MT Die Schutzvoraussetzungen hinsichtlich geographischer Herkunftsangaben


Einleitung

Im Zuge der Reform des Markenrechts wurde auch der Schutz sogenannter geographischer Herkunftsangaben in das Markengesetz integriert. Das Markengesetz versteht unter dem Begriff der geographischen Herkunftsangabe Namen von Orten, Gegenden, Gebieten oder Ländern sowie sonstige Angaben oder Zeichen, die im geschäftlichen Verkehr zur Kennzeichnung der geographischen Herkunft von Waren oder Dienstleistungen benutzt werden. Eine Gemeinsamkeit von Marken und geographischen Herkunftsangeben ergibt sich insofern, als beide eine Kennzeichnungsfunktion erfüllen. Jedoch bestehen auch erhebliche Unterschiede zwischen Marken und geographischen Herkunftsangaben. Geographische Herkunftsangaben stellen nämlich gerade keine individuellen Schutzrechte dar, die dazu dienen sollen, auf die betriebliche Herkunft einer Ware oder Dienstleistung hinzuweisen. Schutzgegenstand der geographischen Herkunftsangaben ist vielmehr der kollektive Goodwill, der all denjenigen Unternehmen gemeinsam für Waren beziehungsweise Dienstleistungen zusteht, die aus einem bestimmten Ort oder Gebiet stammen.

Der Schutzbereich der geographischen Herkunftsangaben erstreckt sich dabei sowohl auf unmittelbare als auch auf mittelbare Herkunftsangaben. Unmittelbare geographische Herkunftsangaben zeichnen sich dadurch aus, dass sie eine verbale Aussage hinsichtlich der Herkunft der Ware beziehungsweise Dienstleistung enthalten. Als Beispiel seien hier die berühmten „Aachener Printen“ genannt. Mittelbare geographische Herkunftsangaben hingegen enthalten lediglich mehr oder weniger starke Andeutungen, die einen Hinweis auf die Herkunft der Ware oder Dienstleistung enthalten. Als Beispiel kann hier der regelmäßig in Bocksbeutelflaschen abgefüllte Frankenwein genannt werden. Von den geographischen Herkunftsangaben unterscheidet das Markengesetz die sogenannten Gattungsbezeichnungen. Hierbei handelt es sich um solche Zeichen, mit denen bei den angesprochenen Verkehrskreisen nicht die Erwartung einer bestimmten Herkunft hervorgerufen wird. Vielmehr werden mit der Gattungsbezeichnung bestimmte Eigenschaften oder Merkmale der Waren beziehungsweise Dienstleistungen assoziiert.

Selten kann es dazu kommen, dass sich eine geographische Herkunftsangabe in eine reine Gattungsbezeichnung umwandelt. Voraussetzung für eine solche Umwandlung ist allerdings, dass die Angabe nur noch von einem ganz unerheblichen Teil der Verkehrskreise als Hinweis hinsichtlich der Ware oder Dienstleistung verstanden wird. So geht der Bundesgerichtshof zum Beispiel davon aus, dass sich die Bezeichnung „Dresdner Stollen“ in eine reine Gattungsbezeichnung umgewandelt habe. Die Verbraucher hätten sich nämlich während der deutschen Teilung daran gewöhnt, dass über einen langen Zeitraum ungehindert Stollen als sogenannter „Dresdner Stollen“ bezeichnet wurde, obwohl dieser überhaupt nicht in Dresden produziert wurde. Dennoch handelt es sich bei dem Begriff „Dresdner Stollen“ heute um keine freie Gattungsbezeichnung mehr. Hinsichtlich dieser Bezeichnung wurde nämlich die bestehende DDR-Kollektivmarke auf das übrige Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erstreckt.

