Wärmedämmung und grenzständige Gebäude an der Grenzwand


Das Nachbarrecht ist in Deutschland Sache der Länder. Dies bedeutet, dass es kein umfas-sendes Nachbarrechtsgesetz gibt, welches deutschlandweit Wirkung entfaltet. Vielmehr liegt es in der Kompetenz eines jeden Bundeslandes, ein eigenes Nachbarrechtsgesetz zu erlassen. Aus diesem Grund bestehen in Deutschland auch viele verschiedene Nachbar-rechtsgesetze. Dennoch unterscheiden sie sich nicht gänzlich. Die grundsätzlichen Rege-lungen der jeweiligen Nachbarrechtsgesetze sind sich nämlich sehr ähnlich und umfassen den gleichen Regelungsgegenstand.

Der vierte Abschnitt des Nachbarrechtsgesetzes Nordrhein-Westfalen befasst sich mit den Regelungen über die Grenzwand. Hierbei handelt es sich um die unmittelbar an der Gren-ze zum Nachbargrundstück auf dem Grundstück des Erbauers errichtete Wand.

Der Eigentümer oder entsprechend die Eigentümerin eines Grundstücks muss die Über-bauung seines oder. ihres Grundstücks dulden, wenn diese aufgrund von Maßnahmen, welche an bereits bestehenden Gebäuden für die Zwecke der Wärmedämmung vorge-nommen werden, erfolgen. Darüber hinaus ist erforderlich, dass diese über die Bauteilean-forderungen in der Energieeinsparverordnung in der jeweils geltenden gesetzlichen Fas-sung nicht hinausgeht. Ferner darf eine vergleichbare Wärmedämmung auf andere Art und Weise mit einem vertretbarem Aufwand nicht vorgenommen werden können. Ebenfalls sieht das Gesetz vor, dass die Überbauung die Benutzung des Grundstücks nicht oder le-diglich in einer unwesentlichen Art und Weise beeinträchtigt. Dadurch versucht das Ge-setz, die widerstreitenden Interessen in einen Ausgleich zu bringen. Das Nachbarrecht ist grundsätzlich geprägt durch Streitigkeiten zwischen verschiedenen Grundstücksnachbarn. In Deutschland finden sehr viele gerichtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Nachbar-rechts statt. Gerade unter Nachbarn kommt es aus den kleinlichsten Anlässen immer wie-der zu Auseinandersetzungen. Dies versucht das Nachbarrecht gesetzlich zu lösen, indem es Rechtsfrieden unter den Grundstücksnachbarn schaffen und aufrechterhalten möchte. Die strengen Voraussetzungen, die bestehen, um einen Duldungsanspruch zu begründen, stehen im Interesse desjenigen, der sich von der Überbauung gestört fühlt. Der Anspruch auf Duldung hingegen hat seinen Ursprung in den Interessen desjenigen, der überbaut. Das Gesetz gewichtet beide Interessen und wägt sie gegeneinander ab. Nur wenn die gesetzlich festgeschriebenen Voraussetzungen erfüllt sind, besteht der Duldungsanspruch.

Wann allerdings kann man davon ausgehen, dass eine wesentliche Beeinträchtigung über-haupt vorliegt? Jeder Mensch reagiert anders und hat einen eigenen Grad der Empfind-lichkeit. Aus diesem Grund gibt das Gesetz Beispiele für die wesentliche Beeinträchtigung für die Benutzung des Nachbargrundstücks an.

Eine wesentliche Beeinträchtigung ist nach dem Nachbarrechtegesetz Nordrhein-Westfalen insbesondere in einem solchen Fall anzunehmen, wenn die Überbauung die Grenze zum Grundstück des Nachbarn in der Tiefe um mehr als 0,25 Meter überschreitet. Hierbei handelt es sich allerdings nur um einen Grundsatz. Das bedeutet, dass ausnahms-weise auch eine wesentliche Beeinträchtigung vorliegen kann, wenn die Überbauung eine geringere Überschreitung aufweist. Ebenfalls kann eine nicht wesentliche Beeinträchtigung gegeben sein, wenn die Überschreitung einen größeren Rahmen als gesetzlich vorgegeben hat. Diese Regelung dient der Flexibilität. So kann jeder Einzelfall seinen jeweiligen Umständen nach beurteilt werden.

Dabei bezieht sich die Duldungspflicht ebenfalls auf die mit der Wärmedämmung zusam-menhängenden notwendigen Änderungen von den in Frage stehenden Bauteilen.

Wenn es sich um eine Wärmedämmung handelt, hat der oder auch die duldungsverpflich-tete Nachbarin die Möglichkeit, die Beseitigung der Wärmedämmung seitens des Grund-stücksnachbarn zu verlangen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass er oder sie selbst zulässigerweise an die Grenzwand anbauen möchte. Ansonsten besteht der Beseitigungs-anspruch nicht.

Derjenige, der von der Wärmedämmung profitiert, muss diese in einem ordnungsgemäßen und funktionsgerechten Zustand erhalten. Dazu ist er gesetzlich verpflichtet. Dies umfasst ebenfalls die bauliche Unterhaltung der wärmegedämmten Grenzwand.

