Schadenersatzpflicht des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber


Wenn bei der Arbeit ein Schaden verursacht wird, das heißt der Arbeitgeber geschädigt wird, stellt sich die Frage nach der Haftung auf Schadensersatz. Grundsätzlich haften Arbeitnehmer dem Arbeitgeber unter den gleichen Voraussetzungen auf Schadensersatz, unter denen umgekehrt auch der Arbeitgeber ihnen auf Schadenersatz haftet. Sie müssen also gegen ihre rechtlichen Pflichten verstoßen haben, dadurch einen Schaden verursacht haben und den Pflichtverstoß vorsätzlich oder fahrlässig begangen haben.

Die erste Haftungsvoraussetzung ist in den meisten Fällen klar gegeben, da die arbeitsvertraglichen Haupt- und Nebenpflichten, die der Arbeitnehmer trifft, weit gespannt sind. Auch Übermüdung, plötzliche Arbeitsüberlastung oder andere Umstände dieser Art ändern in aller Regel erst einmal nichts daran, dass praktisch jeder schadensursächliche Fehler, den man als Arbeitnehmer machen kann, zugleich eine Verletzung rechtlicher Pflichten ist.

Auch eine weitere allgemeine Voraussetzung für die Verpflichtung zum Schadensersatz – nämlich das der Arbeitnehmer mit Vorsatz oder wenigstens mit Fahrlässigkeit gehandelt hat - ist in den meisten Fällen gegeben. Nach dem Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), das auch im Arbeitsrecht gilt, genügt nämlich schon der geringste Verstoß gegen die "im Verkehr erforderliche Sorgfalt" dafür, dass "fahrlässig" und somit schuldhaft gehandelt wurde.

Damit wäre die rechtliche Pflicht des Arbeitnehmers zum Ausgleich des gesamten Schadens im Regelfall ohne weiteres gegeben. Genau davor wird der Arbeitnehmer aber durch die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte weitgehend geschützt. Da der Arbeitnehmer in den allermeisten Fällen auf Anweisung seines Arbeitgebers tätig wird und daher im Regelfall keinen Einfluss auf die betrieblichen Abläufe und Gefahren hat, begrenzt die Rechtsprechung die Pflicht des Arbeitnehmers zum Schadensersatz. Ein weiterer Grund liegt darin, dass man außerdem typischerweise nicht in der Lage ist, mit seinem Arbeitsverdienst die oft hohen Verluste bei betrieblichen Schadensfällen auszugleichen.

Der Umfang der Haftungseinschränkung bestimmt sich nach dem Grad der Fahrlässigkeit und wird unterteilt in leichteste bzw. einfache, normale bzw. mittlere und grobe Fahrlässigkeit. Bei Vorsatz ist keine Haftungsbeschränkung gerechtfertigt. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat bei normaler beziehungsweise mittlerer und grober Fahrlässigkeit eine Aufteilung der Haftung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber nach bestimmten Haftungsquoten eingeführt, die sogenannte Quotelung.

Die Begriffe sind nicht mehr als die Bezeichnung von Fallgruppen. Mit den Begriffen allein lassen sich nur schwer Haftungseinschränkungen begründen. Der Umfang der Haftungseinschränkung hängt im Ergebnis von einer Abwägung der Gesamtumstände im Einzelfall ab. Fest steht lediglich, dass der Arbeitnehmer bei leichter Fahrlässigkeit nicht, bei grober Fahrlässigkeit in der Regel und bei Vorsatz immer voll haftet. Im Bereich dazwischen erfolgt eine Quotelung.

Die leichte, oder auch einfache genannte Fahrlässigkeit ist für den Arbeitnehmer die mildeste Stufe für ein unerhebliches, vernachlässigendes Verschulden.

Beispiele: Die Kaffeetasse, die eine Sekretärin vom Tisch fegt, weil sie zu schnell die Arbeit erledigen wollte. Die Arbeitserzeugnisse, die aus Versehen dem Arbeitnehmer aus der Hand fallen oder die kleinen Unaufmerksamkeiten im Straßenverkehr während der Arbeit.

