Wann darf eine Person festgehalten und festgenommen werden?


Wird jemand zum Opfer einer Straftat so ist er interessiert daran, dass die Täter, die ihm die Straftat angetan haben, schleunigst gefunden werden und die Gerichte beginnen können ihre Arbeit zu tun, so dass sie möglichst schnell ihre gerechte Strafe bekommen. Jedoch ist es gar nicht so leicht den Täter, beispielsweise einer absichtlichen, also willentlich und wissentlich herbeigeführten Sachbeschädigung ausfindig zu machen, wenn dieser nach der Tat sofort flieht und man ihn auch nicht kennt. Selbst wenn man sich die Autonummer, die Kleidung oder gar das Gesicht gemerkt hat, so dass die zuständige Polizei mittels eines speziellen Computerprogrammes ein Phantombild herstellen kann und anschließend eine Fahndung herausgeben kann, um den oder die Täter zu finden, so ist trotzdem niemals sicher, dass er oder sie auch tatsächlich gefasst wird.

In einem solchen Phantombild kann der Betroffene zunächst die spezielle individuelle Kopfform, dann die Haarfarbe bzw. Haarfrisur, die Augenform und die Augenfarbe, die Nasenform, gegebenenfalls vorhandene markante Wangenknochen, die Form des Mundes oder sonstige auffallende Kennzeichen des Gesichtes, wie zum Beispiel ein Muttermal angeben, welches der Beamte dann in der beschriebenen Weise in das Computerbild einfügt, so dass am Ende hoffentlich der Täter auf dem Bild zu sehen ist. Dies hilft der Polizei unter Umständen weiter den Täter zu finden. Je mehr individuellen Merkmale der Leidtragende angeben kann, umso besser ist das für die Erstellung eines Phantombild.

Weil es eben sehr schwer ist einen potentiellen Straftäter nach der Tat zu finden billigt die Rechtsordnung in der Strafprozessordnung jedem Menschen in Deutschland das Jedermannfestnahmerecht zu. Durch dieses kann das Opfer oder der Augenzeuge den Täter auf frischer Tat festnehmen. Notfalls kann er dies auch mit körperlicher Gewalt und damit auch mit unmittelbarem Zwang durchsetzen, so dass der Täter auf keinen Fall entkommen kann. Jedoch sollte man auch hier im Rahmen der Verhältnismäßigkeit handeln und den Täter nicht misshandeln oder gar schwer verletzen nur das er nicht flüchtet. Die angewendeten Mittel dürfen folglich nicht außer dem Verhältnis zum angestrebten Ziel stehen, welches ja wie bereits dargestellt das Festhalten zur Fluchtvermeidung bzw. –verhinderung ist.

Wichtig ist aber ,dass der Täter auf frischer Tat betroffen ist, man ihn also bei oder wirklich nur kurz nach der Tat antrifft, beispielsweise wenn man nach Hause kommt und einen Einbrecher in seiner Wohnung vorfindet, der auch noch den teuren Schmuck der Ehefrau in seinen Händen hält. Dann hat man ihn auf frischer Tat bei einem Einbruch, der zum Zwecke eines Diebstahls geschehen ist ertappt. Erkennt man einen Täter allerdings erst ein paar Wochen später in einem Einkaufszentrum wieder, so wird es etwas problematisch mit dem Festnahmerecht, es scheidet nämlich aus, da der Täter ja nicht mehr auf frischer Tat betroffen ist. Allerdings ist es auch erlaubt dem Täter nach einer Straftat nachzulaufen, ihn also zu verfolgen und dann festzunehmen oder aber der Polizei mitzuteilen wo der Täter sich aufhält. In Zeiten von Mobiltelefonen ist dies relativ einfach handhabbar. Dieses Recht steht auch Minderjährigen, also Personen unter 18 Jahren zu. Insgesamt sollte man sich aber schon sehr sicher sein, dass der Festgenommene auch tatsächlich der Täter ist. Hat dieser gar keine Straftat gemacht und man nimmt ihn trotzdem fest, kommt es darauf an was der Festnehmende gedacht oder gewusst hat. Zwei Beispiele zur Verdeutlichung:

