MT Bedeutung und Vorteile des freien Personenverkehrs und Dienstleistungsverkehrs


Parallel zu den Vorschriften über den freien Warenverkehr ist die Möglichkeit geschaffen worden, dass natürliche und juristische Personen ohne Behinderungen oder große Formalitäten ihre Tätigkeiten auf Dauer oder vorübergehend auch in anderen Ländern ausüben können.

Freizügigkeit der Arbeitnehmer
Von der Freizügigkeit sind nur Staatsangehörige der Mitgliedsstaaten erfasst.
Das Freizügigkeitsrecht besteht zunächst aus dem Gebot der gemeinschaftlichen Inländergleichbehandlung. Das bedeutet, dass ein absolutes Verbot der offenen oder versteckten Ungleichbehandlung in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstigen Arbeitsbedingungen besteht. Dies umfasst unter anderem das Recht zur Bewerbung um tatsächlich angebotenen Stellen und das Aufenthaltsrecht für Arbeitsuchende und Arbeitsausübende. Das weite Aufenthaltsrecht ist auch auf Personen ausgedehnt worden, die keine Arbeitnehmer sind, zum Beispiel Studenten oder Rentner. Das Freizügigkeitsrecht hat sich über die Jahre von einem reinen Diskriminierungsverbot zu einem Teilhaberecht an den verschiedenen Aspekten des Arbeits- und Soziallebens entwickelt, dabei wurden auch sonstige Beschränkungen von umzugswilligen Personen allmählich in das Freizügigkeitsrecht einbezogen.

Allerdings kann das Freizügigkeitsrecht unter bestimmten Voraussetzungen eingeschränkt werden. Dies umfasst einerseits Beschäftigungen in der öffentlichen Verwaltung. Den Mitgliedsstaaten muss es weiterhin möglich bleiben, nur eigene Staatsangehörige als Beamte zu ernennen. Dies muss jedoch auf eigentliche Hoheitsfunktionen beschränkt bleiben. Andererseits sind Einschränkungen im Bereich der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit möglich. Zusätzlich können aber auch sachliche Erwägungen, wie das Beherrschen der Landessprache, oder die fachliche Eignung bei der Anstellung berücksichtigt werden.

Schließlich muss auch die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben. Die Maßnahme muss tatsächlich geeignet sein, den Zweck zu erfüllen, sowie erforderlich und angemessen sein, das heißt die Nachteile, die die Maßnahe bewirkt, dürfen nicht außer Verhältnis zu den Vorteilen stehen und es darf kein gleich geeignetes aber milderes Mittel ersichtlich sein, zum Beispiel die Verpflichtung zu einem Sprachkurs. Außerdem wurde eine Sicherheit für Renten- und sonstige Sozialansprüche geschaffen. Damit ist der Gefahr vorgebeugt, dass Arbeitnehmer, die in mehreren Mitgliedsstaaten tätig sind, nur geringe Leistungsansprüche erreichen und damit niemals eine ordentliche Rente zustande kommt.

Die Übergangsregelungen, welche aus Frucht vor einer Überschwemmung der Arbeitsmärkte aus den 2004 und 2007 beigetretenen osteuropäischen Staaten eingeführt wurden, galten für maximal sieben Jahre und enden somit spätestens im April 2011.

Niederlassungsfreiheit der Selbstständigen und der Gesellschaften
Das Spiegelbild zur Arbeitnehmerfreizügigkeit bildet die Niederlassungsfreiheit der Selbständigen und der juristischen Personen. Es wird davon ausgegangen, dass auf Dauer eine Erwerbs- oder Geschäftstätigkeit in einem anderen Mitgliedsstaat ausgeübt wird. Steht dagegen nur eine vorübergehende Tätigkeit in Frage, ist die Dienstleistungsfreiheit eröffnet.
Parallel zu Freizügigkeit betrifft auch die Niederlassungsfreiheit die Staatsangehörigen der Mitgliedsstaaten. Bei Gesellschaften wird dabei auf Sitz und Gründung abgestellt. Die Niederlassungsfreiheit umfasst zunächst das Aufenthaltsrecht und das Gebot der gemeinschaftlichen Inländergleichbehandlung. Das heißt, dass ein absolutes Verbot der offenen oder versteckten Ungleichbehandlung in Bezug auf Beihilfen zur Existenzgründung, Inanspruchnahme von Krediten oder ähnlichem besteht. Auch sind besondere Bedingungen, die die Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit für Ausländer ermöglichen, verboten, sowie über das Diskriminierungsverbot hinausgehende Beschränkungen zu beseitigen.

