Begriff und Funktion des offenen Vollzugs


Neben dem regulären Regelvollzug haben die Justizvollzugsanstalten auch die Möglichkeit den Vollzug von nicht schweren Straftätern zu lockern, so dass diese in den offenen Vollzug kommen. Insbesondere Täter die Vermögensdelikte, wie beispielsweise mehrere Diebstähle oder Untreue, begangen haben kommen so in den Genuss spezieller Privilegien, die sie im normalen Vollzug nicht hätten.

Soweit die räumlichen, die personellen und die organisatorischen Anstaltsverhältnisse einer Justizvollzugsanstalt es zulassen, soll ein Gefangener in einer Anstalt oder in einer Abteilung des offenen Vollzuges untergebracht werden, insofern er dies auch tatsächlich möchte und sich damit nicht überfordert fühlt. Desweiteren muss er dafür den besonderen Anforderungen des offenen Vollzuges genügen und die Wahrscheinlichkeit, dass er sich dem Vollzug der Freiheitsstrafe entzieht und flüchtet oder die Möglichkeiten des offenen Vollzuges zu Straftaten missbraucht, muss gering sein.

Ein Gefangener, der sich im offenen Vollzug befindet, wird in den geschlossenen Vollzug zurück verlegt, wenn er seine gegebene Zustimmung zur Unterbringung im offenen Vollzug zurück nimmt, er sich für den offenen Vollzug als nicht geeignet erweist, weil er sich beispielsweise nicht die geltenden Regeln hält oder Umstände bekannt werden, die einer Unterbringung im offenen Vollzug entgegen gestanden hätten. Ein Beispiel hierzu ist es, wenn bekannt wird das eine in den offenen Vollzug verlegte Person, welche wegen dem Handel mit Drogen eine Strafe im Gefängnis abzusitzen hat, vor der Verlegung in den offenen Vollzug in der Haft noch eifrig mit Drogen gedealt hat. Hätten die Justizvollzugsbeamten diesen Umstand bereits früher gekannt, so hätten sie seiner Verlegung wohl nie zugestimmt.

Aus diesen Gründen kann man diesen Vorgang auch wieder rückgängig machen, so dass der Gefangene wieder zurück in den geschlossenen Vollzug muss. Allerdings schließt dieser Vorgang nicht den erneuten Versuch, jemanden im offenen Vollzug unterzubringen, aus. Der offene Vollzug unterscheidet sich vom geschlossenen Regelvollzug dadurch, dass die Insassen dort jederzeit die Möglichkeit haben, zu fliehen, dass heißt es werden im offenen Vollzug keine Vorkehrungen gegen das Entweichen der Gefangenen getroffen. Durch diese Selbstdisziplin soll der Insasse auf die Zeit nach seiner Entlassung vorbereitet werden.

Untergebracht sind die Gefangen meistens in Häusern, welche sich neben oder in der Nähe der Justizvollzugsanstalt befinden, in welcher sie bereits einige Zeit im geschlossenen Vollzug verbracht haben. Auch hier schlafen die Straftäter mit anderen Insassen, meistens zu zweit in kleinen Zimmern. Gegenüber den Gefangenen des Regelvollzuges haben sie den Vorteil, dass sie eine eigene Küche haben, in welcher sie sich ihr Essen selbst zubereiten können. Jedoch müssen sich auch diese Gefangenen auch strikt an viele Regeln halten und können nicht aufgrund der neu erworbenen Freiheiten machen was sie wollen. Ein Verstoß gegen Regeln kann damit geahndet werden, dass man wieder zurück in den geschlossenen Vollzug muss. So stellt beispielsweise der Konsum von Alkohol oder eine verspätete Rückkehr in das Freigängerhaus einem solchen Bruch dar.

In der Regel müssen diese Gefangenen morgens, genau wie alle anderen Menschen und wie die Gefangenen im Regelvollzug, zu ihrer Arbeitsstätte gehen, welche sich oftmals schon innerhalb der Gesellschaft und nicht mehr innerhalb der Gefängnismauern befindet. Nach der Beendigung der Arbeitszeit kehren sie dann unverzüglich in das Freigängerhaus zurück, um dann dort den restlichen Tag und die freie Zeit bis zum nächsten Morgen zu verbringen. Der Insasse kann aber an den angebotenen Freizeit-, Sport- und Behandlungsmaßnahmen der nahe gelegenen Justizvollzugsanstalt teilnehmen. An manchen Tagen hat er auch Freigang, mit diesen soll er langsam wieder in die Gesellschaft und in das Leben außerhalb des Gefängnisses eingeführt werden. Zu Beginn ist bei diesen Ausgängen häufig noch ein Beamter der Justizvollzugsanstalt dabei, der genau beobachten kann, wie derjenige auf diese Freiheit reagiert, später kann der Gefangene schließlich alleine gehen. In den meisten Wochenenden ist er bei seiner Familie zu Hause, um sich wieder an das normale Familienleben und an den Alltag in der eigenen Familie zu gewöhnen. Denn stabile familiäre Strukturen helfen oft bei der Wiedereingliederung in die Gesellschaft.

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