Welche Pflichten habe ich als Versicherungsnehmer?


Die Hauptpflicht des Versicherungsnehmers besteht darin, die Versicherungsprämien an den Versicherer zu zahlen. Die Parteien können vereinbaren, dass die Prämien für die gesamte Vertragslaufzeit auf einmal gezahlt werden oder während der Vertragslaufzeit zu zeitlich aufeinander folgenden Zeitpunkten entrichtet werden sollen. Wird die Prämie nicht in Form einer Einmalprämie geleistet, ist zwischen der ersten Prämie und den Folgeprämien zu unterscheiden. Die erste Prämie sowie die Einmalprämie sind mit Ablauf der Widerspruchsfrist, also zwei Wochen nach Zusendung des Versicherungsscheines sowie der übrigen Unterlagen, fällig. Erfolgt die Zahlung der Erst- oder Einmalprämie nicht rechtzeitig, hat dies zur Folge, dass der Versicherer bei Eintritt des Versicherungsfalls nicht zur Leistung verpflichtet ist. Er muss also den Schaden des Versicherungsnehmers nicht regulieren. Darüber hinaus kann er vom Versicherungsvertrag zurück treten. Diese beiden Rechtsfolgen treten jedoch nur rein, wenn der Versicherungsnehmer die Nichtleistung auch zu vertreten hat. Der Versicherungsnehmer hat die Nichtleistung zu vertreten, wenn er für eigenes oder fremdes Verschulden einzustehen hat. Hat er zum Beispiel einfach vergessen die Prämie an den Versicherer zu überweisen, hat er dies zu vertreten, wohingegen er es nicht zu vertreten hat, wenn ein Mitarbeiter seiner Bank seinen Überweisungsträger verliert und deshalb keine Überweisung vornimmt.

Zahlt der Versicherungsnehmer eine Folgeprämie nicht rechtzeitig, kann der Versicherer auf Kosten des Versicherungsnehmers eine Frist zur Zahlung bestimmen, die jedoch mindestens zwei Wochen betragen muss. Dabei muss er die ausstehenden Prämien, Zinsen und Kosten im Einzelnen beziffern und dem Versicherungsnehmer mitteilen, dass er bei Nichtzahlung innerhalb der gesetzten Frist den Vertrag ohne Einhaltung einer Frist kündigen kann sowie nicht mehr zur Leistung verpflichtet ist, solange der Versicherungsnehmer die Prämie nicht nachgezahlt hat. Tritt also der Versicherungsfall nach Fristablauf ein, muss der Versicherer nicht mehr für den entstandenen Schaden aufkommen. Der Versicherer kann sogar, allerdings nur sofern er den Versicherungsnehmer auch darauf ausdrücklich hinweist, mit der Bestimmung der Zahlungsfrist die Kündigung verbinden, sofern er Versicherungsnehmer bis zum Ablauf der Frist die Prämien, Zinsen und Kosten nicht bezahlt hat. Allerdings wird diese Kündigung unwirksam, wenn der Versicherungsnehmer innerhalb eines Monats nach Fristablauf die Zahlung leistet. Die Leistungsfreiheit des Versicherers bleibt jedoch für diesen Zeitraum bestehen. Nach Ablauf der Frist ist er bis zur Zahlung der ausstehenden Beträge mithin nicht verpflichtet, im Versicherungsfall zu leisten.

Neben der Zahlungspflicht ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, verschiedene Obliegenheiten zu erfüllen. Obliegenheiten sind bloße Verhaltensnormen, die nicht gerichtlich oder behördlich erzwungen werden können. Allerdings kann die Nichteinhaltung zur Folge haben, dass der Versicherungsnehmer seinen Versicherungsanspruch verliert, sofern er die Verletzung der Obliegenheit verschuldet, also vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt hat. Vorsätzlich handelt, wer wissentlich und willentlich eine Obliegenheit verletzt. Ein Fall des grob fahrlässigen Handelns liegt vor, wenn die erforderliche Sorgfalt in besonderem Maße nicht beachtet wurde. Es ist gesetzlich geregelt, dass sich an eine Obliegenheitsverletzung keine für den Versicherungsnehmer nachteilige Rechtsfolge, wie die Leistungsfreiheit des Versicherers oder eine Kündigung knüpfen darf, wenn sie nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig begangen wurde. Schuldlose oder einfach fahrlässige Verletzungen bleiben somit folgenlos.

Es gibt vertragliche und gesetzliche Obliegenheiten. Vertragliche Obliegenheiten sind solche, die in die Parteien durch eine Individualabrede oder formularmäßig, zum Beispiel durch Allgemeine Versicherungsbedingungen, vereinbart haben. Bei gesetzlichen Obliegenheiten handelt es sich regelmäßig um Anzeige- und Aufklärungspflichten, die der Versicherungsnehmer erfüllen muss, um seinen Anspruch nicht zu verlieren. Meist nehmen die Versicherer diese gesetzlichen Obliegenheiten auch in ihre Versicherungsverträge auf und verbinden sie mit einer konkreten Rechtsfolge. Das ist besonders bedeutsam für die gesetzlichen Obliegenheiten, an die das Gesetz keine Rechtsfolge knüpft. Welche Folge sich an die Verletzung einer Obliegenheit knüpft, richtet sich bei gesetzlichen Obliegenheiten also entweder nach dem Gesetz oder danach, welche vertragliche Folge der Verletzung die Parteien vereinbart haben, wenn das Gesetz selbst keine Rechtsfolge an die Pflichtverletzung anknüpft. Die Rechtsfolge einer vertraglichen Obliegenheit bestimmt sich nach der im Vertrag vereinbarten Rechtsfolge.

Abzugrenzen sind die Obliegenheiten von Risikobeschreibungen. In einem Versicherungsvertag können bestimmte Risiken von vorne herein ausgeschlossen werden. Zum Beispiel kann innerhalb einer Risikolebensversicherung ausgeschlossen werden, dass der Versicherer im Todesfalle leisten muss, wenn der Versicherungsnehmer bei der Ausübung von Extremsportarten wie Paragliding verstirbt. Verwirklicht sich ein vertraglich ausgeschlossenes Risiko, muss der Versicherer ohnehin nicht leisten. Auf ein Verschulden des Versicherungsnehmers kommt es dabei nicht an, wohingegen das Verschulden für die Rechtsfolge einer Obliegenheitsverletzung ausschlaggebend ist. Macht der Versicherer auf Grund der Stellung im Vertrag und der Formulierung eine Obliegenheit zu einer Risikobeschreibung, spricht man von einer verhüllten Obliegenheit. Eine verhüllte Obliegenheit führt dazu, dass die gesetzlichen Vorschriften Anwendung finden und eine Rechtsfolge der Verletzung der Obliegenheit weiterhin davon abhängig ist, ob der Versicherungsnehmer sie vorsätzlich oder grob fahrlässig begangen hat. Diese Regelung schützt den Versicherungsnehmer davor, in diesem Falle verschuldensunabhängig den Versicherungsschutz zu verlieren. Verhüllte Obliegenheiten werden also wie normale Obliegenheiten behandelt. Um festzustellen, ob es sich bei der Regelung um eine verhüllte Obliegenheit oder um eine Risikobeschreibung handelt, muss diese ausgelegt werden. Eine Auslegung ist eine Interpretation der Regelung unter Berücksichtigung dessen, was die Parteien bei Abschluss des Vertrages mit der Regelung bezwecken wollten.

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