Wie dürfen Amputationen an Tieren vorgenommen werden?


Wie steht es in Deutschland um den Tierschutz? Wenn man durch die Innenstadt deutscher Großstädte schlendert, wird man des Öfteren von Tierschutzorganisationen angesprochen, den Tierschutz finanziell zu unterstützen. Meist argumentieren sie mit dem schlechten Schutzniveau des Tierschutzes in Deutschland und mit der prekären Gesetzeslage. Doch wie sieht dies in Deutschland tatsächlich aus? Im Zusammenhang mit dem Schutz von Tieren gibt es verschiedene gesetzliche Vorschriften. So ordnet das Bürgerliche Gesetzbuch in Deutschland beispielsweise an, dass Tiere zwar keine Sachen darstellen, jedoch wie solche zu behandeln seien. Dies ist nicht abschätzig gemeint, vielmehr verdeutlicht es die Anwendbarkeit sämtlicher Normen, die für Sachen gelten, auch für Tiere. Damit einher geht die strafrechtliche Bewertung. Behandelt man Tiere juristisch wie Sachen, können die Körperverletzungsdelikte auf diese keine Anwendung finden. Quält also jemand ein Tier, kann derjenige nicht nach dem Tatbestand der Körperverletzung bestraft werden. Es handelt sich vielmehr um eine Sachbeschädigung. Doch ist das alles? Nein. Neben den Regelungen des Strafgesetzbuches und des Bürgerlichen Gesetzbuches bestehen auch noch spezielle Vorschriften im Tierschutzgesetz.

So stellt das Tierschutzgesetz bestimmte Verbote im Zusammenhang mit der Amputation von Körperteilen des Tieres auf. Danach ist es zum Beispiel verboten, Körperteile vollständig oder auch nur teilweise zu amputieren, zu entnehmen oder zu zerstören. Dies gilt nicht nur für Körperteile, sondern auch für das Gewebe des Tieres. Allerdings sind Ausnahmen von diesen Verboten möglich. Dies ist der Fall, wenn der grundsätzlich vom Tierschutzgesetz verbotene Eingriff im Einzelfall nach tierärztlicher Indikation geboten ist oder er bei jagdlich zu führenden Hunden für die vorgesehene Nutzung des Tieres unerlässlich ist und tierärztliche Bedenken hiergegen nicht entgegenstehen. Dasselbe gilt, wenn es sich um die Kastration von unter vier Wochen alten männlichen Rindern, Schafen und Ziegen handelt, sofern kein von der normalen anatomischen Beschaffenheit abweichender Befund vorliegt. Ebenso wird dies angenommen, wenn es sich um die Kastration von unter acht Tage alten männlichen Schweinen handelt und auch hier kein von der normalen anatomischen Beschaffenheit abweichender Befund vorliegt. Eine Ausnahme ist ebenfalls gegeben für das Enthornen oder das Verhindern des Hornwachstums bei unter sechs Wochen alten Rindern, für das Kürzen des Schwanzes von unter vier Tage alten Ferkeln sowie von unter acht Tage alten Lämmern, auch wenn dies mittels elastischer Ringe erfolgt, für das Abschleifen der Eckzähne von unter acht Tage alten Ferkeln, sofern dies zum Schutz des Muttertieres oder der Wurfgeschwister unerlässlich ist sowie für das Ab-setzen des krallentragenden letzten Zehengliedes bei Masthahnenküken, die als Zuchthäh-ne Verwendung finden sollen, während des ersten Lebenstages. Voraussetzung dafür ist allerdings jeweils, dass der Eingriff im Einzelfall für die vorgesehene Nutzung des Tieres zu dessen Schutz oder zum Schutz anderer Tiere unerlässlich ist.

Im Falle, dass das vollständige oder auch nur teilweise Entnehmen von Organen oder Ge-weben zum Zwecke der Transplantation oder des Anlegens von Kulturen oder der Unter-suchung isolierter Organe, Gewebe oder Zellen erforderlich ist, liegt ebenfalls eine Aus-nahmesituation vor. Dasselbe gilt, wenn zur Verhinderung der unkontrollierten Fortpflanzung oder – soweit tierärztliche Bedenken hiergegen nicht entgegenstehen – zur weiteren Nutzung oder Haltung des Tieres eine Unfruchtbarmachung vorgenommen wird.