Grundlage des Schutzes geographischer Herkunftsangaben

Ursprünglich - vor dem Inkrafttreten des Markengesetzes - wurde der Schutz der geographischen Herkunftsangaben auf das sich aus dem Gesetz zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs ergebenden Verbot der Irreführung gestützt. Auf dieser Grundlage ergab sich für bekannte geographische Herlunftsangaben ein erweiterter Schutz gegen die Anlehnung und Rufausbeutung, der sogar über die Abwehr von Irreführungen hinausging. Nach der ausdrücklichen Regelung des Markengesetzes sollen diese auf der Basis des alten Gesetzes zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs entwickelten Grundsätze auch nach der neuen Rechtlage weiterhin gelten. Zu beachten ist jedoch auch, dass sie mit den entsprechenden Vorschriften des Markengesetzes weitgehend deckungsgleich sind. Die Integration des Schutzes geographischer Herkunftsangaben in das Markengesetz ändert nichts daran, dass die Grundlage dieses Schutzes noch immer wettbewerbsrechtlicher Art ist. Dies gilt auch, obwohl nicht mehr die entsprechenden wettbewerbsrechtlichen Vorschriften, sondern vielmehr die Vorschriften des Markengesetzes anzuwenden sind. Auch diese Vorschriften des Markengesetzes bezwecken in erster Linie die Vermeidung von Irreführungen. Bei dieser Betrachtung kann der Schutz der geographischen Herkunftsangaben innerhalb des Markengesetzes als Fremdkörper angesehen werden. Aus der wettbewerbsrechtlichen Natur des Schutzes geographischer Herkunftsangaben ergibt sich zudem, dass es sich hierbei nicht um ein subjektives Kennzeichenrecht handelt. Auch stellt die geographische Herkunftsangabe keine eigentumsähnliche Position dar. Dies liegt daran, dass sie keinen Inhaber hat, der durch ihre Veräußerung oder die Vergabe von Lizenzen über sie verfügen könnte.

Europäischer und internationaler Schutz geographischer Herkunftsangaben

Der Schutz geographischer Herkunftsangaben auf internationaler Ebene erfolgt durch bilaterale oder multilaterale Abkommen. Auch die EU hat eine entsprechende Verordnung erlassen. Diese stellt die Grundlage für einen gemeinschaftsweiten Schutz von geographischen Herkunftsangaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel dar. Ergänzende Bestimmungen über das einschlägige Antragsverfahren wiederum finden sich im Markengesetz. Hinsichtlich des Verhältnisses der besagten Verordnung zum nationalen Recht ist eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes zu beachten. In dieser wurde entschieden, dass die Verordnung der Anwendung einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die die möglicherweise irreführende Verwendung einer geographischen Herkunftsangabe verbietet, bei der kein Zusammenhang zwischen den Eigenschaften des Produktes und seiner geographischen Herkunft besteht. Der Entscheidung des Europäischen Gerichtshof lag ein Fall vor dem Bundesgerichtshof zugrunde, im Rahmen dessen dieser ein Vorabentscheidungsverfahren angestrengt hat.

In dem Fall vor dem Bundesgerichtshof wurde für ein Bier, welches in Paderborn gebraut wurde, die Bezeichnung „Warsteiner“ verwendet. Aus einem angestrengten demoskopischen Gutachten ergab sich, dass eine Irreführung der betroffenen Verkehrskreise in relevanter Weise durch die Verwendung dieses Begriffs ausblieb. Daher musste vor dem Europäischen Gerichtshof festgestellt werden, ob die Regelung der Verordnung abschließenden Charakter hat. Dann nämlich wäre die Anwendung des nationalen Regelungen ausgeschlossen. Geographische Herkunftsangaben für Weine und Spirituosen sind durch entsprechende Verordnungen der Europäischen Union gesondert geschützt. Außerdem ist ihr Schutz über den Bereich der Europäischen Union hinaus in internationalen Abkommen verankert. Entsprechende Regelungen sind in der Pariser Verbandsübereinkunft, dem Madrider Herkunftsübereinkommen, dem Lissabonner Ursprungsabkommen sowie dem TRIPS-Übereinkommen zu finden.

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