspruch auf diese hat, dann ist es vom Vermieter unzulässig, diese heraus zu verlangen, da er sie an ihn sofort wieder zurückgeben müsste. Auch das wird dann Rechtsmissbrauch genannt.

Ein letztgenannter Fall der unzulässigen Rechtsausübung kann vorliegen, wenn eine Vertragspartei ein Gesetz gegen dessen Rechtsgedanken anwendet. So kann es sein, dass wörtlich ein Gesetz für einen bestimmten Fall anwendbar ist, dieses aber nicht dem Rechtsgedanken des Gesetzes entspricht. Das darf nicht ausgenutzt werden und verstößt deshalb gegen Treu und Glauben.

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