Unter welchen Voraussetzungen hafte ich für Gefälligkeiten?


Eine Haftung für Schäden, die entstehen, während man jemandem einen Gefallen tut, erscheint in vielen Fällen unbillig. Der Gedanke, „Hätte ich ihm doch einfach nicht den Gefallen getan, dann hätte ich nun nicht den Ärger“, wird in einer solchen Situation den meisten Menschen durch den Kopf schießen. Stellt man sich den Fall vor, bei einem Umzug zu helfen, zu stolpern und dabei versehentlich jemanden anzurempeln, der einen teuren Computer trägt, der daraufhin zu runter fällt und beschädigt wird, wird deutlich, wie schnell dies passieren kann. Selbst wenn man selber Vorsicht walten lässt und den teuren und für Beschädigungen anfälligen Computer nicht selber trägt, kann es zu einem Schaden kommen, den man entweder allein oder zumindest mit verursacht hat. Daneben gibt es unzählige Situationen des alltäglichen Lebens, in denen bei der Ausübung einer Gefälligkeit ein Schaden entstehen kann. Trägt man zum Beispiel einer älteren Dame die schwere Einkaufstasche zum Auto, stößt mit dieser gegen eine Laterne und die Einkäufe werden beschädigt, könnte die Dame den Schaden ersetzt verlangen.

Hinsichtlich der Haftung für Gefälligkeiten besteht in Deutschland die gefestigte Rechtsprechung, dass bei deren Ausübung eine Haftung nur besteht, wenn der Schädiger vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt. Vorsätzlich handelt derjenige, der mit Wissen und Wollen handelt. Grobe Fahrlässigkeit definieren die Gerichte als Außerachtlassung der erforderlichen Sorgfaltspflicht in besonders großem Maße. Zu den grob fahrlässigen Handlungen gehören alle Handlungen, die jeder vernünftige Mensch, nachdem er die Situation überblickt, nicht vornehmen würde. Lässt der Umzugshelfer den Flachbildfernseher absichtlich fallen, handelt er vorsätzlich und haftet für den Schaden, obwohl er dem Umziehenden einen Gefallen getan hat. Balanciert der Umzugshelfer beispielsweise den Computer auf einer Hand oder wirft ihn während des Tragens in die Luft, liegt ein Fall der groben Fahrlässigkeit und damit ebenfalls die Haftbarkeit des Helfers vor. Damit bringt die Rechtsprechung zum Ausdruck, dass auch jemand der einen Gefallen tut, dazu verpflichtet ist, auf die Rechtsgüter des anderen in dem Maße Acht zu geben, dass von jedem Menschen verlangt werden kann.

Die Rechtsprechung begründet dies damit, dass die Parteien stillschweigend eine Haftungsbeschränkung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit vereinbart haben, als sich der Schädiger zur Ausübung der Gefälligkeit bereit erklärt hat. Derjenige, der einen anderen um einen Gefallen bittet, weiß, dass diese Person nicht über die Anforderungen von Vorsatz und grober Fahrlässigkeit hinaus haften will. Einer der Gründe dafür ist, dass niemand mehr Gefälligkeiten für andere Menschen vornehmen würde, aus Angst, auch bei einem vernünftigen Umgang mit den Rechtsgütern der anderen Person zu haften. Um eine solche Entwicklung zu verhindern, nimmt die Rechtsprechung den beschriebenen Haftungsausschluss an.

Wird ein privat Haftpflichtversicherter dennoch mit Schadensersatzansprüchen behelligt, obwohl es sich um eine Gefälligkeitshandlung handelte und der Schaden weder vorsätzlich noch grob fahrlässig herbeigeführt wurde, setzt sich seine Haftpflichtversicherung mit dem Anspruchsteller auseinander und regelt die Angelegenheit. Eine private Haftpflichtversicherung kann also auch hilfreich sein, wenn eine Haftung des Versicherten nicht besteht, da der Versicherte durch sie Zeit und Nerven spart, die es ihn kosten würde, sich persönlich um die Angelegenheit zu kümmern.

Der Fall des stolpernden Umzugshelfers zeigt die Ausrichtung der Rechtsprechung deutlich. Zwei Instanzen haben über diesen Fall zu Gunsten des Schädigers geurteilt. Der Schädiger, der über eine Türbogenverankerung stolperte und deshalb den Träger des Computers anrempelte, haftet nicht. Er stolperte weder vorsätzlich oder weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders großem Maße außer Acht ließ. Vielmehr handelte es sich bei dem Stolpern und daraus resultierenden Anrempeln um etwas, dass jedem passieren kann. Für Schäden die derart entstehen, haftet derjenige, der einem anderen einen Gefallen tut, nicht.

In Abgrenzung zu einer reinen Gefälligkeit, bei dem lediglich ein Gefallen getan wird, liegt bei einem Gefälligkeitsvertrag der Wille vor, sich rechtlich zu binden. Klassische Beispiele für den Gefälligkeitsvertrag sind der Leihvertrag oder ein Auftragsverhältnis. Bei diesen Verträgen wird die Vornahme der Leistung unentgeltlich vereinbart. Bei Gefälligkeitsverträgen kommt neben einer Haftung aus dem Deliktsrecht, die auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz für die reinen Gefälligkeiten beschränkt ist, eine Haftung aus dem Vertrag In Betracht.

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