Wann kann ein Verfahren wegen Geringfügigkeit eingestellt werden?


Wenn eine Straftat nicht besonders schwerwiegend ist, kann das Strafverfahren eingestellt werden. Dies hat vor Allem den Zweck, dass die Gerichte nicht über Gebühr belastet werden und sich auf diese Weise vor Arbeitsüberlastung schützen können, damit die Bagatellfälle nicht überhand gewinnen. In der Öffentlichkeit stößt dies manchmal auf Ablehnung, weil Täter dann ja mehr oder weniger ungestraft davonkommen.

Die Voraussetzung für eine Verfahrenseinstellung ist, dass es ein Vergehen und kein Verbrechen zum Gegenstand hat. Ein Verbrechen ist jede Straftat, welche eine Mindeststrafe von einem Jahr Haftstrafe hat. Liegt also lediglich ein Vergehen, also beispielsweise eine Sachbeschädigung, vor, welche mit keiner so großen Strafe bedroht ist, so kann die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts von der Verfolgung absehen.

Eine weitere Voraussetzung ist, dass die Schuld des Täters als gering bewertet werden kann und kein öffentliches Interesse an der weiteren Strafverfolgung besteht. Ein solches öffentliches Interesse besteht beispielsweise dann, wenn wichtige Kulturgüter oder gar die Infrastruktur beschädigt wurden. Das öffentliche Interesse fehlt besonders in den Fällen, in denen leichte Straftaten innerhalb einer Familie oder in einer intakten Nachbarschaft begangen wurden. Dort nämlich will sich der Staat nicht immer einmischen und intakte vorhandene Strukturen beschädigen oder zerstören. Die Zustimmung des Gerichtes kann sogar entfallen, wenn das Vergehen gar keine Mindeststrafe nach sich zieht. Außerdem müssen die durch die Tat verursachten Folgen gering sein.

Wurde die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren einstellen, sofern die genannten Voraussetzungen vorliegen. Dies wird dann immer in der jeweiligen Hauptverhandlung von dem Gericht oder der Staatsanwaltschaft angesprochen.

Die Staatsanwaltschaft kann auch nach den Vorschriften der Abgabenordnung von der Verfolgung einer Steuerhinterziehung absehen, wenn nur eine geringwertige Steuerverkürzung eingetreten ist oder nur geringwertige Steuervorteile erlangt wurden. Die Zustimmung des für das Hauptverfahren zuständigen Gerichts kann entfallen, wenn die Schuld des Steuersünders als gering anzusehen ist und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht.

Die Einstellung kann auch von der Erfüllung von Auflagen, wie beispielsweise der Wiedergutmachung des Schadens, des Zahlens einer Geldbuße oder gar des Ableistens einer gemeinnützigen Arbeit, abhängig gemacht werden. In der Praxis wird die Staatsanwaltschaft beispielsweise einen kleinen erstmaligen Diebstahl einstellen und dafür die Rückgabe der Sache und ein Bußgeld anordnen. Bei der Sachbeschädigung kann die Wiedergutmachung des Schadens verlangt werden. Das verhängte Bußgeld wird entweder an die Staatskasse oder an eine von der Staatsanwaltschaft festgesetzte gemeinnützige Organisation überwiesen.

Insbesondere in Jugendverfahren werden in Deutschland viele Verfahren gegen das Ableisten von Auflagen eingestellt. Der Grund dafür ist, dass im Jugendstrafrecht die Erziehung und nicht die Bestrafung im Vordergrund stehen soll, denn es besteht die Hoffnung, dass die jugendlichen Straftäter sich solche Denkzettel merken und dann keine Straftaten mehr begehen. Insbesondere möchte der Staat mit seinen Sanktionen keinem Jugendlichen die Zukunft verbauen.

Kritiker bemängeln, dass in Deutschland zu viele Verfahren eingestellt würden. Sie fordern mehr Personal um alle Fälle auch ausgiebig bearbeiten zu können, damit keine Strafbarkeitslücken entstehen. Wurde man also das Opfer einer leichten Straftat, sollte man sich nicht wundern, wenn ein Verfahren eingestellt wird, insbesondere dann, wenn Maßnahmen des Täter-Opfer-Ausgleichs vorgenommen wurden. Als Täter eines Vergehens sollte man sich nicht allzu sicher sein, dass ein Verfahren eingestellt wird. Insbesondere hat man darauf keinen Anspruch! Außerdem gibt es auch keinen Anspruch auf eine Gleichbehandlung im Unrecht. Ein erfahrener Rechtsbeistand, also ein Strafverteidiger, kann aber darauf hinwirken, dass ein Gericht oder die zuständige Staatsanwaltschaft eher geneigt sein wird, eine solche Entscheidung zu treffen.

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