Eine vergleichsweise harmlose, nur wenige Augenblicke währende Unaufmerksamkeit in einer an sich alltäglichen Situation kann dennoch erhebliche Schäden verursachen. Bei einer Pflichtverletzung des Arbeitnehmers im Rahmen seiner Arbeit kann unter Berücksichtigung aller Einzelumstände bei leicht entschuldbaren Pflichtwidrigkeiten eine Arbeitnehmerhaftung ausgeschlossen sein. Damit sind Fehler gemeint, die jedem Arbeitnehmer im Laufe der Zeit passieren können, also leicht fahrlässig begangen wurden.

Bei mittlerer Fahrlässigkeit wird eine vollständige Haftungsfreistellung abgelehnt. Die Aufteilung richtet sich nach Billigkeits- und Zumutbarkeitsgesichtspunkten. Der Schaden wird sich daher nicht immer hälftig teilen lassen. Jedenfalls tragen sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber ihren Anteil. Kriterien sind die Gefahrgeneigtheit der Arbeit, die Schadenshöhe, ein vom Arbeitgeber einkalkuliertes und durch Versicherung gedecktes Risiko, die Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb, die Höhe seines Arbeitsentgelts und unter Umständen auch die persönlichen Verhältnisse des Arbeitnehmers wie Dauer seiner Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Familienverhältnisse und bisheriges Verhalten. Nicht berücksichtigt werden darf aber zum Beispiel die Mitgliedschaft im Betriebsrat. Dies wäre ein Verstoß gegen das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG).

Auch sind die Obliegenheiten des Arbeitgebers zu berücksichtigen. So kann er verpflichtet sein, das Schadensrisiko durch den Abschluss einer Kaskoversicherung mit Selbstbeteiligung zu begrenzen. Unterlässt der Arbeitgeber den Abschluss einer Versicherung, so haftet der Arbeitnehmer dennoch nur bis zur Höhe der fiktiven Selbstbeteiligung. Auch die Selbstbeteiligung muss aber zumutbar sein. Dies hängt zum Beispiel beim arbeitgeberveranlassten Führen eines Kraftfahrzeugs vom Zeitwert des Kraftfahrzeugs und vom Verdienst des Kraftfahrers ab.

Der Arbeitnehmer handelt grob fahrlässig, wenn er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und unbeachtet lässt, was in dem gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Dabei ist zu berücksichtigen, was der Schädigende nach seinen individuellen Fähigkeiten erkennen und erbringen konnte. Hierbei haftet der Arbeitnehmer in aller Regel für den gesamten Schaden. Eine Haftungseinschränkung ist aber möglich, wenn zwischen Vergütung und Schaden ein deutliches Missverhältnis besteht. Ein solches Missverhältnis zwischen Schaden und Verdienst des Arbeitnehmers besteht nicht, wenn der zu ersetzende Schaden noch deutlich unterhalb der Haftungsobergrenze von drei Bruttoeinkommen liegt. Vorsatz ist das Wissen und Wollen des rechtswidrigen Erfolgs, das heißt ein zielgerichtetes, absichtliches Handeln, um jemandem einen Schaden zuzufügen. Hier ist der Arbeitnehmer voll haftbar zu machen, wenn er die Möglichkeit der Rechtsgutverletzung erkennt und sich damit abfindet.

Einen Sonderfall stellt die sogenannte ”Mankohaftung” dar, in deren Rahmen der Arbeitnehmer auch für den vollen Schaden haftet. Gemeint sind damit Fälle, in denen der Arbeitnehmer alleinigen Besitz an Kassen- oder Warenbestand hat und bei selbstständiger Tätigkeit als Beauftragter oder Verwahrer für den Arbeitgeber fungiert. Der Mitarbeiter ist dann Besitzer und nicht nur Besitzdiener.

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