Voraussetzungen und Hindernisse für eine Insolvenz


Damit das Insolvenzverfahren überhaupt eröffnet werden kann, müssen noch ein paar Voraussetzungen vorliegen. Zunächst muss überhaupt erst einmal ein Grund für die Insolvenz gegeben sein. Diese sind die Zahlungsunfähigkeit, die drohende Zahlungsunfähigkeit und die Überschuldung. Hierbei gibt es jeweils verschiedene Betrachtungsweisen, je nachdem, ob ein Verbraucher, oder ein Unternehmen betroffen sind.

Die erste Möglichkeit ist die Zahlungsunfähigkeit. Diese wird im Allgemeinen angenommen, wenn der Schuldner weniger als 90 % seiner akut anfallenden Verbindlichkeiten nicht bedienen kann. Das soll heißen, dass Verbindlichkeiten, welche erst ein paar Tage oder Wochen später fällig werden, hier nicht mit einzurechnen sind. Weiterhin muss der letzte mögliche Tag, an dem eine Verbindlichkeit erfüllt werden muss, Berücksichtigung finden. Dies heißt nicht, dass eine Verbindlichkeit schon nach der ersten Mahnung akut ist. Zu unterscheiden ist die Zahlungsunfähigkeit jedoch von der reinen Zahlungsunwilligkeit des Schuldners und der kurzfristigen Zahlungsstockung. Die Zahlungsunwilligkeit ergibt sich bereits aus dem Namen. Der Schuldner verweigert einfach die Leistung, obwohl er zu leisten imstande wäre. Hier soll ihm nicht der Schutz gegen eine mögliche Vollstreckung durch eine Insolvenz ermöglicht werden. Die Zahlungsstockung liegt dann vor, wen die Verbindlichkeiten des Schuldners lediglich kurzfristig nicht gezahlt werden können. Es muss jedoch schon klar sein, zu welchem konkreten Zeitpunkt wieder Forderungen getilgt werden können, um eine Zahlungsstockung anzunehmen. Zu beachten ist hierbei auch, dass die Eingehung von Kreditfinanzierten Geschäften trotz Vorliegens einer Zahlungsunfähigkeit im Wege des Eingehungsbetruges auch strafrechtliche Konsequenzen haben kann.

Eine weitere Möglichkeit ist die drohende Zahlungsunfähigkeit. Diese eröffnet dem Schuldner allein die Möglichkeit, Insolvenzantrag zu stellen. Es wird in der Rechtsprechung davon ausgegangen, dass in absehbarer Zeit von 12 Monaten eine Tilgung von Forderungen selbst mit Ausschöpfung aller Kreditlinien nicht zu erwarten sein darf. Der Sinn dieser Vorschrift ist, dass der Schuldner von sich aus den Schutz des Insolvenzverfahrens vor Vollstreckungen gegen ihn suchen kann. Hierbei wird die potentielle Insolvenzmasse, also das Vermögen des Schuldners, zunächst geschützt, um noch eine Basis für Verhandlungen zu haben. Wenn ein einzelner, großer Gläubiger in einer solchen Situation vollstrecken würde, so wäre eine Insolvenz unvermeidbar, da die Zahlungsunfähigkeit mangels Vermögen unmittelbar eintreten würde.

