Zusammensetzung und Aufgabe des Rates


Die im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten können anlässlich einer Ratstagung als Ministerkonferenz zusammentreten. Ihre Beschlüsse stellen völkerrechtliche Vereinbarungen zwischen den Mitgliedstaaten dar. Der Rat ist allerdings streng zu trennen vom Europäischen Rat, vom Europarat und von dem im Rat der vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten.

Zusammensetzung und Organisation des Rates

Der Rat besteht aus je einem Vertreter jedes Mitgliedstaates auf Ministerebene, welcher befugt sein muss, für die Regierung des Mitgliedstaates verbindlich zu handeln. Die Zahl der Mitglieder bestimmt sich also nach der Anzahl der Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Folglich befinden sich seit 1. Januar 2007 27 Mitglieder im Rat. Seit dem Vertrag von Maastricht müssen die Minister auch nicht mehr Teil der Zentralregierung der Mitgliedstaaten sein. Ein Minister kann also beispielsweise auch aus den Ländern entsandt werden. Nach Gewohnheitsrecht können sogar Staatssekretäre mit vollem Stimmrecht auftreten.

Der Rat kann in verschiedener Zusammensetzung in mehreren Sitzungen gleichzeitig tagen und sich dabei mit unterschiedlichen Materien parallel befassen. Sitz des Rates ist Brüssel, jedoch wird im April, Juni und Oktober in Luxemburg getagt. Den Vorsitz im Rat für Auswärtige Angelegenheiten hat der Hohe Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik inne. In allen anderen Zusammensetzungen führt ein Vertreter eines Mitgliedstaates nach dem System der gleichberechtigten Rotation den Vorsitz.

Seit Dezember 2009 übernehmen jeweils zuvor festgelegte Gruppen von drei Mitgliedstaaten für einen Zeitraum von 18 Monaten den Vorsitz im Rat. Mit dieser Regelung soll der Arbeit des Rates mehr Kontinuität verliehen werden. Außerdem wird gewährleistet, dass auch langfristige, die Periode des Vorsitzes eines Mitgliedstaates überdauernde Projekte nach einheitlichen programmatischen Grundsätzen fortgeführt werden. Dem Rat wird von einem Generalsekretariat, das die Ratssitzungen vorbereitet und einem Ausschuss der Ständigen Vertreter, welcher die Arbeiten des Rats vorbereitet und die ihm übertragenen Aufgaben ausführt, unterstützt. Der Rat tagt öffentlich bei Beratungen und Abstimmungen über Entwürfe zu Gesetzgebungsakten. Dadurch wird die Transparenz auf europäischer Ebene gefördert. Nicht gesetzgeberisches Tätigwerden findet allerdings nicht öffentlich statt.

Aufgaben des Rates

Der Rat ist eines der Hauptrechtssetzungsorgane der Europäischen Union. Grundsätzlich erlässt er gemeinsam mit dem Europäischen Parlament Verordnungen, Richtlinien und Beschlüsse. Dadurch wird die Partizipation der Mitgliedstaaten an der Fortentwicklung der Europäischen Union dauerhaft sichergestellt. Ausdruck der Unterordnung der einzelnen Mitgliedstaaten ist der Anwendungsvorrang des Rechts der Europäischen Union vor nationalem Recht. Eine weitere Aufgabe des Rates besteht darin, die politische Leitung und Koordination der Union zu übernehmen und so die Tätigkeit der Kommission und der Regierungen der Mitgliedstaaten aufeinander abzustimmen. Mit dieser Aufgabe sind also formal zwei Unionsorgane, der Europäische Rat und der Rat, beauftragt. Dem Rat kommt dabei allerdings eher eine fachspezifische Leistungs- und Koordinationsfunktion zu, welche er durch das Einsetzen spezieller Ausschusse wahrnimmt. Der Europäische Rat hingegen nimmt eine allgemeine politische Zielsetzung vor. Zusätzlich stehen den beiden Organen Haushaltsbefugnisse zu. Außerdem erteilt der Rat Ermächtigungen zur Aufnahme von Verhandlungen mit Drittländern, legt Verhandlungsrichtlinien fest, genehmigt die Unterzeichnung und schließt Übereinkünfte ab. Seit Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon nimmt der Rat, im Einvernehmen mit dem gewählte Kommissionspräsidenten, die Liste der vorgeschlagenen Kommissionsmitglieder an. Schließlich legt der Rat die Gehälter, Vergütungen und Ruhegehälter für den Präsidenten des Europäischen Rates, den Präsidenten der Kommission, den Hohen Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik, die Mitglieder der Kommission, die Präsidenten, die Mitglieder und die Kanzler des Gerichtshofs der Europäischen Union, sowie den Generalsekretär des Rates fest.

Beschlussfassung

Falls in den Verträgen nichts anderes vorgesehen ist, fasst der Rat seine Beschlüsse mit qualifizierter Mehrheit der Mitglieder. In Fällen in denen lediglich eine einfache Mehrheit benötigt wird, beschießt der Rat mit Mehrheit der Mitglieder. Teilweise wird vom Vertrag sogar ausdrücklich Einstimmigkeit gefordert. Die Bestimmung der Stimmzahl sieht nach einem unübersichtlichen Kompromiss nun drei Phasen vor. Bis zum 31. Oktober 2014 gilt die alte Regelung unverändert fort. Demnach beträgt die Gesamtstimmenzahl des Rates 345 Stimmen. Für die Annahme eines Beschlusses sind mindestens 255 Stimmen erforderlich. Wird auf Vorschlag der Kommission ein Beschluss gefasst, ist zusätzlich eine Mehrheit der Mitgliedstaaten erforderlich, also eine einfache doppelte Mehrheit. In den anderen Fällen müssen die für eine qualifizierte Mehrheit erforderlichen Stimmen die Zustimmung von mindestens zwei Drittel der Mitgliedstaaten umfassen, das bedeutet eine qualifizierte doppelte Mehrheit. Ab 1. November 2014 gilt bis 31. März 2017 dieser Abstimmungsmodus fort, wenn ein Mitgliedstaat dies für eine Abstimmung beantragt. Falls ein solcher Antrag nicht gestellt wird, findet keine Stimmenwägung mehr statt. Das bedeutet, dass jeder Mitgliedstaat über eine Stimmte verfügt.

Wird auf Vorschlag des Hohen Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik oder der Kommission Beschluss gefasst, gilt als qualifizierte Mehrheit eine doppelte Mehrheit, also mindestens 55% der Mitglieder des Rates, gebildet aus mindestens 15 Mitgliedern die zugleich mindestens 65% der Bevölkerung der Union vertreten müssen. Als doppelt qualifizierte Mehrheit gilt ab dem 1. November 2014 eine Mehrheit von mindestens 72% der Mitglieder des Rates, sofern diese mindestens 65% der Bevölkerung der Union vertreten. Nach großem Widerstand Polens zu den Abstimmungsmodalitäten besteht unter bestimmten Voraussetzungen auf Antrag eine Neuverhandlungspflicht.

Ab dem 1. April 2017 besteht die Möglichkeit einer Abstimmung mit Stimmabwägung nicht mehr. Eine Neuverhandlungspflicht soll aber dann aber schon unter gelockerten Voraussetzungen möglich sein. Diese Neuregelungen zeigen auf, dass der Lissabonner Vertrage im Bereich der Transparenzerzeugung noch Mängel aufweist.

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