Regelungen über die Nachbarwand bei Nichtanbau und Beseitigung


Das Nachbarrecht ist in Deutschland Sache der Länder. Dies bedeutet, dass es kein umfas-sendes Nachbarrechtsgesetz gibt, welches deutschlandweit Wirkung entfaltet. Vielmehr liegt es in der Kompetenz eines jeden Bundeslandes, ein eigenes Nachbarrechtsgesetz zu erlassen. Aus diesem Grund bestehen in Deutschland auch viele verschiedene Nachbar-rechtsgesetze. Dennoch unterscheiden sie sich nicht gänzlich. Die grundsätzlichen Regelungen der jeweiligen Nachbarrechtsgesetze sind sich nämlich sehr ähnlich und umfassen den gleichen Regelungsgegenstand.

Der dritte Abschnitt des Nachbarrechtsgesetzes Nordrhein-Westfalen befasst sich mit der Nachbarwand. Hierunter versteht man die auf der Grenze zweier Grundstücke errichtete Wand, die den auf diesen Grundstücken errichteten oder zu errichtenden baulichen Anlagen als Abschlusswand oder zur Unterstützung oder Aussteifung dient oder dienen soll.
Der Eigentümer des Nachbargrundstücks kann die Nachbarwand nutzen, indem er an die Nachbarwand auf seinem Grundstück anbaut. Dies muss er allerdings nicht. Baut der Eigentümer des Nachbargrundstücks die spätere bauliche Anlage nicht an die errichtete Nachbarwand an, obwohl ihm dies möglich wäre, muss der anbauberechtigte Eigentümer des Nachbargrundstücks für die Mehraufwendungen, die durch die Errichtung der Nachbarwand entstandenen sind, gegenüber den Kosten der Herstellung einer Grenzwand Ersatz leisten.

Allerdings ist bei der Berechnung zu beachten, dass das Nachbargrundstück durch die Nachbarwand teilweise weiter genutzt wird. Es ist maximal der Betrag zu erstatten, den der Eigentümer des Nachbargrundstücks im Falle des Anbaus aufgrund der Nutzung der Nachbarwand zu zahlen hätte. Der Anspruch wird in dem Zeitpunkt fällig, in dem der Rohbau der späteren baulichen Anlage fertig gestellt wird.
Baut der Eigentümer des Nachbargrundstücks nicht an die Nachbarwand an, so entsteht dort eine Lücke. Diese muss er auf eigene Kosten schließen. Da er sich entschlossen hat, nicht an die Nachbarwand anzubauen und diese nicht für sich zu benutzen, ist er dafür verantwortlich, dass der Zwischenraum geschlossen wird. Dies dient dazu, Schäden zu vermeiden. Objekt des Schutzes ist in erster Hinsicht das zuvor errichtete Nachbargebäude. Diesem sollen keine Schäden, zum Beispiel durch die Witterung oder Bewegungen des Gebäudes aufgrund des Zwischenraumes entstehen. Die erforderlichen Anschlüsse sollen dabei so gewählt werden, dass die Werkstone sich der zuvor errichteten baulichen Anlage auf dem Nachbargrundstück anpassen. So wird eine weitest gehende Einheitlichkeit erreicht.

Allerdings wird auch der nichtanbauende Grundstückseigentümer geschützt, wenn er auf-grund einer Veränderung der Rechtslage nicht anbauen kann. In einer solchen Konstellation liegt es nämlich nicht an ihm, dass er nicht anbaut, sondern die Veränderung der Rechtslage macht ihm den Anbau an die Nachbarwand unmöglich. In einem solchen Fall reduziert sich der Ausgleichsbeitrag, den er an den Eigentümer des Nachbargrundstücks zu zahlen hat, um die Hälfte. Dadurch wird sein fehlendes Verschulden berücksichtigt.

Grundsätzlich besteht für den Eigentümer der Nachbarwand die Möglichkeit, die von ihm errichtete Nachbarwand ganz oder teilweise wieder zu beseitigen. Dies ist ihm allerdings lediglich dann möglich, solange und soweit noch nicht seitens des Eigentümers des Nachbarn die Nachbarwand angebaut worden ist. Ansonsten würden die berechtigten Interessen des Eigentümers des Nachbargrundstücks missachtet. Ebenso hat der Errichter der Nachbarwand kein Recht, die Nachbarwand zu beseitigen, wenn der anbau-berechtigte Eigentümer des Nachbargrundstücks die Absicht hat, die Nachbarwand ganz oder teilweise durch einen Anbau für seine Interessen zu nutzen. Allerdings muss der Eigentümer des Nachbargrundstücks dies auch wissen. Eine nicht geäußerte Absicht ist selbstverständlich nicht erkennbar. Aus diesem Grund hat der Eigentümer des Nachbar-grundstück, der die Absicht hat, an die Nachbarwand anzubauen, dies dem Eigentümer der Nachbarwand schriftlich anzuzeigen. Darüber hinaus muss er spätestens innerhalb von sechs Monaten den erforderlichen Bauantrag einreichen. Dadurch zeigt er nach außen hin, dass die Absicht ernst gemeint ist und er tatsächlich vorhat, an die Nachbarwand anzubauen. Ansonsten wäre dies ein rechtsmissbräuchliches Mittel, um den Eigentümer des Nachbargrundstücks von der Beseitigung der Nachbarwand abhalten zu können.

Allerdings bleibt das Recht des Grundstückseigentümers zur Beseitigung der Nachbarwand in dem Fall bestehen, dass der Eigentümer der Nachbarwand, bevor er eine Anzeige der Absicht des Anbaus seitens des Eigentümers des Nachbargrundstücks erhalten hat, die Absicht, die Nachbarwand ganz oder teilweise zu beseitigen, dem Eigentümer des Nachbargrundstücks schriftlich anzeigt und er wiederum spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten den erforderlichen Antrag auf Genehmigung des Abbruchs einreicht. Dies gilt nicht, wenn beide Anzeigen, also sowohl die Anzeige der Absicht auf Anbau der Nachbarwand als auch die Anzeige auf Beseitigung der Nachbarwand, gleichzeitig zugehen.

Besteht für den Errichter der Nachbarwand das Recht, die Nachbarwand beseitigen zu lassen und macht er auch tatsächlich hiervon Gebrauch, hat dies Auswirkungen auf das Verhältnis der Eigentümer der benachbarten Grundstücke. So muss der Eigentümer des Grundstücks, der die Nachbarwand errichtet hat, dem anderen Grundstückseigentümer für den Zeitraum der Nutzung des Nachbargrundstücks durch den hinübergebauten Teil der Nachbarwand eine angemessene Vergütung leisten. Ebenso muss er ihm eine Vergütung, die aufgrund der besonderen Bauart der Nachbarwand geleistet wurde, zurückerstatten und diese mit 4% vom Zeitpunkt der Zahlung an verzinsen. Sollten bereits Zinsen gezahlt worden sein, so sind diese bei der Berechnung des Wertes anzurechnen.

Das Gesetz regelt auch den Fall, dass der Errichter die Nachbarwand beseitigt, ohne dass er dazu berechtigt ist. In dieser Konstellation muss der Errichter der Nachbarwand dem anbauberechtigten Eigentümer des Nachbargrundstücks Ersatz für den Schaden leisten, der durch die völlige oder auch nur durch die teilweise Beseitigung der Anbaumöglichkeit eingetreten ist. Dabei wird der Anspruch in dem Zeitpunkt fällig, in den die spätere bauliche Anlage gebraucht wird.

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