Allerdings muss die Errichtung der Wärmedämmung gegenüber dem Eigentümer des Nachbargrundstücks grundsätzlich angezeigt werden. Ansonsten hätte der Grundstücks-nachbar keine Chance, von der Errichtung der Wärmedämmung Kenntnis zu erhalten. Würde er das Verlangen, die Wärmedämmung zu beseitigen dann erst später stellen, könn-te es eventuell schon zu spät sein, um das ganze Vorhaben wieder abzubrechen. Dies könnte unter Umständen mit erhöhten Kosten verbunden sein, deren Begleichung dann in Frage stünde. Aus diesem Grund gilt das Anzeigeerfordernis. Wird die Anzeige gestellt, muss der Grundstückseigentümer – also der Nachbar desjenigen, der die Wärmedämmung errichten möchte – innerhalb von zwei Monaten nach Kenntnis von der Anzeige sein Ver-langen vortragen.

Die Stellung der Anzeige hat unter Übersendung der Art und Maßnahme des Bauvorha-bens sowie unter Mitteilung des Namens und der Anschrift des Bauherrn in schriftlicher Form zu erfolgen. Durch den Schriftlichkeitsnachweis kann nachgehalten werden, dass die Anzeige erfolgt ist. Dies dient Beweiszwecken. Ist streitig, ob die Anzeige tatsächlich er-folgt ist oder nicht, kann das Schriftformerfordernis vor Gericht helfen, dies zu beweisen. Darüber hinaus erhält der Eigentümer des Nachbargrundstücks detaillierte Kenntnis über das genaue Aussehen und den genauen Plan der Wärmedämmung. Auch der Ansprech-partner in Form des Bauherrn wird in der Anzeige angegeben. So weiß der Eigentümer des Nachbargrundstücks sofort, an wen er sich wenden muss und wem gegenüber er sein Ver-langen vortragen kann.

Es genügt jedoch die Anzeige an den Nutzungsberechtigten des Nachbargrundstücks, wenn der Eigentümer des Nachbargrundstücks nicht bekannt, nur schwer feststellbar oder sein Aufenthaltsort unbekannt ist oder wenn er infolge eines Aufenthalts im Ausland nicht alsbald erreichbar ist und er auch keinen Vertreter für sich selbst bestellt hat. Es kann je-doch auch passieren, dass diese Voraussetzungen sowohl bei dem Nutzungsberechtigten als auch bei dem Eigentümer des Nachbargrundstücks zutreffen. In einer solchen Konstel-lation ist es ausreichend, wenn die Anzeige gegenüber dem unmittelbaren Besitzer des Nachbargrundstücks erfolgt. Hierbei handelt es sich um denjenigen, der die tatsächliche Sachherrschaft über das Nachbargrundstück ausübt.

Sollte die erforderliche Anzeige gegenüber dem Grundstücksnachbarn schuldhaft unterlas-sen werden, so hat der Eigentümer des zur Bebauung vorgesehenen Grundstücks dem Ei-gentümer des Nachbargrundstücks den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Ein schuldhaftes Unterlassen liegt dann vor, wenn denjenigen, der die Wärmedämmung errich-ten möchte, ein Verschulden trifft. Schuldhaft ist dieses Unterlassen dann, wenn es entwe-der vorsätzlich oder fahrlässig geschieht. Unter Vorsatz versteht man das wissentliche und willentliche Handeln. Hier kommen zwei Komponenten zusammen: die Kenntnis und der Wille. Fahrlässig hingegen handelt derjenige, der die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Dabei ist es irrelevant, ob die Fahrlässigkeit grob ist oder es sich lediglich um einen Vorwurf der leichten Fahrlässigkeit handelt.

Bauteile, welche in den Luftraum eines Grundstücks übergreifen, müssen unter bestimm-ten Voraussetzungen geduldet werden. Das ist der Fall, wenn die übergreifenden Bauteile nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften zulässig sind, sie die Benutzung des Grundstücks des Nachbarn nicht oder lediglich in einer unwesentlichen Art und Weise beeinträchtigen und sie nicht der Vergrößerung der Nutzfläche dienen.

Dem betroffenen Eigentümer des anderen Grundstücks muss allerdings eine Entschädi-gung gezahlt werden. Hierbei ist gesetzlich ein angemessener Ausgleich vorgesehen, der in Geld zu erfolgen hat. Die Höhe des Bodenrichtwertes darf jedoch bei der Ausgleichs-zahlung nicht überstiegen werden.

Dieselben Regelungen gelten ebenfalls für die Nachbarwand. Hierunter versteht man die auf der Grenze zweier Grundstücke errichtete Wand, die den auf diesen Grundstücken errichteten oder zu errichtenden baulichen Anlagen als Abschlusswand oder zur Unterstüt-zung oder Aussteifung dient oder dienen soll. Damit gelten dieselben Regelungen für Grenz- und Nachbarwände.

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