Z sieht wie sich V mit einer Zwickzange an einem Rad unmittelbar vor dem Berliner Hauptbahnhof zu schaffen macht und dabei versucht, das Schloss des Fahrrades gewaltsam zu öffnen. Z nimmt den V daraufhin mittels körperlicher Gewalt, um den Widerstand des V zu brechen, fest und übergibt ihn der Bundespolizei, da er dachte, dass der V ein ihm nicht gehörendes Fahrrad wegnehmen will. In Wahrheit ist das Fahrrad aber im Eigentum des V, dieser hatte lediglich seinen Fahrradschlossschlüssel daheim vergessen und nun keine andere Wahl als entweder das Schloss aufzubrechen oder nach Hause zu laufen. Hätte Z nun gewusst oder erahnen müssen, dass dieses Rad dem V gehört und auch in seinem Eigentum ist, so hätte er sich unter Umständen einer Freiheitsberaubung und einer Körperverletzung strafbar gemacht, da er ihn festgehalten hat und dies mit körperlicher Gewalt durchgesetzt hat. Musste Z aber nach allem Anschein fest davon ausgehen, dass der V sich hier einer Straftat schuldig macht und er handeln müsste, so erfüllt er zwar die gleichen Straftatbestände, aber er handelt im sogenannten Erlaubnistatbestandsirrtum, welcher die Vorsatzschuld entfallen lässt da er sich irrt. Er wird also für diese Tat nicht bestraft. Bevor man also jemanden festnimmt und das kann einem täglich passieren, sollte man kurz in sich gehen und sich fragen: „Stimmt das was ich sehe? Kenne ich den Mann/die Frau? Was genau tut er/sie da gerade?“ Ist man sich sicher so kann man dieses Festnahmerecht benutzen.

Außerdem muss man sich noch den Zweck dieser Vorschrift in das Gedächtnis rufen, nämlich, dass die Identität des Täters zweifelsfrei herausgefunden werden kann und dieser sich nicht der Strafbarkeit oder anderer insbesonderen zivilrechtlichen Schadensersatzforderungen entziehen kann. Kennt man den Täter also bereits und weiß wo er wohnt oder sich gewöhnlich aufhält so braucht und darf man ihn nicht festnehmen. Erneut zwei Beispiele:

Nachbar N sieht wie wiederum sein Nachbar T den Spiegel vom Auto des N abtritt. Der N braucht jetzt nicht auf die Straße zu stürmen und diesen Festnehmen, es reicht aus wenn er die Polizei ruft und ihnen den Sachverhalt mitteilt und den Schaden zeigt. Diese wird sich dann umgehend der Sache annehmen und den T dazu befragen. Ist allerdings nicht sofort ein Schaden erkennbar, so kann es aber auch hier angebracht sein den Täter sofort zur Rede zu stellen. Man muss ihn ja nicht gleich attackieren. Es reicht ja aus ihm mitzuteilen, dass er an Ort und Stelle bleiben soll und man nun die Polizei verständigen wird.

Das zweite Beispiel: Pfarramtssekretärin P sieht wie ein Kirchenbesucher vor dem Gottesdienst vom Neid gepackt wird und mit seinem Schlüssel einen vor der Kirche geparkten Sportwagen die Seitentüre verkratzt. Auch sie muss jetzt nicht hinausstürmen sondern kann in Ruhe die Polizei herbeiholen. Diese kann den Straftäter nach dem Gottesdient schließlich vor der Kirche in Empfang nehmen. Die Polizei hat nämlich aufgrund ihrer besonderen Stellung im Polizeigesetz und in der Strafprozessordnung weitergehende Festnahmebefugnisse und kann gegen diesen entsprechend effektiv einschreiten.

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