Welche Grenzabstände sind zu Bäumen, Sträuchern und Rebstöcken einzuhalten?


Das Nachbarrecht ist in Deutschland Sache der Länder. Dies bedeutet, dass es kein umfas-sendes Nachbarrechtsgesetz gibt, welches deutschlandweit Wirkung entfaltet. Vielmehr liegt es in der Kompetenz eines jeden Bundeslandes, ein eigenes Nachbarrechtsgesetz zu erlassen. Aus diesem Grund bestehen in Deutschland auch viele verschiedene Nachbar-rechtsgesetze. Dennoch unterscheiden sie sich nicht gänzlich. Die grundsätzlichen Rege-lungen der jeweiligen Nachbarrechtsgesetze sind sich nämlich sehr ähnlich und umfassen den gleichen Regelungsgegenstand.

Der zehnte Abschnitt des Nachbarrechtsgesetzes Nordrhein-Westfalen befasst sich mit den Grenzabständen zu Pflanzen. Er sieht verschiedene Regelungen für die Abstände vor. So befasst er sich beispielsweise mit den Grenzabständen gegenüber Bäumen, Sträuchern, Hecken, Baumschulen und Rebstöcken.

Zu Bäumen außerhalb des Waldes müssen von den Nachbargrundstücken bestimmte Ab-stände eingehalten werden. Diese betragen bei stark wachsenden Bäumen, wie insbeson-dere der Rotbuche (Fagus silvatica) und sämtlichen Arten der Linde (Tilia), der Platane (Platanus), der Roßkastanie (Aesculus), der Eiche (Quercus) und der Pappel (Populus) vier Meter. Zu allen übrigen Bäumen muss ein Abstand von zwei Metern eingehalten werden.

Auch zwischen Ziersträuchern und benachbarten Grundstücken ist ein bestimmter Abstand einzuhalten. Dieser beträgt zu stark wachsenden Ziersträuchern, wie insbesondere dem Feldahorn (Acer campestre), dem Flieder (Syringa vulgaris), dem Goldglöckchen (Forsy-thia intermedia), der Haselnuß (Corylus avellana), den Pfeifensträuchern – falscher Jasmin – (Philadelphus coronarius) einen Meter. Gegenüber allen übrigen Ziersträuchern genügt ein Abstand von einem halben Meter.

Eine Sonderregelung gilt für Obstgehölze. Zwar handelt es sich hierbei grundsätzlich auch um Bäume, für sie gelten jedoch besondere Vorschriften. Zwischen Nachbargrundstücken und Kernobstbäumen muss ein Abstand von zwei Metern eingehalten werden, soweit diese auf stark wachsender Unterlage veredelt sind. Dasselbe gilt gegenüber Süßkirschbäumen, Walnussbäumen und Esskastanienbäumen.

Zu Kernobstbäumen, soweit sie auf mittelstark wachsender Unterlage veredelt sind, sowie zu Steinobstbäumen, ausgenommen die Süßkirschbäume, ist ein Abstand von anderthalb Metern maßgeblich. Gegenüber Kernobstbäumen, soweit sie auf schwach wachsender Unterlage veredelt sind, ist hingegen ein Abstand von einem Meter ausreichend. Dasselbe gilt gegenüber Brombeersträuchern. Im Verhältnis zu allen übrigen Beerenobststräuchern genügt ein Abstand von einem halben Meter.

Auch zu Rebstöcken muss ein gewisser Abstand gehalten werden. Dieser beträgt in ge-schlossenen Rebanlagen, deren Gesamthöhe 1,80 m übersteigt, also bei sogenannten Weit-raumanlagen, anderthalb Meter. Gegenüber allen übrigen geschlossen Rebanlagen ist ein Abstand von fünfundsiebzig Zentimetern ausreichend. Im Verhältnis zu einzelnen Rebstöcken genügt ein Abstand von einem halben Meter.

Ebenso gelten bestimmte Regelungen für die Höhe der Ziersträucher und Beerenobststräu-cher. Diese dürfen nicht höher sein als das Dreifache ihres Abstandes gegenüber dem Nachbargrundstück. S müssen ferner solche Strauchtriebe entfernt werden, welche in ei-nem geringeren als der Hälfte des vorgeschriebenen Abstandes aus dem Boden austreten.

