Unter welchen Voraussetzungen kann ein Bürge in Anspruch genommen werden?


Ein Bürge verpflichtet sich im Rahmen einer Bürgschaft gegenüber einem fremden Gläubiger, in der Regel ein Kreditinstitut, dazu, für die Verbindlichkeiten eines Dritten, die dieser gegenüber dem Gläubiger hat, einzustehen. Der Bürge will aber nicht generell einstehen, sondern nur für den Fall, dass der Gläubiger sein Geld nicht vom Schuldner bekommt. Die Bürgschaft ist also ein Instrument, das der Sicherung von Forderungen dient.

Damit ein Bürge in Anspruch genommen werden kann, muss zunächst ein wirksames Bürgschaftsverhältnis zwischen ihm und dem Gläubiger bestehen. Eine Bürgschaft entsteht durch einen Vertrag zwischen dem Gläubiger und dem Bürgen. Ein solcher Vertrag setzt die Einigung über alle wesentlichen Vertragsbestandteile voraus. Dazu gehört zunächst eine Einigung über die Schuld, für die der Bürge sich verbürgen soll. Diese Schuld wird als Hauptforderung bezeichnet. Die Hauptforderung muss genau bestimmt sein, damit der Bürge weiß, worauf er sich einlässt. Dabei ist es möglich, dass die Hauptforderung, die der Bürge sichert, aus mehr als einer Verpflichtung des Schuldners gegen den Gläubiger besteht. Hat beispielsweise ein Kreditinstitut einem seiner Kunde zwei verschiedene Kredite gewährt, dann kann ein Bürge diese beiden Kredite mit seiner Bürgschaft absichern, wenn er dies möchte. Es ist sogar möglich, eine Bürgschaft für eine Hauptforderung abzugeben, die noch gar nicht entstanden ist. Möchte ein Kunde von seinem Kreditinstitut ein Darlehen bekommen, dann kann der Bürge sich bereits für die Rückzahlung verbürgen, bevor der Darlehensvertrag abgeschlossen wird. Notwendig dafür ist aber, dass der Bürge bereits absehen kann, um was für eine Forderung und um welche Höhe es sich ungefähr handeln wird.

Weiterhin muss der Anspruch des Gläubigers gegen seinen Schuldner fällig und durchsetzbar sein. Fälligkeit bedeutet, dass der Gläubiger bereits ein Recht dazu hat, die Zahlung zu verlangen. Gewährt beispielsweise ein Kreditinstitut einem seiner Kunden ein Darlehen, das nach einem Jahr zurückgezahlt werden soll, dann kann das Kreditinstitut nicht bereits zwei Monate nach der Auszahlung schon den Bürgen in Anspruch nehmen. Durchsetzbarkeit des Anspruchs bedeutet, dass der Anspruch nicht in irgendeiner Form außer Kraft gesetzt wurde. Das kann beispielsweise passieren, wenn der Anspruch bereits verjährt ist, oder wenn der Schuldner schon selbst gezahlt hat.

Dem Bürgen steht grundsätzlich die sogenannte Einrede der Vorausklage zu. Er kann also verlangen, dass der Gläubiger zunächst alles juristisch Zumutbare unternimmt, um von seinem Schuldner die verlangten Zahlungen zu erhalten. Dazu gehört unter anderem, dass der Gläubiger den Erlass eines Mahnbescheids beantragt, dass er sich einen Vollstreckungstitel für die Zwangsvollstreckung besorgt, die Zwangsvollstreckung erfolglos versucht, alle übrigen Sicherheiten, die der Schuldner ihm überlassen hat, verwertet, oder anderes vergleichbares. Dass es sich dabei um eine Einrede handelt, bedeutet, dass der Bürge diesen Anspruch auch geltend machen muss. Tut er dies nicht, kann der Gläubiger in direkt in Anspruch nehmen und muss nicht erst all die eben aufgeführten Anstrengungen gegen seinen Schuldner unternehmen.

Diese Einrede der Vorausklage kann allerdings auch ausgeschlossen sein. Das ist zunächst einmal der Fall, wenn der Bürge bei Abschluss der Bürgschaft auf sie verzichtet hat. Ein solcher Verzicht wird regelmäßig bei Kaufleuten angenommen, die eine Bürgschaftserklärung abgeben. Ein Kaufmann, der eine Bürgschaftserklärung abgibt, kann also schon in Anspruch genommen werden, sobald der Schuldner die Zahlung verweigert.

Die Einrede der Vorausklage ist außerdem ausgeschlossen, wenn der Schuldner nach Abschluss der Bürgschaft umzieht und dadurch für den Gläubiger nicht mehr auffindbar ist. Es wird dem Gläubiger dann nicht zugemutet, erst unverhältnismäßige Aufwände zu betreiben, um den Schuldner wiederzufinden. Die Gefahr, dass der Schuldner untertaucht, trägt also der Bürge, denn er kann in diesem Fall vom Gläubiger in Anspruch genommen werden.

Die Einrede der Vorausklage ist ferner dann ausgeschlossen, wenn bereits abzusehen ist, dass beim Schuldner nichts mehr zu holen ist. Das ist der Fall wenn über sein Vermögen bereits das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, oder wenn das Vermögen des Schuldners bereits offensichtlich nicht mehr ausreicht, um seine Verbindlichkeiten zu bezahlen. Es nimmt beispielsweise ein Schuldner bei seinem Kreditinstitut ein Darlehen auf, um ein Unternehmen zu gründen. Das Unternehmen geht allerdings pleite und der Schuldner muss von Hartz IV leben und verfügt über keinerlei Vermögensgegenstände mehr. Dann ist bereits klar, dass er das Darlehen nicht selbst wird zurückzahlen können. In solchen Fällen würde es nur vergeblichen Aufwand und unnötige Kosten für den Gläubiger bedeuten, wenn er trotzdem erst den Schuldner in Anspruch nehmen und gegen ihn die Zwangsvollstreckung durchführen müsste. Deshalb darf er direkt den Bürgen in Anspruch nehmen.

Es zeigt sich also, dass ein Bürge relativ leicht in Anspruch genommen werden kann, wenn der Schuldner seiner Verbindlichkeit gegenüber dem Gläubiger nicht mehr nachkommt. Außerdem trägt der Bürge das Risiko, dass der Schuldner nicht mehr zahlen kann, oder dass er untertaucht und versucht, sich seiner Zahlungsverpflichtung zu entziehen. Deswegen handelt es sich bei der Bürgschaft um eine sehr riskante Sache, die nicht überstürzt eingegangen werden sollte.

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