Was sind Militärstraftaten und wer ist für die Untersuchung zuständig?


Die Soldaten der deutschen Bundeswehr können sich sowohl innerhalb als auch außerhalb des militärischen Dienstes strafbar machen. Sie können natürlicherweise die gleichen Straftaten begehen, wie die zivile Bevölkerung außerhalb der deutschen Bundeswehr, so kann sich beispielsweise ein Soldat strafbar machen, indem er im Gefechtsdienst einen anderen fahrlässig oder auch absichtlich an der Gesundheit schädigt oder körperlich misshandelt. Eine körperliche Misshandlung ist jede, üble und unangemessene Behandlung, durch die das körperliche Wohlbefinden mehr als nur unerheblich beeinträchtigt wird, so kann schon das Haare abschneiden eines Rekruten eine körperliche Misshandlung darstellen. Daher werden einem Soldaten, um den Haar-Bart-Erlass durchzusetzen, keinesfalls die Haare abgeschnitten, sondern er wird, wenn er sich denn weigert, sich von seinem Bart oder Pferdeschwanz zu trennen, mit einer Gelddisziplinarmaßnahme belegt, um ihn zum Friseurbesuch zu bewegen. Eine Gesundheitsschädigung ist in diesem Fall das Hervorrufen oder Steigern eines negativ vom Normalzustand abweichenden Zustandes.

Ein Beispiel hierzu ist die Verwendung von einem Gehörschutz bei einem Gefechtsdienst und der Schießausbildung, um mögliche Knalltraumata zu vermeiden. Ein anderes Beispiel ist, das bei uns in der Bundesrepublik Deutschland, im Gegensatz zu den Vereinigten Staaten von Amerika, bei der ABC- Ausbildung, also bei der Schutzausbildung mit dem Umgang von atomaren, biologischen und chemischen Kampfstoffen, keine echten Gesundheitsschädlichen Stoffe eingesetzt werden, sondern es werden beispielsweise ungefährliche Nebelstoffe verwendet, wie sie auch in Diskotheken oder bei Feuerwehrübungen zum Einsatz kommen. Unter vorsätzlich versteht man dabei beispielsweise, wenn ein Soldat einen anderen absichtlich, somit mit gänzlichem Wissen und Wollen, schlägt, fahrlässig ist beispielsweise, wenn ein Soldat versehentlich eine Manöverpatrone in seinem Gewehr lässt und diese sich dann beim Waffenreinigen löst und dabei einige andere Soldaten ein Knalltrauma erleiden.

Andere Straftaten hingegen können nur von Soldaten begangen werden, weil sie so sehr auf das Militär spezifiziert sind. Diese sind in Deutschland im Wehrstrafgesetzbuch geregelt. Auf einzelne Straftatbestände des Wehrstrafgesetzes wird in den folgenden Artikeln eingegangen. Insgesamt sind aber dennoch die gleichen Strafrechtsprinzipien wie im „normalen“ Strafrecht anwendbar. Allerdings gibt es zwei Ausnahmen, nämlich einmal, dass das Handeln auf Befehl ein Rechtfertigungsgrund oder gar ein Entschuldigungsgrund für ein entsprechend ausgeführtes Handeln sein kann. Andererseits gilt für den Soldaten das Notstandsrecht nicht, wenn er eine Gefahr von seinem Leben abwenden will, denn ein Soldat muss Gefahren gegebenenfalls auch tapfer ertragen.

Es existiert in Deutschland keine eigene Militärstrafgerichtsbarkeit. Lediglich zwei Truppendienstgerichte bestehen in Deutschland, eines in Münster und eines in der bayerischen Landeshauptstadt München. Diese sind allerdings mit disziplinarischen Maßnahmen befasst und urteilen nicht über Strafrecht, sondern ihr rechtliches Handwerkszeug ist die Wehrdisziplinarordnung. Mit Fällen des Wehrstrafrechts oder insgesamt mit Straftaten deutscher Soldaten sind die ordentlichen Gerichte befasst. Zumeist die Gerichte, an denen die Tat geschah oder an denen der Soldat stationiert ist, seltener da wo er wohnt.

Bei Taten, die von Soldaten im Auslandseinsatz begangen werden, ermittelt zumeist zunächst die Staatsanwaltschaft Potsdam, das liegt daran, dass die deutschen Auslandseinsätze vom Einsatzführungskommando in Potsdam geleitet werden. Die an den Auslandsmissionen beteiligten Soldaten sind entweder an dieses Kommando versetzt oder zumindest für die Dauer des Einsatzes kommandiert. Um einer Arbeitsüberlastung zu entgehen verweist diese Staatsanwaltschaft die Fälle, nach anfänglicher Ermittlung, an die Staatsanwaltschaft, die für die Stammeinheit örtlich und sachlich zuständig ist. Diese übernehmen gegebenenfalls auch die Anklageerhebung. Die örtlich und sachlich zuständigen Gerichte finden dann ein Urteil.

Bsp.: Oberfeldwebel T bricht seinem Kameraden Oberfeldwebel O nach einem Streit in der Unteroffiziersmesse auf dem Balkan die Nase. Zunächst ermittelt die Staatsanwaltschaft Potsdam, später aber übernimmt die Staatsanwaltschaft Erfurt, da dort Oberfeldwebel T stationiert ist. Vom Amtsgericht Erfurt bekommt er dann auch eine Geldstrafe verpasst. Sein Disziplinarvorgesetzter verhängt zudem eine Disziplinarstrafe, gegen die Rechtsmittel beim Truppendienstgericht zulässig sind. Die Staatsanwaltschaften werden bei ihren Ermittlungen von den Polizeien der Länder, von der Bundespolizei und natürlich den Feldjägern, der Militärpolizei der Bundeswehr, unterstützt. Gerade in Auslandseinsätzen müssen die Feldjäger dabei ihr Können unter Beweis stellen und gerichtsverwertbare Beweise sichern und erheben.

Eine weitere Ausnahme besteht bei Taten gegen das Völkerstrafgesetzbuch, hier sind höhere Gerichte zuständig, bis hin zum Bundesgerichtshof, zumeist werden dann die Ermittlungen auch vom Generalbundesanwalt geführt. Beispiel: Brigadegeneral X, eingesetzt als Kommandeur in einem Auslandseinsatz, will ein Exempel statuieren und lässt Felder bombardieren, auf denen Drogen angebaut werden, wohlwissend, dass sich auf diesen gerade Bauern bei der Ernte befinden. Er wird später vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe verurteilt. So ein Fall, in dem sich jemand wegen so einer schlimmen Tat schuldig gemacht hat, kam in der Bundesrepublik zum Glück noch nie vor.

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