Ausschluss des Anspruchs auf Beseitigung eines Gebäudeteils


Das Nachbarrecht ist in Deutschland Sache der Länder. Dies bedeutet, dass es kein umfas-sendes Nachbarrechtsgesetz gibt, welches deutschlandweit Wirkung entfaltet. Vielmehr liegt es in der Kompetenz eines jeden Bundeslandes, ein eigenes Nachbarrechtsgesetz zu erlassen. Aus diesem Grund bestehen in Deutschland auch viele verschiedene Nachbar-rechtsgesetze. Dennoch unter-scheiden sie sich nicht gänzlich. Die grundsätzlichen Rege-lungen der jeweiligen Nachbarrechts-gesetze sind sich nämlich sehr ähnlich und umfassen den gleichen Regelungsgegenstand.

Der erste Abschnitt des Nachbarrechtsgesetzes Nordrhein Westfalen befasst sich mit dem Grenz-abstand zwischen Gebäuden. Hier werden die Abstände zwischen den einzelnen Gebäuden normiert. Von der Grenze muss ein Mindestabstand von 2 Metern zu den Au-ßenwänden eines Gebäudes gehalten werden. Handelt es sich bei dem Gebäude um einen nicht zum Betreten bestimmten oberirdischen Gebäudeteile, so beträgt der Mindestabstand von der Grenzen lediglich einen Meter. Dabei bestehen auch gewisse Normen für die Mes-sung. So ist der zu errechnende Abstand waagerecht vom grenznächsten Punkt der Au-ßenwand oder des Bauteils aus rechtswinklig zur Grenze zu messen.

Werden diese gesetzlichen Vorgaben nicht eingehalten, hat der benachteiligte Nachbar grundsätzlich einen Anspruch auf die Beseitigung des Gebäudeteils, der zu nah an der Grenze gebaut wurde und damit die Mindestabstände unterschritten hat. Allerdings kann es auch passieren, dass dieser Anspruch ausgeschlossen ist. Ähnlich wie die Verjährung dient auch der Ausschluss des Anspruchs auf die Beseitigung des zu nah an der Grenze gebauten Gebäudeteils dem Rechtsfrieden zwischen den Beteiligten. So ist dieser An-spruch beispielsweise ausgeschlossen, wenn der Eigentümer des Nachbargrundstücks den Bau- und den Lageplan über den Gebäudeteil, mit dem der Abstand unterschritten werden soll, erhalten hat und er nicht innerhalb von drei Monaten schriftlich gegenüber dem Bau-herrn, dessen Name und Anschrift aus dem Bauplan ersichtlich sein muss, die Einhaltung des Abstands verlangt hat. Unter diesen Umständen ist der Nachbar nicht schutzwürdig. Er hat durch den Bau- und Lageplan Kenntnis davon erhalten, dass der Nachbar die gesetzlich vorgegebenen Mindestabstände zwischen Gebäuden nicht einhalten möchte. Des Weiteren ist für ihn die Adresse und der Name des Bauherrn aus dem Bau- und Lageplan ersichtlich, sodass er die Möglichkeit hat, sich mit diesem in Verbindung zu setzen und darauf hinzuwirken, dass die gesetzlich vorgegebenen Mindestabstände eingehalten werden. Tut er dies nicht, hat er sein Recht, die Beseitigung des zu nah an der Grenze gebauten Gebäudeteils zu verlangen, durch sein eigenes Verhalten verwirkt. Schließlich war es ihm zuvor möglich gewesen, dies nach der Sichtung des Bau- und Lageplans zu verhindern. Hat er sich zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht darum gekümmert. Kann es für ihn nicht eine solche Priorität haben, dass ihm der Anspruch auf die Beseitigung des zu nah an der Grenze gebauten Bauteils weiterhin zustehen könnte.

Dasselbe gilt für die Konstellation, dass der Eigentümer des bebauten Grundstücks, der Bauherr, der Architekt oder der Bauunternehmer den gesetzlich vorgeschriebenen Abstand bei der Bauausführung weder vorsätzlich noch grob fahrlässig nicht eingehalten hat. Unter Vorsatz versteht man die wissentliche und willentliche Unterschreitung des Grenzabstan-des in diesem Fall. Grob fahrlässig ist diese dann, wenn jedem bei der Beachtung der übli-chen Sorgfalt sofort hätte auffallen müssen, dass der gesetzlich vorgeschriebene Mindest-abstand nicht eingehalten ist. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn direkt an der Grenze gebaut wird. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn der Eigentümer des Nachbargrund-stücks sofort nach der Abstandsunterschreitung Widerspruch erhoben hat. In dieser Kons-tellation erhält der Bauherr sofort Kenntnis von der Unterschreitung des Mindestabstands zur Grenze. Aus diesem Grund ist er ab diesem Zeitpunkt nicht mehr schutzwürdig. Der Anspruch auf die Beseitigung des zu nah an der Grenze gebauten Gebäudeteils ist eben-falls ausgeschlossen, wenn das Gebäude länger als drei Jahre in Gebrauch ist. Auch dann ist davon auszugehen, dass der Nachbar keine schutzwürdigen rechte mehr hat. Wurde das Gebäude bereits über 3 Jahre lang mit dem zu nah an der Grenze gebauten Gebäudeteils genutzt, kommt dies einer Verjährung gleich. Der Anspruch auf die Beseitigung des zu nah an der Grenze gebauten Gebäudeteils unterliegt zwar nicht der Verjährung, er ist jedoch in den dargestellten Konstellationen ausgeschlossen.

Allerdings wird auch der Nachbar, dessen Anspruch ausgeschlossen ist, in bestimmten Fällen gesetzlich geschützt. Muss der Nachbar das zu nah an der Grenze gebaute Gebäu-deteil dulden, da der Eigentümer des bebauten Grundstücks, der Bauherr, der Architekt oder der Bauunternehmer den gesetzlich vorgeschriebenen Abstand bei der Bauausführung weder vorsätzlich noch grob fahrlässig nicht eingehalten hat oder weil es bereits über 3 Jahre lang genutzt wurde, muss der Eigentümer des bebauten Grundstücks dem Eigentü-mer des Nachbargrundstücks, den durch die Verringerung der Nutzbarkeit des Nachbar-grundstücks eingetretenen Schaden ersetzen. Das Gesetz schreibt auch die Mindesthöhe der Entschädigung vor. Diese muss mindestens die Höhe der Nutzungsvorteile erreichen, welche auf dem bebauten Grundstück durch die Abstandsunterschreitung entstehen. Der Anspruch auf die Entschädigungszahlung wird fällig, sobald der Eigentümer des Nachbar-grundstücks die Abstandsunterschreitung hinzunehmen hat.

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