Vertrag: Auswirkungen des Leistungsortes auf die Art der Schuld


Unter dem Leistungsort bzw. Erfüllungsort wird derjenige Ort verstanden, an dem der Schuldner die dem Gläubiger geschuldete Leistung zu erbringen hat. Dieser Ort muss nicht zwingend identisch mit demjenigen Ort sein, an dem der Erfolg der Leistung eintritt (Erfolgsort).

Gesetzliche Regelung

Das Gesetz sieht eine grundsätzliche Regelung des Leistungsortes vor. Diese Regelung greift allerdings nur dann ein, wenn Gläubiger und Schuldner nicht ausdrücklich einen Leistungsort vereinbart haben oder sich ein Leistungsort aus den Umständen des geschlossenen Vertrages ergibt. Das gesetzliche Regelung sieht grundsätzlich vor, dass der Erfüllungsort derjenige Ort ist, an dem der Schuldner bei Vertragsschluss seinen Wohnsitz hatte. Der Wohnsitz einer Person ist definiert als der Ort, an dem sich die Person ständig niederlässt. Wurde der Vertrag allerdings im Gewerbebetrieb des Schuldners geschlossen, so tritt an die Stelle des Ortes des Wohnsitzes der Ort seiner gewerblichen Niederlassung, wenn dieser nicht mit seinem Wohnort übereinstimmt.

Individuelle Vereinbarungen

Gläubiger und Schuldner können abweichend von der gesetzlichen Regelung einen anderen als den gesetzlich vorgesehenen Leistungsort auswählen. Dies kann ausdrücklich geschehen, es kann sich aber auch aus den Umständen, unter denen der Vertragsschluss stattgefunden hat, ergeben. Für die zweite Alternative hält das Gesetz eine Auslegungsregelung bereit. Nach dieser Regelung ist aus dem Umstand allein, dass der Schuldner die Kosten der Versendung übernommen hat, nicht zu schließen, dass der Ort, an den die Leistung geschickt werden soll, der Leistungsort sein soll.

Auswirkungen des Leistungsortes auf die Art der Schuld

Der gesetzlich oder durch eine individuelle Vereinbarung bestimmte Vereinbarung hat Auswirkungen auf die Art und Weise, in welcher die Leistung des Schuldners gegenüber dem Gläubiger zu erfolgen hat. Grundsätzlich gibt es drei Schuldarten. Dies sind namentlich die Holschuld, die Bringschuld und die Schickschuld. Wie oben bereits erwähnt, liegen im gesetzlichen Normalfall der Leistungsort und der Erfolgsort beim Schuldner. Dieser muss demnach die Leistung bei sich zur Abholung durch den Gläubiger bereitstellen. Man spricht in diesem Fall daher von einer Holschuld. Übernimmt der Schuldner die Kosten der Versendung der Leistung zum Gläubiger, haben Schuldner und Gläubiger aber nicht vereinbart, dass auch der Leistungsort beim Gläubiger liegen soll, so greift die oben genannte gesetzliche Vermutung ein, dass der Leistungsort weiterhin beim Schuldner liegen soll, der Erfüllungsort jedoch beim Gläubiger liegt. In diesem Fall fallen Leistungsort und Erfolgsort auseinander. Man spricht hier von einer Schickschuld. Haben Gläubiger und Schuldner vereinbart, dass sowohl Leistungsort als auch Erfolgsort beim Gläubiger liegen sollen, so spricht man von einer Bringschuld. Zu beachten ist, dass die gesetzlichen Vorschriften über den Leistungsort auch für Geldschulden uneingeschränkt gelten. Eine Geldschuld wird durch einen vereinbarten Zahlungsort, der beim Gläubiger liegt also nicht zur Bringschuld, sondern bleibt, da der Leistungsort weiterhin beim Schuldner liegt, eine Schickschuld.

Rechtliche Bedeutung der verschiedenen Schuldarten

Die unterschiedlichen Schuldarten haben rechtliche Auswirkungen unter anderem auf den Zeitpunkt, in dem Erfüllung eintritt. Erfüllung ist das Erlöschen des Schuldverhältnis durch das Erbringen der geschuldeten Leistung. Hierbei kommt es nicht auf die Vornahme der Leistung, sondern auf den Erfolgseintritt an. Demnach liegt bei der der Holschuld Erfüllung dann vor, wenn der Gläubiger die Leistung beim Schuldner entgegennimmt. Bei der Schickschuld tritt Erfüllung ein, wenn die vom Schuldner versendete Leistung vom Gläubiger entgegengenommen wird. Bei der Bringschuld schließlich tritt Erfüllung dann ein, wenn der Gläubiger die ihm vom Schuldner angebotene Leistung bei sich annimmt.

Außerdem haben die unterschiedlichen Schuldarten Auswirkungen auf den Eintritt der Konkretisierung. Unter Konkretisierung wird der Moment verstanden, in dem sich die Gattungsschuld des Schuldners in eine Stückschuld wandelt, er also nicht mehr irgendeine von mehreren gleichartigen Sachen schuldet, sondern nur eine ganz spezielle. Bei der Holschuld tritt die Konkretisierung in dem Moment ein, in dem der Schuldner eine spezielle Sache aussondert und den Gläubiger verständigt, dass diese zur Abholung bereit steht. Bei der Schickschuld tritt die Konkretisierung in dem Moment ein, in dem der Schuldner die Sache einer geeigneten Transportperson übergibt. Bei der Bringschuld schließlich tritt die Konkretisierung in dem Moment ein, in dem der Schuldner bzw. dessen Gehilfe die Sache dem Gläubiger an dessen Wohnsitz übergibt.

Des Weiteren wirken sich die unterschiedlichen Schuldarten auf den Zeitpunkt aus, in dem der Gläubiger in Verzug gerät. Der Verzug des Gläubigers tritt dann ein, wenn er die Leistung des Schuldners, die möglich war und ihm dem Vertrag gemäß angeboten wurde, nicht zum Leistungszeitpunkt annimmt. Bei der Holschuld kommt der Gläubiger demnach dann in Verzug, wenn der Schuldner die Leistung im Zeitpunkt der Fälligkeit dem Gläubiger angeboten und diesen zur Abholung aufgefordert hat. Bei der Schickschuld und der Bringschuld tritt der Verzug des Gläubigers erst ein, wenn diesem die Leistung an dessen Wohnort bei Fälligkeit angeboten wurde und dieser sie nicht angenommen hat. Schließlich haben die unterschiedlichen Schuldarten auch Auswirkungen auf den Eintritt des Verzugs des Schuldners. Der Schuldner kommt dann in Verzug, wenn er die geschuldete Leistung trotz Fälligkeit nicht rechtzeitig erbringt. Bei der Holschuld ist dies also der Fall, wenn er die geschuldete Leistung nicht rechtzeitig zur Abholung durch den Gläubiger bereithält. Bei der Schickschuld kommt der Schuldner in Verzug, wenn er die Leistung nicht rechtzeitig an den Gläubiger versendet, bei der Bringschuld dann, wenn er die Leistung dem Gläubiger an dessen Wohnsitz nicht rechtzeitig anbietet.

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