Was ist ein privater Versicherungsvertrag und wie gehe ich ihn ein?


Ein Versicherungsvertrag liegt vor, wenn sich jemand sich als Versicherer vertraglich gegen Entgelt verpflichtet, eine vermögenswerte Leistung im Falle des Eintritts eines ungewissen Schadensereignisses einer anderen Person gegenüber (Versicherungsnehmer) zu erbringen. Das damit verbundene wirtschaftliche Risiko muss sich dabei auf eine Mehrzahl von Personen beziehen, die von der gleichen Gefahr bedroht werden. Grundlage für die Risikoübernahme ist eine auf der Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Zufallsereignisses basierende Kalkulation. Die Ungewissheit des Eintritts des Schadensereignissen ist ein wesentliches Element jedes Versicherungsvertrages. Sie kann sich auf den generellen Eintritt des Ereignissen beziehen, wie zum Bespiel bei einer Feuerschutzversicherung hinsichtlich des Ausbruchs eines Feuers in dem versicherten Haus. Sie kann sich jedoch auch auf den Zeitpunkt des Ereignisses beziehen, wenn dessen Eintritt sicher ist. Ein Beispiel dafür ist der Eintritt des Todes bei einer Lebensversicherung.

Da ein Versicherungsvertrag ein schuldrechtlicher Vertrag ist, wird er durch zwei korrespondierende, also übereinstimmende Willenserklärungen, nämlich Antrag und Annahme, eingegangen. Das Bürgerliche Gesetzbuch findet auf Versicherungsverträge Anwendung, sofern das Versicherungsrecht keine Sonderregelungen enthält, die den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches als spezielleres Recht vorgehen. Der Versicherungsvertrag unterliegt keinem Formerfordernis. Er kann also auch mündlich geschlossen werden. In der Praxis werden Versicherungsverträge jedoch in aller Regel schriftlich geschlossen. Häufig verwenden Versicherer Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB), die ihrer Rechtsnatur nach Allgemeine Geschäftsbedingungen sind. Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen sind für eine Vielzahl von Versicherungsverträgen vorformulierte vertragliche Regelungen, die der Versicherer beim Abschluss des Versicherungsvertrages mit dem Versicherungsnehmer verwendet.

Der Antrag zum Abschluss eines Versicherungsvertrages kann von beiden Parteien erfolgen. In der Praxis ist es jedoch der Regelfall, dass der Versicherungsnehmer den Antrag auf Eingehung des Versicherungsvertrages abgibt. Häufig übersendet der Versicherer dem Versicherungsnehmer die Antragsunterlagen für die Versicherung zu, nachdem sich der Versicherungsnehmer zum Beispiel, weil er durch Werbung auf die Versicherung aufmerksam geworden ist, bei der Versicherung meldet. Da der Versicherer in diesem Zeitpunkt das wirtschaftliche Risiko des Versicherungsvertrages noch nicht kennt, insbesondere weil ihm die genauen Angeben des Versicherungsnehmers noch nicht vorliegen, handelt es sich bei der Zusendung der Unterlagen nicht um einen Antrag seinerseits, sondern um eine Einladung oder Aufforderung zur Abgabe eines Antrags, eine sogenannte invitatio ad offerendum. Der Versicherungsnehmer unterbreitet sodann den Antrag, indem er die ausgefüllten und unterschriebenen Versicherungsunterlagen an den Versicherer zurücksendet.

Die Annahme durch den Versicherer erfolgt meist konkludent, also durch schlüssiges Verhalten, indem er dem Versicherungsnehmer den Versicherungsschein zusendet. Auch im Versicherungsrecht gibt der Grundsatz, dass Schweigen keine Willenserklärung darstellt. Sendet der Versicherungsnehmer also die Antragsunterlagen nicht ausgefüllt zurück oder gibt anderweitig zu erkennen, dass er den Versicherungsvertrag abschließen möchte, liegt kein Antrag auf Eingehung eines Vertrages vor. Dasselbe gilt, wenn der Versicherungsnehmer nach Zurücksendung der Unterlagen den Versicherungsschein nicht zusendet und sich auch nicht anderweitig dahingehend äußert, dass er den Vertrag eingehen möchte. In beiden Fällen ist ein Versicherungsvertrag nicht geschlossen worden.

Der Versicherer ist nach dem Versicherungsvertragsgesetz verpflichtet, dem Versicherungsnehmer einen Versicherungsschein auszustellen. Ein Versicherungsschein ist eine Urkunde, die nachweist, dass der Versicherungsvertrag zwischen den Parteien abgeschlossen wurde. Die Wirksamkeit des Versicherungsvertrages bleibt von der Zusendung des Versicherungsscheins jedoch unberührt. Er besteht auch, wenn der Versicherer den Versicherungsschein nicht übersendet. Gleichwohl hat der Versicherungsnehmer einen Anspruch auf die Zusendung des Versicherungsscheines.

Kommt der Versicherer nach Prüfung der Antragsunterlagen des Versicherungsnehmers zu dem Ergebnis, ihn nicht zu den üblichen Konditionen, sondern auf Grund eines erhöhten Risikos nur zu besondere Konditionen versichern zu können, kann der Vertrag mit vom Antrag abweichenden Konditionen zustande kommen. Ein Beispiel für ein erhöhtes Risiko ist eine chronische Erkrankung bei Eingehung einer privaten Krankenversicherung. In der Praxis wird der Versicherer häufig einfach den Versicherungsschein mit den besonderen Konditionen zusenden. Diese können beispielsweise ein Risikoausschluss oder erhöhte Prämien sein. Nach den Grundsätzen des Bürgerlichen Gesetzbuches stellt die Zusendung des Versicherungsscheines mit den besonderen Konditionen einen neuen Antrag auf Abschluss des Versicherungsvertrages dar, da wesentliche Teile des vom Versicherungsnehmer abgegebenen Antrages abweichen. Zur Eingehung des Vertrages müsste nun der Versicherungsnehmer den neuen Antrag ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten annehmen. Schweigt er, käme kein Vertrag zustande, da Schweigen grundsätzlich keine Willenserklärung darstellt. Dieser Grundsatz wird hier durchbrochen. Die allgemeinen Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuches werden hier durch eine spezialgesetzliche Regelung, nämlich die im Versicherungsvertragsgesetz normierte Billigungsklausel, verdrängt. Die Billigungsklausel besagt, dass in dieser konkreten Situation das Schweigen des Versicherungsnehmers als Willenserklärung gilt. Dem Versicherungsnehmer steht jedoch ein Widerspruchsrecht zu. Er kann binnen eines Monats der Abänderung widersprechen, sofern der Versicherer den Versicherungsnehmer ausdrücklich bei der Zusendung des Versicherungsscheines auf die Fiktion der Genehmigung, also der Geltung des Schweigens als Willenserklärung, hingewiesen hat. Der Widerspruch muss in Textform erfolgen. Das bedeutet, er muss schriftlich erfolgen, ist jedoch auch ohne Unterschrift gültig, sofern erkennbar ist, wer die Erklärung abgegeben hat. Widerspricht der Versicherungsnehmer nicht innerhalb der Monatsfrist, gilt sein Schweigen als Annahme des modifizierten Angebotes. Hat der Versicherer nicht ausdrücklich auf die Genehmigungsfiktion hingewiesen, kommt der Vertrag zu den Bedingungen des Antrages des Versicherungsnehmers zustande.

Durchsuchen Sie Rechtssartikel