Die letzte mögliche Voraussetzung für ein Insolvenzverfahren ist die Überschuldung. Diese kann nur bei Gesellschaften vorliegen, bei denen keine natürliche Person als voll haftende Gesellschafterin auftritt (GmbH, GmbH & Co. KG, AG u.a.). Dies hat den Sinn, dass natürliche Personen nicht überschuldet im Rechtssinne sein können. Die Überschuldung muss im Wege eines so genannten Überschuldungsstatus ermittelt werden, sofern eine bilanzielle Überschuldung festgestellt worden ist. Die bilanzielle Überschuldung liegt vor, wenn das Eigenkapital einer Gesellschaft kleiner als 0 ist, also die Verbindlichkeiten sämtliche Vermögenswerte übersteigen. Der Überschuldungsstatus ist im Prinzip aufgebaut, wie eine Handels- oder Steuerbilanz. Die Bewertung von Vermögensgegenständen muss aber nicht nach den handels- und steuerrechtlichen Maßstäben erfolgen (Anschaffungs- und Herstellungskosten), sondern zu tatsächlichen Markt- oder Fortführungswerten. Weiterhin müssen spät fällige Verbindlichkeiten nicht mit einberechnet und stille Reserven aufgelöst werden. Als kleines Beispiel: Ein altes Familienunternehmen hat schon seit 100 Jahre ein Grundstück in der Münchener Innenstadt. Dieses wurde damals für umgerechnet 100.000 Euro erworben. In einer Handelbilanz müssen in diesem Falle die Anschaffungskosten aufgeführt (aktiviert) werden, also 100.000 Euro. Eine Abschreibung findet bei Grundstücken grundsätzlich nicht statt. Daher steht das Objekt bis heute mit 100.000 Euro in der Bilanz. In Wahrheit könnte das Grundstück jedoch für 5 Mio. € am Markt verkauft werden. Dieser Wert darf jedoch in der normalen Bilanz nicht angesetzt werden. In einem Überschuldungsstatus muss diese stille (weil nicht aufzuführen) Reserve zusätzlich aufgeführt sein. Weiterhin können für viele andere Werte, wie Betriebseinrichtungen und Fahrzeuge höhere Werte angesetzt werden, da diese im Falle der Fortführung oder Liquidierung für die Gesellschaft höhere Werte erreichen, als bilanziell meist vorgegeben. Dies lässt sich am Beispiel eines PKW deutlich machen. Normalerweise kann man einen PKW in der Handelsbilanz nach 5 Jahren komplett abschreiben. Er hat dann also nach 6 Jahren laut Bilanz einen Wert von 0, wenn man linear, also gleichmäßig auf die gesamte Zeitdauer verteilt, abschreibt. Im Falle eines Verkaufs des 6 Jahre alten Fahrzeuges lässt sich aber noch ein Gewinn machen. Dieser Marktwert ist in der Überschuldungsbilanz anzusetzen. Weiterhin müssen auch Patente und Entwicklungen mit im Überschuldungsstatus eingerechnet werden. In einer normalen Handelsbilanz kann dies nicht angeführt werden. Wenn selbst der Überschuldungsstatus höhere Verbindlichkeiten als Vermögenswerte ausweist, muss die Prognose zur Fortführung des Unternehmens noch negativ ausfallen, um eine tatsächliche Überschuldung anzunehmen. So ist die Fortführungsprognose beispielsweise positiv, wenn ein größerer Teil eigener Forderungen in absehbarer Zeit erfüllt werden.

Wenn diese Grundvoraussetzungen gegeben sind, müssen noch formelle Voraussetzungen zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vorliegen. So muss beispielsweise eine Einigung mit den Gläubigern (mit allen!) vorher versucht und gescheitert sein. Diesen Einigungsversuch muss man mit der Antragstellung nachweisen. Diesen Nachweis geben im Regelfall Anwälte und die einschlägigen Beratungsstellen heraus. Bei Gesellschaften muss der Antrag von einem vertretungsberechtigten Organ gestellt werden (Geschäftsführer, Gesellschafter), wobei vor Eröffnung des Verfahrens sämtliche andere Organe anzuhören sind. In jedem Falle ist vor Eröffnung nochmals der Antragsteller anzuhören. Dann prüft das zuständige Insolvenzgericht von Amts wegen die Voraussetzungen, also Zahlungsunfähigkeit, drohende Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung. Wenn dann noch die bestehende Insolvenzmasse zumindest die Kosten des Verfahrens deckt, wird das Verfahren eröffnet. Ansonsten erfolgt die Abweisung des Antrages mangels Masse. Be Privatpersonen ist jedoch die Stundung der Kosten möglich, ein gesonderter Antrag muss dafür noch gestellt werden. In diesem Falle werden die Kosten von der Staatskasse übernommen und das Verfahren eröffnet. Diese Möglichkeit besteht bei juristischen Personen (GmbH, AG) nicht. Das kann damit begründet werden, dass bei einer so geringen Masse vollstreckt werden kann, bis keine Vermögenswerte mehr vorliegen. Danach kann die Gesellschaft gelöscht werden, sodass sie nicht mehr existiert. Bei natürlichen Personen ist dies logischerweise nicht möglich. Hier soll der Schutz der Insolvenz nicht mangels Masse verwehrt werden. Ansonsten wäre eine Vollstreckung aus allen Forderungen bis zu 30 Jahre lang möglich.

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