Zusammensetzung und Aufgabe des Europäischen Parlaments


Durch die Einheitliche Europäische Akte ist die Bezeichnung Europäisches Parlament in die Gründungsverträge übernommen worden. Es ist das einzige Unionsorgan, das unmittelbar von den Unionsbürgern gewählt wird. Es besitzt damit eine besondere Legitimation. Durch den Vertrag von Lissabon wurde das Europäische Parlament wesentlich gestärkt.

Zusammensetzung und Organisation des Parlaments

Bis 1979 setzte sich das Europäische Parlament mit Sitz in Straßburg aus abgesandten Mitgliedern der nationalen Parlamente zusammen. Mit einem Akt vom 20. September 1976 wurde allerdings eine allgemeine und unmittelbare Wahl der Abgeordneten des Parlaments eingeführt. Die Dauer einer Wahlperiode beträgt fünf Jahre. Die Völker der in der Union zusammengeschlossenen Mitgliedstaaten verleihen dem Europäischen Parlament seine Legitimation.

Das Parlament darf maximal 750 Abgeordnete zuzüglich des Präsidenten besitzen, wobei jeder Mitgliedstaat mindestens sechs, höchstens aber 96 Abgeordnete entsenden kann. Die konkrete Anzahl der Sitze je Mitgliedstaat wird weiterhin nach dem Grundsatz der degressiven Proportionalität durch einstimmigen Beschluss des Europäischen Rates mit Zustimmung des Europäischen Parlaments festgelegt. Deutschland wird seine Zahl von Abgeordneten von 99 auf 96 reduzieren müssen. Damit wird auf europäischer Ebene dem Grundsatz der Gleichheit der Wahl nicht entsprochen. Dieser bezieht sich nämlich auf die Zählwertgleichheit, jede Stimme hat den gleichen Wert, nämlich eins, sowie auf die Erfolgswertgleichheit. Dies bedeutet, dass jede Stimmte den gleichen Einfluss auf das Wahlergebnis haben muss. Deutschland müsste also, gemessen am Bevölkerungsanteil an der Europäischen Union 133 Abgeordnete entsenden können und nicht nur 99. Das Stimmgewicht wiegt damit beispielsweise um ein zwölffaches geringer als das der maltesischen Wähler, welche auf 400 000 Einwohner fünf Abgeordnete entsenden können. Das Bundesverfassungsgericht sieht darin aber kein verfassungsrechtliches Problem, da das Europäische Parlament als „Vertretungsorgan der Völker“ nicht den Anforderungen entsprechen muss, die sich auf staatlicher Ebene ergeben. Problematisch erscheint dieses Ergebnis jedoch trotzdem im Lichte des nach Art. 2 EUV postulierten Demokratiefundaments der Europäischen Union.

Das Wahlverfahren selbst wird in den Mitgliedstaaten nach deren nationalen Vorschriften durchgeführt.

Im Parlament schließen sich die einzelnen Abgeordneten der gleichen politischen Gruppierung zu Fraktionen zusammen. Zur Zeit gibt es sieben Fraktionen im Europäischen Parlament sowie eine Reihe von fraktionslosen Abgeordneten. Die Entscheidungen werden grundsätzlich in Ausschüssen vorbereitet, welche in ihrer Besetzung ein Spiegelbild zum Parlament darstellen. Das Parlament wählt aus seiner Mitte einen Präsidenten sowie ein Präsidium. Das Präsidium ernennt einen Generalsekretär. Die monatlichen Plenartagungen finden in Straßburg statt, wohingegen zusätzliche Plenartagungen und Ausschusstagungen in Brüssel stattfinden. Das Generalsekretariat befindet sich in Luxemburg.

Aufgabe des Parlaments

Das Europäische Parlament übt die Befugnisse aus, die ihm nach dem Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung durch den EU- und AEUV- Vertrag zustehen. Es kann dabei aber nicht über seine Zuständigkeit selbst entscheiden. Seine wesentliche Aufgabe ist es, als Gesetzgeber der Union tätig zu werden, wobei ihm bis auf wenige Ausnahmen kein Initiativrecht zusteht. Es kann allerdings die mit Initiativrecht ausgestatte Europäische Kommission unverbindlich auffordern einen geeigneten Vorschlag zu unterbreiten. Dies soll binnen 12 Monaten geschehen, außer es wird binnen drei Monaten begründet, wieso kein Vorschlag ergeht. In einigen Fällen ist die Anhörung des Europäischen Parlaments vor Erlass eines Rechtsakts fakultativ möglich. Dann wird eine nicht bindende Stellungnahme abgegeben. Beim Beitritt eines neuen Mitgliedstaates, der Assoziierung der Union mit dritten Staaten und internationalen Organisationen und der im Gesetz genannten Übereinkommen ist allerdings die Zustimmung obligatorisch. Zusammen mit der Europäischen Rat legt das Parlament den Jahreshaushaltsplan der Europäischen Union fest.

Zur weiteren Aufgabe des Parlaments gehört es, auf Vorschlag des Europäischen Rates den Präsidenten der Kommission zu wählen, sowie dem Hohen Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik und der übrigen Mitglieder zuzustimmen. Vor Ernennung der Mitglieder des Rechnungshofs und des Direktoriums des Europäischen Zentralbank ist das Parlament lediglich anzuhören. Neben der gesetzgebenden Funktion kommt dem Parlament eine Kontrollfunktion zu, dabei kann das Parlament ein Misstrauensvotum gegen die Kommission erheben. Außerdem hat das Parlament ein Interpellationsrecht gegenüber der Kommission, was ihr ständig erlaubt Fragen an die Kommission zu richten und das Recht Untersuchungsausschüsse einzuberufen.

Beschlussfassung

Beschlüsse werden, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen verabschiedet. Eine qualifizierte Mehrheit ist beispielsweise im Haushaltsverfahren vorgesehen. Die Abgeordneten stimmen einzeln und persönlich ab und sind dabei weder an Weisungen noch an Aufträge gebunden. Ihre besondere Stellung wird durch Art. 7- 9 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiung der Europäischen Union noch verstärkt.

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