Aufsichtspflicht der Eltern gegenüber ihren Kindern


Den Satz „Eltern haften für ihre Kinder“ liest man häufig, gerade wenn es zum Beispiel Gefahrenquellen auf Grund einer Baustelle gibt. Da stellt sich die Frage, inwieweit dies wirklich rechtsbindend ist und ob sich ein Bauunternehmer tatsächlich an die Eltern wenden kann, wenn das Kind eine Sache von diesem beschädigt oder zerstört.

Grundsätzlich gilt die Aufsichtspflicht der Eltern gegenüber ihren Kindern. Dieser Grundsatz gilt nicht nur gegenüber Kindern, sondern auch gegenüber anderen Personen, die anderen zur Aufsicht verpflichtet sind. Dies muss nicht unbedingt auf Grund von Minderjährigkeit sein, sondern kann auch auf Grund von geistigen Mängeln vorliegen.

Liegt ein Aufsichtsverhältnis vor, dann muss der Aufsichtspflichtige dafür Sorge tragen, dass die zu beaufsichtigende Person anderen Personen keinen widerrechtlichen Schaden zufügt. Kommt die Person ihrer Aufsichtspflicht nicht nach und kann sie nicht widerlegen, dass sie ihre Aufsichtspflicht verletzt hat, dann muss sie der dritten Person den Schaden ersetzen, der dieser aus dem widerrechtlichen Verhalten der zu beaufsichtigen Person entstanden ist.

Beispiel: Die Eltern E lassen ihre achtjährige Tochter mit ihrem Schäferhund Gassi gehen. Als der Hund auf der gegenüberliegenden Seite einen anderen Hund sieht, läuft dieser los und zieht die Achtjährige hinter sich her. Die Eltern hatten fahrlässig nicht bedacht, dass der Hund viel stärker als die Tochter ist. Dabei schrammt die Leine des Hundes am parkenden Auto des A vorbei und hinterlässt tiefe Kratzer. E haben ihre Aufsichtspflicht verletzt, indem sie ihre Tochter mit dem viel zu starken Hund haben rausgehen lassen. Deshalb sind sie dazu verpflichtet, dem A den Schaden zu ersetzen.

Weiterhin wird auch ein Schaden ersetzt, der an der zu beaufsichtigenden Person entsteht. Verletzt sich also das Mädchen im obigen Beispiel, dann hat auch sie einen Anspruch gegenüber ihren Eltern auf Schadensersatz. Die Eltern können sich grundsätzlich entlasten, wenn sie beweisen können, dass sie ihrer Aufsichtspflicht nachgekommen sind und diese nicht verletzt haben. Dies müssen sie aber vor Gericht selbst beweisen, da grundsätzlich die Vermutung der Aufsichtspflichtverletzung gilt. Dabei ist immer auf den Einzelfall abzustellen. So spielt das Alter des Kindes eine Rolle und seine Fähigkeiten. Einzuordnen ist dies im Kontext mit dem Schaden und der widerrechtlichen Handlung und ob die Eltern den Schaden bei ordnungsgemäßer Aufklärung des Kindes oder Beaufsichtigung hätten verhindern können.

Grundsätzlich gilt die gesetzliche Vermutung, dass Kinder unter sieben Jahren nicht deliktsfähig sind. Kinder von sieben bis zehn Jahren gelten nur im motorisierten Verkehr als nicht deliktsfähig, da sie mit Verkehrssituationen typischerweise in dem Alter noch überfordert sind. Zwischen zehn und achtzehn Jahren gelten Kinder dann als deliktsfähig, wenn sie die Gefahren einschätzen und einsehen können. Dies hängt vom Einzelfall, vom Alter des Kindes und seiner Entwicklungsstufe ab.

Letztendlich bleibt zusagen, dass ein Baustellenbetreiber dann auf die Eltern zurückgreifen kann, wenn diese ihre Aufsichtspflicht schuldhaft verletzt haben. Der Grundsatz, dass Eltern also immer für ihre Kinder haften, stimmt nicht. Auch der Baustellenbetreiber ist verantwortlich, weil er eine Gefahrenquelle mit seiner Baustelle eröffnet. Er muss durch ausreichende Absicherung und Abzäunung dafür sorgen, dass ein Kind möglichst keinen Zutritt zu seiner Baustelle erlangen kann. So ist das Schild „Eltern haften für ihre Kinder“ immer ein zweischneidiges Schwert. Sorgfältig müssen alle beteiligten Personen sein.

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