Die Einstellung eines Strafverfahrens


Auch wenn man als Bürger das Recht auf einen effektiven Rechtschutz hat und somit einen Anspruch darauf, dass die Justiz und ihre Behörden alle Fälle zeitgerecht und richtig bearbeitet, hat die Judikative in bestimmten Situationen die Möglichkeit, Akten vorzeitig zu schließen. Zum einen, um sich selbst vor der Flut der Fälle und der daraus resultierenden Arbeitsüberlastung zu schützen, zum anderen, um bei bestimmten Fällen durch Einstellung des Verfahrens betroffene Bürger nicht bestrafen zu müssen, die nur eine geringe Schuld haben. Es gibt also einige Gründe warum ein Strafverfahren eingestellt werden kann.

Die Voraussetzung für eine Verfahrenseinstellung wegen Geringfügigkeit ist, dass es ein Vergehen und kein Verbrechen zum Gegenstand hat. Ein Verbrechen ist jede Straftat, die mit einer Mindeststrafe von einem Jahr Gefängnis bewährt ist. Bei einem Vergehen, also bei Straftaten, die mit einer nicht so hohen Freiheitsstrafe oder mit einer Geldstrafe bedroht sind, kann die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts von der Verfolgung absehen. Eine weitere Voraussetzung ist, dass die Schuld des Täters als gering bewertet werden kann und kein öffentliches Interesse an der weiteren Strafverfolgung besteht. Ein solches öffentliches Interesse besteht beispielsweise dann, wenn wichtige Kulturgüter oder die Infrastruktur beschädigt wurden. Das öffentliche Interesse fehlt besonders in den Fällen, in denen leichte Straftaten innerhalb einer Familie oder in einer intakten Nachbarschaft begangen wurden. Das Gleiche kann in Steuerstrafsachen geschehen, wenn die Steuerverkürzung nur sehr gering war.

Die Staatsanwaltschaft muss das Verfahren einstellen, wenn sie nicht von der Schuld des Angeklagten überzeugt ist. Insbesondere dann, wenn die Ermittlungen der Polizei nicht ergeben konnten, dass der Beschuldigte tatsächlich auch der Täter der Straftat war, darf dieser nicht angeklagt werden. Der Grundsatz „in dubio pro reo“, also „im Zweifel für den Angeklagten“ gilt hier besonders, denn wurden nicht alle Zweifel bezüglich der Unschuld des möglichen Straftäters beseitigt, so ist dieser freizusprechen. Von der Einstellung setzt die Polizei den Beschuldigten in Kenntnis. Sitzt dieser zu diesem Zeitpunkt noch in der Untersuchungshaft, so ist er sofort freizulassen. Gegebenenfalls ist er für die Dauer der Haftzeit, die er in einer Justizvollzugsanstalt abgesessen hat, auch finanziell zu entschädigen. Dasselbe gilt, wenn der Beschuldigte um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

Desweiteren muss das Verfahren eingestellt werden, wenn sich gar kein Täter ermitteln lässt, wenn die Tat verjährt oder sogar gerechtfertigt war, weil es sich beispielsweise um Notwehr gehandelt hat. Außerdem dann, wenn der Täter aufgrund des Alters oder des Geisteszustandes schuldunfähig war. Hat beispielsweise ein zwölfjähriger eine Straftat begangen, so wird das Verfahren eingestellt, da man in Deutschland erst ab dem 14. Lebensjahr strafmündig ist. Auch wenn das Strafverfahren eingestellt ist, können Schadensersatzforderungen auf das Kind oder die Eltern zukommen. Denn die Deliktsfähigkeit, die einen eventuellen Schadensersatzanspruch begründet, beginnt bereits früher.

Bestehen die Voraussetzungen für die Einstellung eines Verfahrens, so dass das Gericht von einer Strafe absehen könnte, kann die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des Gerichts, welches für die Durchführung der Hauptverhandlung zuständig ist, von der Erhebung der öffentlichen Klage absehen. Wurde zu diesem Zeitpunkt die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht bis zum Beginn der Hauptverhandlung mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren einstellen.

Die Verfahrenseinstellung kann auch von der Erfüllung von Auflagen, wie beispielsweise der Wiedergutmachung des Schadens, dem Zahlen einer Geldbuße oder gar der Ableistung bei einer gemeinnützigen Einrichtung, abhängig gemacht werden. In der Praxis wird die Staatsanwaltschaft beispielsweise einen kleinen erstmaligen Diebstahl einstellen und dafür die Rückgabe der Sache und ein Bußgeld anordnen. Bei der Sachbeschädigung kann die Wiedergutmachung des Schadens verlangt werden. Das verhängte Bußgeld wird entweder an die Staatskasse oder an eine von der Staatsanwaltschaft festgesetzte gemeinnützige Organisation überwiesen. Insbesondere in Jugendverfahren werden in Deutschland viele Verfahren gegen Auflagen eingestellt. Der Grund dafür ist, dass im Jugendstrafrecht die Erziehung und nicht die Bestrafung im Vordergrund steht. Jugendlichen soll durch kleine Jugendsünden nicht ihr Leben verbaut werden, sie sollen durch die Ableistung von gemeinnütziger Arbeit, beispielsweise in einem Kindergarten oder Altenheim, über ihre begangenen Taten nachdenken und feststellen, dass diese Unrecht war.

So besteht also die Hoffnung, dass die jugendlichen Straftäter durch solche kleinen Denkzettel wachgerüttelt und wieder auf die richtige Spur gebracht werden, ihnen aber dennoch durch die Behörden nichts verbaut wird. Denn dies könnte durch die Bestrafung mit einen längeren Haftstrafe der Fall sein, denn dann wären sie bereits vorbestraft und das würde sich bei einem Vorstellungsgespräch, bei dem man beispielsweise sein polizeiliches Führungszeugnis vorzeigen muss, möglicherweise negativ auswirken.

Durchsuchen Sie Rechtssartikel