Nichtigkeit eines Vertrags wegen Wuchers


Ein Vertrag kann nichtig sein, wenn ein Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt. Dies wird auch Wucher genannt. Dabei geht man grundsätzlich davon aus, dass wenn ein Preis zu sehr von dem üblichen Marktpreis abweicht ein Verstoß gegen die guten Sitten vorliegt und der Vertrag somit sittenwidrig und nichtig ist. Es reicht allerdings nicht aus, dass nur ein Missverhältnis vorliegt. Dazu muss auch die Absicht der Vertragspartei kommen, den anderen auszubeuten. Liegen die Voraussetzungen vor, dann ist der Vertrag nichtig.

Missverhältnis

Ein auffälliges Missverhältnis liegt vor, wenn die eine Vertragsleistung offensichtlich höher ist als die andere Vertragsleistung. Dabei wird als objektive Grundlage der übliche Marktpreis angenommen. Liegt eine besonders hohe Abweichung davon vor, dann ist das Missverhältnis auffällig.

Beispiel: A kauft von B einen Kleinwagen. A hält den Kleinwagen für eine teure Marke und zahlt deshalb 40.000 Euro, obwohl dieser einen üblichen Marktpreis von nur 20.000 Euro hat. Dies ist eine Mehrzahlung von 100 %, der Kaufpreis ist also auffällig höher als die Gegenleistung.

Ausbeutung

Das im obigen Beispiel genannten Missverhältnis reicht allerdings nicht aus, um einen Vertrag nichtig werden zu lassen. Voraussetzung ist weiterhin, dass die Unterlegenheit der anderen Vertragspartei durch den Wucher ausgenutzt wird. Namentlich nennt das Gesetz dazu „die Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche“.

Dabei ist die Zwangslage sowohl wirtschaftlicher als auch psychologischer Art, wenn also der B aus dem obigen Beispiel ausnutzt, dass der A unbedingt einen PKW braucht und zwar noch am heutigen Tag, weil er sonst nicht zu seiner Arbeitsstelle kommt und ihm deshalb den wesentlich erhöhten Kaufpreis „aufschwatzt“, dann hat er seine wirtschaftliche und psychische Zwangslage ausgenutzt.

Die Ausbeutung der Unerfahrenheit kann vorliegen, wenn es um eine Geschäftsart geht, in der die andere Vertragspartei keinerlei Erfahrung hat und sich deshalb verteuert ein Produkt „andrehen“ lässt. So zum Beispiel bei Wertpapieren, die von einem Bänker an eine Hausfrau, die sonst keinerlei Erfahrung mit Finanzen gemacht hat, verkauft werden.

Die Ausbeutung des Mangels an Urteilsvermögen kann gegeben sein, wenn eine Vertragspartei durch mangelnde Intelligenz nicht in der Lage ist, eine vernünftige Abwägung der Leistungsverhältnisse zu vollziehen. Dies ist üblicherweise bei Personen anzunehmen, die kurz vor der Geschäftsunfähigkeit sind, aber diese noch nicht erreichen und somit Geschäfte abschließen können.

Wenn eine Ausbeutung der Willensschwäche vorliegt, dann kann dies unter Umständen an dem Ausnutzen einer Suchtproblematik liegen. Verkauft ein Getränkeverkäufer an einen Alkoholabhängigen viel zu überteuert Alkohol, weil dieser von seiner Suchtkrankheit weiß, seine momentanen Entzugserscheinungen sieht und den Umstand ausnutzt, dann ist der Vertrag nichtig.

Rechtsfolge

Die Rechtsfolge ist dann die Nichtigkeit des Vertrages. Kommt es zum Streit vor dem Gericht gelten die allgemeinen Grundsätze über die Beweislast: Jeder muss das beweisen, was für ihn einen Vorteil bedeutet. So muss also der ausgebeutete Vertragspartner beweisen, dass es sich um einen sittenwidrigen Vertrag handelt. Allerdings gilt auch, dass, wenn ein besonders hohes Missverhältnis vorliegt, das Gericht annehmen darf, dass eine Ausbeutung vorliegt. Dies ist von Vorteil für den geschädigten Vertragspartner, weil er so die Ausbeutung nicht explizit beweisen muss.

Ausnahmsweise kann, auch wenn kein bewusstes Ausbeuten der oben genannten Verhaltensweisen vorliegt, das Geschäft trotzdem sittenwidrig und nichtig sein. Dazu müssen die allgemeinen Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit vorliegen, nämlich ein Verstoß gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden.

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