Für juristische Personen gilt zunächst auch das Gebot der Inländergleichbehandlung. Ausgeübt wird das Niederlassungsrecht der Gesellschaften durch Gründung von Agenturen, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften sowie durch Fusionen, wobei die ursprüngliche nationale Identität erhalten bleibt. Diese geregelten Sachverhalte werden als Sekundärniederlassungen bezeichnet, wohingegen Primärniederlassungen bedeutet, dass jede natürliche Person ein Unternehmen gründen oder leiten kann.

Besondere Rechtfertigungsgründe können auch wieder im Rahmen der Niederlassungsfreiheit Einschränkungen ermöglichen. Dies ist insbesondere bei der Ausübung öffentlicher Gewalt, der Störungen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit, sowie bei zwingenden Erfordernissen der Fall. Wahrscheinlich wird in Zukunft allerdings die genaue Unterscheidung zwischen den verschiedenen Kategorien von Rechtfertigungsgründen aufgegeben werden. Schließlich muss auch wieder im Rahmen der Niederlassungsfreiheit die Verhältnismäßigkeit berücksichtigt werden. Die Maßnahme muss tatsächlich geeignet sein, den Zweck zu erfüllen, sowie erforderlich und angemessen sein. Das heißt die Nachteile, die die Maßnahme bewirkt, dürfen nicht außer Verhältnis zu den Vorteilen stehen und es darf kein gleich geeignetes aber milderes Mittel ersichtlich sein.

Die Dienstleistungsfreiheit
Die Dienstleistungsfreiheit betrifft die vorübergehende Erwerbstätigkeit auf dem Gebiet eines anderen Mitgliedsstaates. Sie umfasst das Recht, unbehindert von einem Mitgliedstaat aus einzelne Dienstleistungstätigkeiten in einem anderen Mitgliedstaat zu erbringen, ohne dort eine ständige Niederlassung zu unterhalten. Dabei soll Unternehmen und freien Berufen einfacher Zugang zu einem erweiterten europäischen Dienstleistungsmarkt ermöglicht werden. Die enorm gewachsene Bedeutung des Dienstleistungssektors hat auch zu einer erheblichen Selbstständigkeit der ursprünglich nur als Auffangtatbestand zur Niederlassungsfreiheit vorgesehenen Dienstleistungsfreiheit geführt.

Gemäß dem ersten Entwurf der sogenannten Dienstleistungsrichtlinie sollte das Herkunftslandprinzip angewendet werden. Der Dienstleistungserbringer ist demnach bei Aufnahme und Ausübung seiner Tätigkeit nur den Bestimmungen seines Herkunftslandes unterlegen, das somit die Verantwortung einer wirksamen Kontrolle der in seinem Hoheitsgebiet niedergelassenen Dienstleistungserbringer trägt. Jedoch stieß diese Regelung auf großen Widerstand weshalb sie in die im Dezember 2006 erlassene Dienstleistungsrichtlinie keinen Eingang fand.

Zur Prüfung des Anwendungsbereichs der Dienstleistungsfreiheit muss der Katalog von Art. 57 II AEUV ergänzt werden, sodass sich folgende Prüfungsreihenfolge ergibt. Es darf sich zunächst nicht um Leistungen handeln die schon dem freien Waren-, Personen-, oder Kapitalverkehr angehören. Zusätzlich muss es sich bei der Tätigkeit um eine wirtschaftliche, auf einen Erwerbszweck gerichtete, entgeltliche Tätigkeit handeln. Schließlich muss die Leistung die Staatsgrenze überschreiten.

Allerdings können im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit Ausnahmen in zwei Bereichen zulässig sein. Einerseits ist dies bei Tätigkeiten in Ausübung öffentlicher Gewalt, beziehungsweise bei Störungen der öffentlichen Gewalt, Ordnung, Sicherheit und Gesundheit möglich. Andererseits auch bei zwingenden Erfordernissen, welche ständig weiterentwickelt werden.

Schließlich muss der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt werden. Die Maßnahme muss tatsächlich geeignet sein, den Zweck zu erfüllen, sowie erforderlich und angemessen sein. Das heißt die Nachteile, die die Maßnahme bewirkt, dürfen nicht außer Verhältnis zu den Vorteilen stehen und es darf kein gleich geeignetes aber milderes Mittel ersichtlich sein.

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