Eingriffe, die nach tierärztlicher Indikation geboten sind oder solche bei jagdlich zu führenden Hunden, die für die vorgesehene Nutzung des Tieres unerlässlich sind und bei denen tierärztliche Bedenken nicht entgegenstehen, müssen durch einen Tierarzt vorgenommen werden. Dies gilt ebenfalls für die Unfruchtbarmachung, die zur Verhinderung der unkontrollierten Fortpflanzung oder – soweit tierärztliche Bedenken nicht entgegenstehen – zur weiteren Nutzung oder Haltung des Tieres vorgenommen wird. Die sonstigen Eingriffe sind grundsätzlich nicht von einem Tierarzt durchzuführen, hierbei genügt es in der Regel, dass sie von einer Person vorgenommen werden, die die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten hierzu hat. Handelt es sich um die Kastration eines über sieben Tage alten Schweines, so müssen im Anschluss hieran dem Tier schmerzstillende Arzneimittel sowie Betäubungsmittel verabreicht werden.

Die Eingriffe können jedoch nicht ohne vorherige Anzeige vorgenommen werden. Innerhalb einer Frist von maximal zwei Wochen vor dem Eingriff müssen diese der zuständigen Behörde gegenüber angezeigt werden. Dies kann jedoch nicht in allen Fällen gewährleistet werden. Ist in Ausnahmefällen – wie bei Notfällen – die sofortige Durchführung des Eingriffs erforderlich und kann der Eingriff nicht zwei Wochen zuvor angezeigt werden bei der Behörde, so muss dies nicht erfolgen. Allerdings muss die Anzeige des Eingriffs gegenüber der zuständigen Behörde unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, nachgeholt werden. Falls dies erforderlich sein sollte, hat die Behörde die Möglichkeit, diese Frist auf einen Zeitraum von bis zu vier Wochen auszudehnen.

Die Anzeige umfasst verschiedene Komponenten. Dazu gehören der Zweck des Eingriffs, die Art sowie die Anzahl der für den Eingriff vorgesehenen Tiere, die Art und die Durchführung des Eingriffs einschließlich der Betäubung, der Ort, der Beginn und die voraussichtliche Dauer des Vorhabens, der Name, die Anschrift und die Fachkenntnisse des verantwortlichen Leiters des Vorhabens und seines Stellvertreters sowie der durchführenden Person und die für die Nachbehandlung in Frage kommenden Personen sowie eine Begründung für den Eingriff.

Grundsätzlich ist es vom Tierschutzgesetz verboten, beim Amputieren oder Kastrieren elastische Ringe zu verwenden. Hiervon sind allerdings zwei Ausnahmen zugelassen: das Kürzen des bindegewebigen Endstückes des Schwanzes von unter drei Monate alten männlichen Kälbern sowie das Kürzen des Schwanzes von unter acht Tage alten Lämmern.

In bestimmten Fällen hat die Behörde die Möglichkeit, das Kürzen der Schnabelspitzen von Legehennen bei unter zehn Tage alten Küken, das Kürzen der Schnabelspitzen bei Nutzgeflügel sowie das Kürzen des bindegewebigen Endstückes des Schwanzes von unter drei Monate alten männlichen Kälbern mittels elastischer Ringe zu erlauben. Allerdings gelten gewisse Anforderungen hieran. Die Behörde darf eine solche Erlaubnis nicht inflationär erteilen. Vielmehr muss zuvor glaubhaft dargelegt werden, dass der Eingriff im Hinblick auf die vorgesehene Nutzung zum Schutz der Tiere unerlässlich ist. Darüber hinaus muss die Erlaubnis eine Frist enthalten. In Bezug auf das Kürzen der Schnabelspitzen von Legehennen bei unter zehn Tage alten Küken muss sie Angaben über die Art, den Umfang und den Zeitpunkt des Eingriffs sowie die durchführende Person enthalten.

Überdies ermächtigt das Tierschutzgesetz das Bundesministerium für Ernährung, Land-wirtschaft und Verbraucherschutz durch den Erlass einer Rechtsverordnung, welcher der Bundesrat, in dem sämtliche Bundesländer der Bundesrepublik Deutschland vertreten sind, zustimmen muss, die dauerhafte Kennzeichnung von Tieren, an denen nicht offensichtlich erkennbare Eingriffe vorgenommen worden sind, vorzuschreiben, wenn dies zum Schutz der Tiere erforderlich ist.

Durchsuchen Sie Rechtssartikel