Die Entstehungsgeschichte des Gesetzes über den Versicherungsvertrag


Obwohl das Gesetz über den Versicherungsvertrag im annähernd gleichen Zeitraum geschaffen wurde wie das Bürgerliche Gesetzbuch, traf man bei der Schaffung des Gesetzes über den Versicherungsvertrag auf eine grundlegend andere rechtspolitische Lage als bei der Schaffung des Bürgerlichen Gesetzbuches. Zwar mögen diese Unterschiede unter Umständen auch lediglich in einer unterschiedlichen Betrachtungsweise begründet sein. Jedenfalls aber liegt dem Gesetz über den Versicherungsvertrag ein völlig anderer Ansatz zugrunde als dem Bürgerlichen Gesetzbuch.

Grundlage des Bürgerlichen Gesetzbuches

Mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch wurde im Wesentlichen der Zweck verfolgt, im gesamten Deutschen Reich eine Rechtseinheit herbeizuführen. Bei der Normierung der im Bürgerlichen Gesetzbuch enthaltenen Vertragstypen konnten die Redaktoren auf zahlreiche gesetzliche Regelungsmodelle in den verschiedenen deutschen Ländern zurückgreifen. Dabei war der Gesetzgeber jeweils bestrebt, aus einer Vielzahl von möglichen Regelungen eines bestimmten Vertragstyps eine konsensfähige und praktikable Regelung eben dieses bestimmten Vertragstyp zu schaffen. Diese allgemeine Regelung sollte dem Bürger dann als vernünftiges und gerechtes Muster für die Verträge, derer er bedurfte, dienen. Die Problematik der allgemeinen Geschäftbedingungen war zur Zeit der Entstehung des Bürgerlichen Gesetzbuches jedoch noch nicht in das Bewusstsein des Gesetzgebers vorgedrungen.

Grundlage des Gesetzes über den Versicherungsvertrag

Bei der Schaffung des Gesetzes über den Versicherungsvertrag hingegen gestaltete sich die Ausgangslage anders. Unmittelbare und eigene Regelungen des Inhalts von Versicherungsverträgen existierten zu dieser Zeit allenfalls in einzelnen deutschen Partikularstaaten. Für eine Implementierung in das Bürgerliche Gesetzbuch oder in das Handelsgesetzbuch wurde das Gebiet des Versicherungsrechts allgemein als zu speziell und noch nicht reif für eine umfassende Kodifikation angesehen. Nichtsdestotrotz existierten bereits in diesen Jahren zahlreiche allgemeine Versicherungsbedingungen. Im wesentlichen freien Raum der Privatautonomie bestimmten diese allgemeinen Versicherungsbedingungen in der Regel den Inhalt der einzelnen Versicherungsverträge. Den Gerichten war es jedoch mangels ihnen zur Verfügung stehender Instrumentarien damals nicht möglich, den Inhalt der Versicherungsverträge hinreichend zu kontrollieren. Dies mag unter anderem auch daran gelegen haben, dass es insbesondere noch keine Kontrolle allgemeiner Geschäftsbedingungen im heutigen Sinne gab.

Einen ersten Regulierungsversuch unternahm der damalige Gesetzgeber des deutschen Reiches im Jahre 1901 mit dem Gesetz über die privaten Versicherungsunternehmen, welches zum Aufsichtsrecht gezählt werden kann. Als Anlass für den Erlass dieses Gesetzes können Missstände in den finanziellen Gebaren vieler privater Versicherungsunternehmungen genannt werden. Eingeführt wurde durch das Gesetz über die privaten Versicherungsunternehmungen außerdem eine Pflicht zur Genehmigung aller im Massenverkehr wichtigen allgemeinen Versicherungsbedingungen. Hierdurch sollte der Rechtsverkehr vor unangemessenen Benachteiligungen geschützt werden. Im Laufe der Jahre wurde die besagte Genehmigungspflicht jedoch weitgehend wieder aufgehoben.

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