MT Eigenschaften des Rechts am Unternehmen als Ergänzung der gewerblichen Schutzrechte


Einleitung

Der gewerbliche Rechtsschutz stellt sich bei genauer Betrachtung als Nebengebiet des Bürgerlichen Rechts dar. Daher ist es grundsätzlich auch möglich, die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches heranzuziehen, wenn die Sondergesetze der gewerblichen Schutzrechte einer Ergänzung bedürfen. Die Heranziehung der Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches zur Ergänzung der Sondergesetze des gewerblichen Rechtsschutz verbietet sich allerdings immer dann, wenn durch die spezielle Regelung der Sondergesetze die abschließende und ausschließliche Regelung eines Sachverhalts beabsichtigt ist.

Recht am Unternehmen als absolutes Recht

Die gewerblichen Schutzrechte werden auch durch das Recht am Unternehmen, bekannt als Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, welches die Rechtsprechung als absolutes Recht im Sinne des Deliktsrechts ansieht, ergänzt. Jedoch dient das Recht am Unternehmen lediglich als Auffangtatbestand und bezweckt - wie auch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - den Schutz der selbständigen Unternehmerleistung im Allgemeinen. Im seinem Kern besteht das Unternehmen aus dem Ergebnis der Leistung des Unternehmers. Dieses Ergebnis wird auch als objetivierter Tätigkeitsbereich bezeichnet, zu dem unter Anderem die Produktions- und Absatzorganisation zählen, außerdem der Ruf, die Werbekraft, Geschäftserfahrungen, gespeicherte Informationen, Kennzeichen und Ähnliches. Das Unternehmen ist ein im Verkehr verselbständigtes Geistesgut und somit ein Immaterialgut. Zum ihm gehört daneben aber auch die laufende Unternehmertätigkeit, durch die das Unternehmen den sich ständig ändernden Wirtschaftsbedingungen angepasst wird, neue Beziehungen geknüpft sowie neue Absatzmärkte erschlossen werden. Es ergibt sich also eine Zuordnung einer Art Zubehör zum Unternehmen. Hierzu zählen beispielsweise eine Reihe von Einzelrechten und Einzelgütern, wie Gebäude, Waren, Maschinen, Forderungen, Patentrechte und so weiter.

Der durch die Rechtsprechung gewährte Schutz erstreckte sich zunächst auf die Verkörperung der Unternehmertätigkeit im eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Eine Rechtsverletzung wurde in diesem Zusammenhang nur dann angenommen, wenn Eingriffe vorlagen, die sich gegen die körperlichen Grundlagen des Betriebs richteten und unmittelbar dessen Bestand berührten. Dies konnte zum Beispiel der Fall sein, wenn der Betrieb tatsächlich gehindert oder seine rechtliche Zulässigkeit abgelehnt wurde oder seine Schließung oder eine Einschränkung verlangt wurde. In der späteren Rechtsprechung erstreckte sich der Schutz dann auch auf die Tätigkeit selbst sowie den geistigen Tätigkeitsbereich. Hierfür wurde der durch das bürgerlich-rechtliche Deliktsrecht gewährte Schutz vom Reichsgericht zunächst in Wettbewerbs- und Warenzeichensachen auf jedwede schuldhafte Beeinträchtigung der gewerblichen Betätigung und Entfaltung oder des gewerblichen Tätigkeitsbereichs ausgedehnt. Später schützte der Bundesgerichtshof die gewerbliche Betätigung sowie den gewerblichen Tätigkeitsbereich auch gegen solche Beeinträchtigungen, die nicht im geschäftlichen Verkehr und auch nicht zu Zwecken des Wettbewerbs erfolgten. Das Bundesverfassungsgericht ist dieser Linie in der Rechtsprechung grundsätzlich gefolgt.

Doppelnatur des Rechts am Unternehmen

In dem Recht am Unternehmen verbinden sich das Persönlichkeitsrecht an der Unternehmertätigkeit und das Immaterialgüterrecht am objektivierten Tätigkeitsbereich. Neben dieser Verbindung stehen die Einzelrechte an denjenigen Sachen, Forderungen, Erfindungen und Ähnlichem, die dem Unternehmen zu dienen bestimmt sind. Insofern weist das Recht am Unternehmen eine Doppelnatur auf. Über die Frage, ob am Unternehmen ein Recht besteht und bejahendenfalls, welcher Art dieses Recht ist, besteht allerdings Streit. Teilweise wird das Unternehmen nämlich lediglich als tatsächlicher Zustand oder als Vermögen beziehungsweise Sondervermögen angesehen. Teils wird es als eigentumsähnliches Recht angesehen. Das Reichsgericht sprach zunächst von einem Recht am Immaterialgute, später von einem Persönlichkeitsrecht am Bereich der Gewerbetätigkeit. Auch greift der durch das Grundgesetz gewährte Schutz des Eigentums grundsätzlich ein. Nicht erfasst von diesem Schutz werden jedoch Chancen und Verdienstmöglichkeiten, für die jedoch durch die ebenfalls verfassungsrechtliche Berufsfreiheit Schutz erlangt werden kann.

