Das Widerrufsrecht des Versicherungsnehmers


Ein Versicherungsvertragsverhältnis kann aus unterschiedlichen Gründen enden. Der häuftigste Fall ist, dass das Vertragsverhältnis durch Zeitablauf endet. Der Versicherungsvertrag endet somit zu dem vertraglich vereinbarten Zeitpunkt, wie von den Parteien gewollt. Daneben besteht die Möglichkeit, den Vertrag einvernehmlich von beiden Vertragspartnern, also dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer, aufgehoben werden. Einseitig kann der Versicherungsnehmer den Vertrag durch Widerruf, Kündigung oder Rücktritt vom Vertrag beenden.

Das Versicherungsrecht gewährt dem Versicherungsnehmer ein besonderes Widerrufsrecht, dass er innerhalb einer Frist von zwei Wochen ausüben kann. Während die Frist läuft, ist der Versicherungsvertrag schwebend unwirksam. Das bedeutet, dass die Wirksamkeit des Versicherungsvertrages innerhalb dieser Zeit noch unsicher ist und sich sowohl zu einem wirksamen als auch zu einem unwirksamen Vertrag entwickeln kann. Während dieser Zeit besteht jedoch der Versicherungsschutz bereits. Das Widerrufsrecht ist somit rechtlich überaus vorteilhaft für den Versicherungsnehmer und dient seinem Schutz. Der Versicherungsnehmer genießt während der zweiwöchtigen Frist den vollen Versicherungsschutz und kann sich dennoch frei entscheiden, ob er an dem geschlossenen Vertrag wirklich festhalten möchte oder nicht. Die Widerrufsfrist ist bei Lebensversicherungen länger und beträgt dreißig Tage.

Die Frist wird in Gang gesetzt, wenn dem Versicherungsnehmer der Versicherungsschein und sämtliche Informationen und Unterlagen über den Versicherungsvertrag vorliegen. Darüber hinaus muss der Versicherer den Versicherungsnehmer darüber belehren, dass ihm ein Widerrufsrecht zusteht. Das hat den Hintergrund, dass der Versicherungsnehmer sein Widerrufsrecht natürlich nur ausüben kann, wenn er Kenntnis davon hat, dass es ihm zusteht. Die Beweislast für die Zusendung der vollständigen Unterlagen sowie der ordnungsgemäßen Belehrung liegt beim Versicherer. Das bedeutet, dass der Versicherer im Zweifelsfall beweisen muss, dass er die Unterlagen vollständig zugesandt hat und den Versicherungsnehmer wie vorgeschrieben über sein Widerrufsrecht belehrt hat. Betrachtet man die Folgen der Verletzung dieser Verpflichtungen durch den Versicherer, wird die Wichtigkeit dieser Regelung deutlich. Dem Versicherungsnehmer steht als Folge nämlich ein dauerhaftes Widerrufsrecht zu. Er kann sich also jederzeit von dem Versicherungsvertrag lösen. Es entsteht somit ein sogenanntes ewiges Widerrufsrecht. Der Widerruf muss in Textform, also schriftlich, dem Versicherer mitgeteilt werden. Eine Begründung muss der Widerruf nicht enthalten. Zur Einhaltung der Frist genügt es, den Brief rechtzeitig, also innerhalb der zweiwöchigen Frist, abzusenden.

In wenigen Ausnahmefällen besteht ein Widerrufsrecht nicht; so im Falle einer Vertragslaufzeit von weniger als einem Monat, Versicherungsverträgen über ein Großrisiko, Verträgen bei Pensionskassen, die auf arbeitsvertraglichen Regelungen beruhen sowie bei Versicherungsverträgen über vorläufige Deckung. In den letzten beiden genannten Fällen besteht eine Rückausnahme, wenn es sich bei dem Vertrag um einen sogenannten Fernabsatzvertrag handelt. Ein Fernabsatzvertrag ist ein Vertrag, der zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln geschlossen wird, also zum Beispiel über das Internet.

Die rechtlichen Folgen eines Widerrufs betreffen hauptsächlich die Prämien, die der Versicherungsnehmer bereits an den Versicherer gezahlt hat. Da der Vertrag mit der Ausübung des Widerrufsrechtes dauerhaft unwirksam wird, ist der Versicherer verpflichtet, ab diesem Zeitpunkt die Prämien zurück zu zahlen. Dies bezieht sich jedoch nicht darauf, wann der Versicherungsnehmer die Zahlung geleistet hat, sondern vielmehr darauf, welcher Teil der Zahlung auf den Zeitraum nach Ausübung des Widerrufsrechtes entfällt. Hat zum Beispiel der Versicherungsnehmer Prämien für einen Monat gezahlt und widerruft den Vertrag nach 2 Wochen fristgerecht, bekommt er die Hälfte seiner gezahlten Prämien zurück, da nach 2 Wochen der Vertrag unwirksam geworden ist und die Hälfte der Prämie auf diesen Zeitraum entfällt. Der Versicherer muss die Prämie binnen 30 Tagen erfüllen. Eine Ausnahme besteht, wenn der Versicherer nicht auf das Widerrufsrecht hingewiesen hat. Dann muss er die Prämien für das erste Versicherungsjahr vollständig zurück zahlen, sofern der Versicherungsnehmer die Versicherung nicht in Anspruch genommen hat.

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