Für Hecken gelten ebenfalls Grenzabstände. Gegenüber solchen, die eine Höhe von zwei Metern überschreiten, muss ein Abstand von einem Meter eingehalten werden. Tun sie dies nicht, sind sie also kleiner als zwei Meter hoch, so ist es ausreichend, einen Abstand von einem halben Meter zu wahren. Etwas anderes gilt nur dann, wenn das öffentliche Recht andere Grenzabstände vorschreibt. In einer solchen Konstellation haben die öffentlich-rechtlichen Regelungen Vorrang gegenüber dem Nachbarrechtsgesetz Nordrhein-Westfalen. Das bedeutet, dass sich die Höhe der Grenzabstände nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften bestimmt.

Allerdings können sich die Grenzabstände gegenüber Bäumen, Sträuchern, Hecken und Rebstöcken unter bestimmten Voraussetzungen verdoppeln. Das ist der Fall gegenüber Grundstücken, welche landwirtschaftlich, gärtnerisch oder durch Weinbau genutzt oder zu diesen Zwecken vorübergehend nicht genutzt sind und im Außenbereich liegen oder welche durch einen Bebauungsplan der landwirtschaftlichen, gärtnerischen oder weinbaulichen Nutzung vorbehalten sind. Allerdings umfasst auch die doppelte Abstandsfläche maximal sechs Meter.

Gegenüber Baumschulen ist bei Baumschulbeständen mit einer Höhe von mehr als zwei Metern ein Abstand von zwei Metern einzuhalten, bei einer geringeren Höhe ist ein Abstand von einem Meter genügend. Sollten die Baumschulbestände eine Höhe von einem Meter nicht überschreiten, ist es ausreichend, einen Abstand von einem halben Meter zu wahren.

Doch wie wird der Abstand eigentlich berechnet? Der Grenzabstand wird von der Mitte des Baumstammes, des Strauches oder des Rebstockes waagerecht sowie rechtwinklig zur Grenze gemessen. Dies erfolgt genau an der Stelle, an der der Baum, der Strauch oder der Rebstock aus dem Boden austritt. Etwas anderes gilt für Hecken. Bei dieser wird von der Seitenfläche aus gemessen.

Allerdings finden die oben dargestellten Grundsätze unter bestimmten Voraussetzungen keine Anwendung. Dies ist zum Beispiel der Fall bei Anpflanzungen an den Grenzen zu öffentlichen Verkehrsflächen, zu öffentlichen Grünflächen oder zu oberirdischen Gewässern von mehr als vier Metern Breite. Selbiges gilt auch für Anpflanzungen auf öffentlichen Verkehrsflächen. Auch Anpflanzungen, welche hinter einer geschlossenen Einfriedigung vorgenommen werden und diese nicht überragen, sind nicht von den Abstandsregelungen erfasst. Dabei gilt als geschlossen im Sinne dieser Vorschrift ebenso eine Einfriedi-gung, deren Bauteile breiter sind als die Zwischenräume.

Die Grenzabstände finden auch keine Anwendung auf Windschutzstreifen und ähnliche, dem gleichen Zweck dienende Hecken und Baumbestände außerhalb von Waldungen. Dasselbe gilt für Anpflanzungen, welche bei Inkrafttreten des Nachbarrechtsgesetzes Nordrhein-Westfalen bereits vorhanden sind und deren Abstand dem bisherigen Recht entspricht. Hierbei handelt es sich um eine Bestimmung des Bestandsschutzes. Die An-pflanzungen waren nach dem alten Rechts in Einklang mit den gesetzlichen Vorschriften. Durch die Einführung des Nachbarrechtsgesetzes Nordrhein-Westfalen sollte sich dies nicht ändern. Den Eigentümern der Nachbargrundstücke sollen dadurch nicht neue Pflich-ten auferlegt werden, vielmehr verdienen sie den Schutz des alten Rechts.

Keine Anwendung finden die Grenzabstände auf die in einem auf Grund des Landschaftsgesetzes erlassenen rechtsverbindlichen Landschaftsplan vorgesehenen Anpflanzungen von Flurgehölzen, Hecken, Schutzpflanzungen, Alleen, Baumgruppen und Einzelbäumen.

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