Eingriffe in das Recht am Unternehmen

Nach den Vorschriften des Deliktsrechts des Bürgerlichen Gesetzbuches genießt das Unternehmen in seinem persönlichkeitsrechtlichen und immaterialgüterrechtlichen Teil absoluten Rechtsschutz. Der Inhaber des Unternehmens hat also die Möglichkeit, gegen die Behinderung seiner Unternehmertätigkeit - seiner Entschließungs- oder Betätigungsfreiheit - oder die Behinderung des von ihm geschaffenen Tätigkeitsbereichs mit der Schadensersatzklage nach dem bürgerlich-rechtlichen Deliktsrechts oder einer Unterlassungs- oder Beseitigungsklage entsprechend den Vorschriften über die Rechte aus dem Eigentum vorzugehen. Eine Herausarbeitung der verschiedenen Schutzbereiche und Schutzgegenstände ist in diesem Zusammenhang jedoch stets von Nöten, da nur auf diese Weise eine berechenbare Abgrenzung erfolgen kann. Logischerweise kann der Inhaber des Unternehmens nicht verlangen, gegen jede Art von Beeinträchtigungen geschützt zu werden. So sind zum Beispiel solche Schäden, die den Grundsätzen des Leistungswettbewerbs entsprechen, keine Rechtsverletzungen im Sinne des Deliktsrechts. Hierzu zählt zum Beispiel der Fall, dass ein Unternehmen dadurch vernichtet wird, dass ein Konkurrent bessere und günstigere Waren auf den Markt bringt.

Als typische Verletzungen im Sinne des bürgerlich-rechtlichen Deliktsrechts stellen sich hingegen Geschäftsehrverletzungen, Boykotte und Aufforderungen zu solchen, die Blockade eines Geschäftsbetriebs, die Missachtung der betrieblichen Geheimsphäre sowie Schutzrechtsverwarnungen, durch die die Einschränkung oder Einstellung eines Betriebs verlangt wird, dar. Jedoch muss immer beachtet werden, dass selbst solche Beeinträchtigungen durch ein überwiegendes Interesse gerechtfertigt sein können. Nicht ausreichend kann es jedoch sein, in solchen Fällen allein auf eine Interessenabwägung im Einzelfall abzustellen. Eine im Sinne der Rechtsstaatlichkeit erforderliche Berechenbarkeit kann weitgehend dadurch erzielt werden, dass innerhalb des Unternehmens nach Schutzbereichen, Schutzgegenständen und typischen Eingriffsarten unterschieden wird.

Keinen Eingriff in das Unternehmen stellt grundsätzlich die Verletzung oder Beschädigung der ihm dienenden Einzelgüter - zum Beispiel eines Betriebsgebäudes, eines Kabels, welches den Betrieb mit Strom versorgt, oder eines Angestellten - dar. Diese Güter sind in der Regel nämlich ohne weiteres ersetzbar beziehungsweise austauschbar. Eine Unternehmensverletzung kann in solchen Fällen allenfalls dann angenommen werden, wenn die Verletzung dieser Güter typischerweise und für den Verkehr erkennbar den Tätigkeitsbereich oder die Betätigung des Unternehmens beeinträchtigt und ein Ersatz eben nicht möglich ist. Hinsichtlich eines etwaigen Anspruchs auf Schadensersatz ist dann aber zusätzlich zu beachten, dass sich das Verschulden auf die Verletzung des Unternehmens und nicht lediglich auf die Verletzung eines Einzelgutes beziehen muss. So verlangt die Rechtsprechung regelmäßig auch einen unmittelbaren Eingriff in den Bestand des eingerichteten oder ausgeübten Gewerbebetriebs oder in den gewerblichen Tätigkeitsbereich.

Dabei werden als unmittelbar nur solche Eingriffe angesehen, die in irgendeiner Weise gegen den Betrieb als solchen gerichtet, mithin betriebsbezogen sind und nicht lediglich vom Gewerbebetrieb ohne weiteres ablösbare Rechte oder Rechtsgüter betreffen. Zum Beispiel ist geschäftsschädigende Kritik durch vergleichende Warentests nicht ohne weiteres ein rechtswidriger Eingriff in das Recht am Unternehmen. Der Geschäftsmann muss sich der Kritik an seiner Leistung nämlich grundsätzlich stellen. Die Rechtswidrigkeit kann sich daher erst im Rahmen einer Interessenabwägung herausstellen. Demnach liegen rechtswidrige Eingriffe in die Geschäftsehre oder den Geschäftskredit etwa vor bei fehlender Neutralität, bewusstem Fehlurteil, bewusster Verzerrung, mangelndem Bemühen um Richtigkeit, bewusst einseitige Auswahl der Testobjekte, außerdem, wenn die Durchführung des Tests der Sachkunde entbehrt oder sonst die Methode der Untersuchung oder die daraus gezogenen Schlüsse nicht mehr diskutabel erscheinen, schließlich auch bei unsachlicher Schmähkritik.

Verhältnis zu den Sondergesetzen

Hinsichtlich des Verhältnisses zwischen dem Recht am Unternehmen und den Sondergesetzen des gewerblichen Rechtsschutzes ist folgendes zu beachten: Bei einem Tatbestand, der in seiner Bedeutung nicht über denjenigen der Sonderreglung hinausgreift, genießen die Sondergesetze aufgrund ihrer Spezialität Vorrang. Im Übrigen steht einer ergänzenden Anwendung der Vorschriften des Deliktsrechts sowie der Vorschriften über die Rechte aus dem Eigentum aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch nicht entgegen. Diese Vorschriften erlangen in erster Linie Bedeutung bei Eingriffen in das Unternehmen, die nicht im geschäftlichen Verkehr erfolgen oder zum Zwecke der Auffüllung von Lücken der Sondergesetze.

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