Wann ist der Beseitigungsanspruch im Nachbarrecht ausgeschlossen?


Das Nachbarrecht ist in Deutschland Sache der Länder. Dies bedeutet, dass es kein umfas-sendes Nachbarrechtsgesetz gibt, welches deutschlandweit Wirkung entfaltet. Vielmehr liegt es in der Kompetenz eines jeden Bundeslandes, ein eigenes Nachbarrechtsgesetz zu erlassen. Aus diesem Grund bestehen in Deutschland auch viele verschiedene Nachbar-rechtsgesetze. Dennoch unter-scheiden sie sich nicht gänzlich. Die grundsätzlichen Rege-lungen der jeweiligen Nachbarrechts-gesetze sind sich nämlich sehr ähnlich und umfassen den gleichen Regelungsgegenstand.

Der zweite Abschnitt des Nachbarrechtsgesetz Nordrhein-Westfalen befasst sich mit dem Fenster- und Lichtrecht. So ordnet dieser an, dass in oder an der Außenwand eines Gebäu-des, welche parallel oder in einem Winkel bis zu 60° zu der Grenze des Nachbargrund-stücks verläuft, Fenster, Türen oder zum Betreten bestimmte Bauteile, wie beispielsweise Balkone und Terrassen, nur an-gebracht werden dürfen, wenn damit ein Mindestabstand von 2 m von der Grenze eingehalten wird.

Wird der Mindestgrenzabstand unterschritten, ohne dass dies gesetzlich zulässig ist, hat der Grundstücksnachbar grundsätzlich einen Anspruch gegenüber dem Eigentümer des unzulässiger Weise zu nah an der Grenze gebauten Fensters auf Beseitigung dieses. Aller-dings kann dieser Anspruch aus verschiedenen Gründen ausgeschlossen sein.

Ähnlich wie die Verjährung dient auch der Ausschluss des Anspruchs auf die Beseitigung des zu nah an der Grenze gebauten Fensters dem Rechtsfrieden zwischen den Beteiligten. So ist dieser Anspruch beispielsweise ausgeschlossen, wenn der Eigentümer des Nachbar-grundstücks den Bau- und den Lageplan über den Gebäudeteil, mit dem der Abstand un-terschritten werden soll, erhalten hat und er nicht innerhalb von drei Monaten schriftlich gegenüber dem Bauherrn, dessen Name und Anschrift aus dem Bauplan ersichtlich sein muss, die Einhaltung des Abstands verlangt hat. Unter diesen Umständen ist der Nachbar nicht schutzwürdig. Er hat durch den Bau- und Lageplan Kenntnis davon erhalten, dass der Nachbar die gesetzlich vorgegebenen Mindestabstände zwischen Grenze und Fenster nicht einhalten möchte. Des Weiteren ist für ihn die Adresse und der Name des Bauherrn aus dem Bau- und Lageplan ersichtlich, sodass er die Möglichkeit hat, sich mit diesem in Verbindung zu setzen und darauf hinzuwirken, dass die gesetzlich vorgegebenen Mindest-grenzabstände eingehalten werden. Tut er dies nicht, hat er sein Recht, die Beseitigung des zu nah an der Grenze gebauten Fensters zu verlangen, durch sein eigenes Verhalten ver-wirkt. Schließlich war es ihm zuvor möglich gewesen, dies nach der Sichtung des Bau- und Lageplans zu verhindern. Hat er sich zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht darum ge-kümmert. Kann es für ihn nicht eine solche Priorität haben, dass ihm der Anspruch auf die Beseitigung des zu nah an der Grenze gebauten Fensters weiterhin zustehen könnte.

Dasselbe gilt für die Konstellation, dass der Eigentümer des bebauten Grundstücks, der Bauherr, der Architekt oder der Bauunternehmer den gesetzlich vorgeschriebenen Abstand bei der Bauaus-führung weder vorsätzlich noch grob fahrlässig nicht eingehalten hat. Un-ter Vorsatz versteht man die wissentliche und willentliche Unterschreitung des Mindest-grenzabstandes in diesem Fall. Grob fahrlässig ist diese dann, wenn jedem bei der Beach-tung der üblichen Sorgfalt sofort hätte auffallen müssen, dass der gesetzlich vorgeschrie-bene Mindestabstand nicht eingehalten ist. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn direkt an der Grenze gebaut wird. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn der Eigentümer des Nach-bargrundstücks sofort nach der Abstandsunterschreitung Widerspruch erhoben hat. In die-ser Konstellation erhält der Bauherr sofort Kenntnis von der Unterschreitung des Mindest-abstands zur Grenze. Aus diesem Grund ist er ab diesem Zeitpunkt nicht mehr schutzwür-dig. Der Anspruch auf die Beseitigung des zu nah an der Grenze gebauten Fensters ist ebenfalls ausgeschlossen, wenn das Gebäude länger als drei Jahre in Gebrauch ist. Auch dann ist davon auszugehen, dass der Nachbar keine schutzwürdigen Rechte mehr hat. Wurde das Gebäude bereits über 3 Jahre lang mit dem zu nah an der Grenze gebauten Ge-bäudeteils genutzt, kommt dies einer Verjährung gleich. Der Anspruch auf die Beseitigung des zu nah an der Grenze gebauten Gebäudeteils unterliegt zwar nicht der Verjährung, er ist jedoch in den dargestellten Konstellationen ausgeschlossen.

Allerdings wird auch der Nachbar, dessen Anspruch ausgeschlossen ist, in bestimmten Fällen gesetzlich geschützt. Muss der Nachbar das zu nah an der Grenze gebaute Fenster dulden, da der Eigentümer des bebauten Grundstücks, der Bauherr, der Architekt oder der Bauunternehmer den gesetzlich vorgeschriebenen Abstand bei der Bauausführung weder vorsätzlich noch grob fahrlässig nicht eingehalten hat oder weil es bereits über 3 Jahre lang genutzt wurde, muss der Eigentümer des bebauten Grundstücks dem Eigentümer des Nachbargrundstücks, den durch die Verringerung der Nutzbarkeit des Nachbargrundstücks eingetretenen Schaden ersetzen. Das Gesetz schreibt auch die Mindesthöhe der Entschädigung vor. Diese muss mindestens die Höhe der Nutzungsvorteile erreichen, welche auf dem bebauten Grundstück durch die Abstandsunterschreitung entstehen. Der Anspruch auf die Entschädigungszahlung wird fällig, sobald der Eigentümer des Nachbargrundstücks die Abstandsunterschreitung hinzunehmen hat.

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